Baselbieter Jäger sollen für Wildschweinschäden bezahlen

Baselbieter Jäger haben davon Wind bekommen, dass der Kanton ihnen massiv mehr Kosten aufbrummen will: Bald sollen sie auch noch für Schäden aufkommen, die das Schwarzwild auf den Feldern der Bauern verursacht.

Ein Basler Jäger nimmt Wildschweine ins Visier.

(Bild: Basile Bornand)

Baselbieter Jäger haben davon Wind bekommen, dass der Kanton ihnen massiv mehr Kosten aufbrummen will: Bald sollen sie auch noch für Schäden aufkommen, die das Schwarzwild auf den Feldern der Bauern verursacht.

Den Wildschweinen in der Region Basel ging es im vergangenen Jahr vergleichsweise prächtig. Aufgrund der idealen Witterungsverhältnisse gab es «eine speziell intensive Buchenmast und eine mittlere Eichenmast», was den Tieren «einen reich gedeckten Tisch» bescherte, wie die Baselbieter Schwarzwildkommission im Jahresbericht des Verbands Jagd Baselland berichtet. Die Sauen hatten es daher gar nicht nötig, die «Kirrungen» (jagdliche Einrichtungen, an denen geringe Mengen an Futter, meist Mais, ausgebracht werden, um die Wildschweine anzulocken) der Jägerinnen und Jäger aufzusuchen.

«Das angestrebte Abschussziel von mindestens 900 Sauen wird im Jagdjahr 2016/2017 im ganzen Kanton auf keinen Fall erreicht», schreibt Ruedi Schweizer, Obmann der Schwarzwildkommission Jagd Baselland, weiter. Per Ende März 2017 seien erst 458 Sauen erlegt worden. Mit sprunghaften Anstiegen sei nun nicht mehr zu rechnen. Wenig erlegte Sauen wiederum bedeutet: mehr lebendige Sauen. Und das bedeutet: hohe Wildschäden auf den Feldern. 

Kanton will 250’000 Franken Wildschäden abwälzen

«Der Kanton macht Druck wegen den Finanzen», weiss Obmann Ruedi Schweizer. Zur TagesWoche sagt er: «Jede Abteilung ist gefordert zu sparen. Und nun will man uns Jägern an den Kragen.»

Es geht konkret um die Kosten von Wildschäden in der Höhe von 250’000 Franken, die die Baselbieter Regierung nicht mehr selbst bezahlen will, wie Ueli Meier, Vorsteher des Amts für Wald beider Basel, gegenüber der TagesWoche bestätigt. «Hier will der Kanton Beiträge sparen.» Doch wie das genau gemacht werde, das sei noch nicht endgültig entschieden.

Am Dienstagabend treffen sich die Regierungsräte beider Basel, um gemeinsam das neue «Leitbild Wild beider Basel» zu besprechen, so Meier. Doch bezüglich Wildschäden werde es da kaum neue Erkenntnisse geben.

Eine Möglichkeit, die im Raum stehe, sei tatsächlich, die Kosten den Jägern zu übertragen, so Meier. Man könne sie aber auch an die Gemeinden überwälzen oder an die betroffenen Bauern. Oder, so der Amtsleiter, die vierte Möglichkeit: «Man verzichtet wieder auf die Massnahme und bezahlt die Beiträge weiterhin.»

Alle Parteien sind sauer

Mischformen all dieser Möglichkeiten (mit Ausnahme der vierten) wurden mit der Baselbieter Teilrevision des Jagdgesetzes 2014 versucht. Schon dort hat sich gezeigt, dass massive Mehrkosten auf Gemeinden und Jägervereine zukommen würden. Die Teilrevision ist mittlerweile wieder vom Tisch – zu gross war der Widerstand aller Parteien.

Doch der Auftrag steht noch immer: 250’000 Franken sind bei den Wildschäden zu sparen, die Parteien müssen also nach der Verabschiedung des Leitbilds Wild beider Basel zurück an den Verhandlungstisch. Weniger Entschädigung? «Nicht verhandelbar», sagt Andreas Haas, Präsident des Bauernverbands beider Basel: Es gebe schliesslich nicht weniger Wild bei weniger Geld. Und weniger Schäden schon gar nicht. Und die Gesellschaft wolle Wild im Wald – wie viel das die Allgemeinheit kosten dürfe, das müsse diese entscheiden.

Die Jäger wiederum drohen, die Flinte ins Korn zu werfen: «Ganz viele Jäger könnten sich die Jagd bei einer zusätzlichen Kostenbeteiligung gar nicht mehr leisten. Will man wieder, dass nur Fabrikanten auf die Jagd gehen können?», sagt Schwarzwildobmann Ruedi Schweizer. Wenn schon, könne man sich doch überlegen, ob man nicht «ein halbes Prozent von all den Subventionen und Direktzahlungen an die Landwirte im Kanton Basel-Landschaft in einen Schadensfonds stecken» und das Problem auf diese Art lösen wolle.

Die Jäger ganz besonders

Überhaupt: Der Grundsatz, der derzeit gelte, der laute doch: «Bis das Wild erlegt ist, ist es herrenlos. Da muss ich doch nicht dafür bezahlen, wenn es auf einem Feld einen Schaden anrichtet», sagt Schweizer.

Tatsächlich ist das nach aktuellem Jagdgesetz so nicht vorgesehen. Aber anderswo – etwa im Kanton Solothurn – schon. Dort hat sich eine Jagdgesellschaft vergeblich gegen eine Kostenbeteiligung an Wildschweinschäden gewehrt – das Bundesgericht kannte kein Pardon. Allerdings äussert Obmann Schweizer Zweifel, ob sich das Urteil 1:1 auf die Situation im Kanton Basel-Landschaft übertragen liesse.

Ein besonders Problem, das sich im Baselbiet bei eventueller Kostenbeteiligung der Jagdvereine stellen wird, sind die enorm hohen Unterschiede zwischen den verschiedenen Bezirken – und wiederum zwischen den verschiedenen Jagdgesellschaften. Seit einigen Jahren sind diese Kosten im Kanton Basellandschaft auf einzelne Jagdgesellschaften verteilt erfasst. Für das Jahr 2015/2016 zeigt sich: Die Schadenssumme in der Gemeinde Liesberg betrug 17’586 Franken. Die in Maisprach: 105 Franken.

Geduld ist gefragt

Wäre es fair, die Kosten auf die Gemeinden abzuwälzen? Auf die Jäger dort in der Region? Auf alle Gemeinden? Auf alle Jäger gleichermassen? Genau das ist das Komplizierte an dieser Frage, bestätigt Ueli Meier. Man könne erhöhtes Wildschweinvorkommen und erhöhte Schäden nicht einfach den Jägern dort vor Ort in die Schuhe schieben, das sei ebenfalls nicht 1:1 übertragbar.

Eine faire Lösung wäre wohl am ehesten gegeben, wenn alle gleich viel bezahlen. Und dann wäre man zwangsläufig wieder beim Kanton. Aber der will partout nicht mehr bezahlen. Die Suche nach einem Entwurf für das nächste Gesetz, das alle zufrieden stellt, dürfte demnach noch mehr Zeit in Anspruch nehmen.

Und bis dahin bleibt alles beim Alten. Den Wildschweinen geht es recht gut. Den Jägern auch. Den Bauern auch. Und bis auf Weiteres muss auch der Kanton weiterhin für die Schäden der Wildschweine aufkommen – wohl oder übel.

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