Basler Bastler heizen Stadtbrunnen ein

Das Kollektiv «Hotel Regina» macht kalte Brunnen zu warmen Bädern: Mit selbstgebasteltem Pumpsystem heizt es in Basel die Stadtbrunnen auf.

Baden schon im April? Aber sicher doch.

(Bild: Alexander Preobrajenski)

Nanu, was läuft denn hier? So mancher Passant musste am Mittwochabend beim Wettsteinplatz zweimal hingucken: Tatsächlich, da baden Leute im Wettsteinbrunnen, bei knapp 15 Grad Aussentemperatur:


(Bilder: Alexander Preobrajenski)

Entspannt sitzen sie im unteren, tiefen Teil des Brunnens, während um sie herum fünf junge Männer in hübschen Steppjacken (gefärbte russische Militärjacken) und Bommelmützen (Hasli-Zylinder) jede Menge Dienstleistung vollbringen. Der Garderobier verwaltet die Garderobe mit Handtüchern und lustigen Brocki-Badeanzügen zum Ausleihen:

Der «Chaffeur de la Fontaine» sorgt für Ordnung und wischt den Brunnen sauber:


Der Temperaturchef schwingt die Rührkelle:


Und die letzten beiden Brunnenheizer warten den grossen silbernen Holzofen, der neben dem Brunnen dampft. Einer führt Logbuch:


Und der andere verteilt Ofensnacks:


Ziemlich entspannte Sache, würde man meinen – dabei sind die fünf Brunnenheizer seit 11 Uhr an der Arbeit: Ofen an den Brunnen karren, Fahrrad installieren und anfangen mit der Beheizung. Die nach einem ganz simplen Prinzip funktioniert: Wadenstärke. Die Heizinstallation verfügt über ein System, bei dem man mit einer von einem Fahrrad angetriebenen Pumpe das Wasser durch den selbstgebauten Ofen und wieder zurück in den Brunnen pumpt. So:


Nach ungefähr acht Stunden Gestrampel ist die Temperatur perfekt und die Gäste dürfen nach einer Einführung und Regel-Verkündung («Es wird nicht ins Becken gebislet! Nicht ins Becken gekötzelt!») des Bademeisters ins warme Wasser. Wer will, kriegt vom Chauffeur de la Fontaine noch eine kleine Geschichtslektion zum Brunnen: zweistufig, mit rot-blau bemalter Trommel, auf der Säule der ehemalige Basler Bürgermeister und Staatsmann Johann Rudolf Wettstein, der den westfälischen Frieden herbeigeführt hat. Man ist vorbereitet.


Hinter dem Badespass steckt das «Kollektiv Regina» mit seinem Projekt «brunnen gehn»: Fünf gefitzte Bastler (die auch schon einen Flipperkasten gebaut haben, mit dem sie durch die Schweiz gezogen sind), die einen neuen Badetrend in Basel etablieren wollen: «Komm, lass uns noch bisschen Brunnen gehn.»

Moritz Praxmarer, Dominik Dober, Christian Holliger, Balz Scheidegger und Quirin Streuli schwören auf solides Handwerk und ein bisschen wohl auch auf die Macht der sozialen Plastik. Sie greifen in den Stadtraum ein, bringen Menschen zusammen, fördern Austausch. Ganz ohne Kunsthalle und Apéro-Gedöns.

Vor dem Wettsteinbrunnen hat das Kollektiv bereits drei andere Brunnen in der Stadt geheizt, der letzte folgt am 24. April. Der Ort ist aber noch nicht bekannt. Und wie kriegt man davon mit? Die Jungs lachen. Man wirds schon erfahren. Eine Facebook- oder Website haben sie nicht. Würde auch nicht passen. Wie gesagt: solides Handwerk, starke Plastik.

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