In Baselland können Ausbildungsbeiträge zurzeit nur mit Verzögerung ausbezahlt werden. Das bringt Studenten in eine schwierige Situation.
Claudio N. ist frustriert. Der Student absolviert gerade sein letztes Ausbildungsjahr an der Fachhochschule Nordwestschweiz und würde sich gerne auf den bevorstehenden Abschluss vorbereiten.
Anstatt sich aber den fehlenden Kreditpunkten auf seinem Leistungsausweis widmen zu können, musste er sich in den letzten Wochen mit einem anderen Defizit herumschlagen: Ihm fehlten die Ausbildungszulagen des Kantons Baselland, auf die er bisher zählen konnte und auf die er auch weiterhin dringend angewiesen ist.
Der Student reichte seinen Antrag ordnungsgemäss im Frühjahr ein. Die Behörde wies ihn darauf hin, dass sich die Gesuchsbearbeitung um ein paar Wochen verzögern werde. Grund dafür ist eine Anpassung der Verordnung zum Gesetz über Ausbildungsbeiträge.
Diese Anpassung geht zurück auf zwei Abstimmungen des letzten Jahres. Am 9. Juli 2013 beschloss das Baselbieter Stimmvolk mit grossem Mehr den Beitritt zum Stipendienkonkordat. Und in der Sitzung vom 31. Oktober beschloss der Landrat die Massnahme Ü-8 «Reduktion Subventionen durch neue Berechnungsgrundlage». Mit den unangenehmen Spätfolgen dieser Beschlüsse für die Studentinnen und Studenten hatte damals niemand gerechnet.
«Die Rede war von sechs bis acht Wochen zusätzlicher Bearbeitungsfrist», sagt Claudio N., «diese Frist ist aber längst abgelaufen.» Um den finanziellen Engpass überbrücken zu können, musste er ein Ausbildungsdarlehen aufnehmen. Ein unangenehmer Schritt, wie Claudio N. sagt: «Ich wollte mich für meine Ausbildung eigentlich nicht verschulden müssen.»
«Volles Verständnis für die Wartenden»
Rund 2000 bis 2500 Gesuche um Ausbildungsbeiträge erreichen die Direktion Bildung, Kultur und Sport pro Jahr. Hier ist man sich des Problems bewusst, dass sich einige Bittsteller in einer ähnlichen Situation wie Claudio N. befinden.
Der Kanton habe deswegen auch schon Anrufe von verärgerten Studenten erhalten, sagt Dieter Thommen. «Ich habe volles Verständnis für die Wartenden, die nun in einer schwierigen Situation sind», sagt der Leiter Ausbildungsbeiträge, «aber ich kann keine Prognose machen, wann wir die Anträge bearbeiten können.»
Sechs bis acht Wochen waren vorgesehen, um die Anpassungen der neuen Verordnungen im Bearbeitungssystem zu programmieren. Insbesondere der Landratsbeschluss bereitete allerdings Probleme, da mit der neuen Berechnungsgrundlage die zumutbaren Elternbeiträge viel detaillierter berechnet werden und damit aufwendiger zu bewältigen sind.
Mit dieser Umstellung sind Software-Probleme aufgetreten, die das Bearbeiten der Anträge vorübergehend unmöglich machen. Damit habe niemand rechnen können, sagt Thommen, «wir setzen aber alles daran, die Bearbeitung der Anfragen aufnehmen zu können».
Eine Verzögerung, kein Ausfall
Auch auf Hilfe aus Bern kann Claudio N. nicht hoffen. In der Bundesverfassung (Artikel 66) steht zwar, dass der Bund «in Ergänzung zu den kantonalen Massnahmen und unter Wahrung der kantonalen Schulhoheit eigene Massnahmen zur Förderung der Ausbildung ergreifen» könne.
Doch ein zeitliches Limit für die Zurückhaltung von Unterstützungsgelder gibt es nicht, wie das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation auf eine Anfrage antwortet, die Auszahlung der Ausbildungszulagen liege in der Verantwortung der Kantone. Ausserdem würden die Ausbildungszuschüsse ja nicht ausfallen, ihre Auszahlung sei lediglich verzögert.
Das bestätigt auch Dieter Thommen: «Sobald wir die Bearbeitung der Anträge wieder aufnehmen können, werden die Ausbildungsbeiträge selbstverständlich rückwirkend ausbezahlt.»
Claudio N. kann dann auch seine Ausbildungsdarlehen bei der Bank zurückzahlen – und wird sich endlich wieder voll auf sein Studium konzentrieren können.
Artikelgeschichte
Auf Hinweis von Dieter Thommen, Leiter Ausbildungsbeiträge Baselland, wurde der Artikel ergänzt. Nicht nur die Abstimmung über den Beitritt zum Stipendienkonkordat, sondern vor allem die angenommene Massnahme «Reduktion Subventionen durch neue Berechnungsgrundlage» des Landrats habe zu Problemen mit der Software und damit zur Verzögerung der Stipendienauszahlungen geführt.
Seit Freitag den 26. September verfügt der Kanton über eine erste lauffähige Version der Software. Die Berechungen und Auszahlung der Ausbildungsbeiträge können somit wieder aufgenommen werden.