Basler Fans nahmen Abschied von Monty Python

Sie waren die Beatles der Comedy. Waren es. Gestern Abend gaben Monty Python ihre allerletzte Live-Performance, die in Kinos rund um die Welt übertragen wurde – so auch ins Pathé Küchlin. Nicht nur die technischen Probleme sorgten dafür, dass man den Saal mit gemischten Gefühlen verliess.

Schlechtes Signal von Gott. Realsatire im Kino Küchlin. (Bild: Marc Krebs)

Sie waren die Beatles der Comedy. Waren es. Gestern Abend gaben Monty Python ihre allerletzte Live-Performance, die in Kinos rund um die Welt übertragen wurde – so auch ins Pathé Küchlin. Nicht nur die technischen Probleme sorgten dafür, dass man den Saal mit gemischten Gefühlen verliess.

Der Saal 3 im Pathé Küchlin ist nicht ganz gefüllt, aber es sind doch mehr als 250 Leute, die aufs heimische Sonntagsabend-Sofa verzichten – for a laugh. Was Sie erwarten ist nicht Kino, sondern Comedy – eine Live-Übertragung der letzten von zehn Shows, die das britische Kollektiv Monty Python in der Londoner O2-Arena auf die Bühne bringt. Die allerletzte überhaupt.

Monty Python im Kino, so ungewöhnlich war das früher nicht.

Die Live-Übertragung ist ein Trost für all jene, die beim Ticketverkauf zu kurz kamen. Der Ansturm war enorm, in Minutenfrist alles ausverkauft, Preise über 300 britische Pfund kursierten auf dem Schwarzmarkt. Die Reunion der Beatles der Comedy erzeugte weltweit eine Euphorie. Einmal im Leben Monty Python gesehen haben. Und sei es auch nur im gepolsterten Küchlin-Sessel.

Monty Python im Kino, so ungewöhnlich war das früher nicht. Lang ist es her, da lockte die britische Komikergruppe mit Filmen wie «Life of Brian» oder «Holy Grail» (Ritter der Kokosnuss) die Massen in die Lichtspielsäle. Vor rund 30 Jahren brachten sie mit «The Meaning of Life» ein letztes Werk heraus, danach schlugen sie alle neue Wege ein.

Mit dem Tod von Graham Chapman schien Pythons Geschichte 1989 besiegelt. Nur sehr selten standen sie seither gemeinsam auf der Bühne – 1998 am Comedy-Festival in Aspen etwa, wo sie noch einmal mit ihrer Schamlosigkeit begeisterten: Sie schleppten Graham Chapman auf die Bühne, in der Urne, verschütteten dann «irrtümlich» seine Asche – und waren erleichtert darüber, dass sich hinter dem Vorhang ein Staubsauger fand!

Idles Freude am Musical 

Die Tantiemen für ihre Sketches haben die fünf Überlebenden – John Cleese, Terry Gilliam, Terry Jones, Michael Palin und Eric Idle – aus Distanz eingefahren: Sie liessen DVD-Kollektionen, Re-Releases, Merchandising und – last but not least – das Musical «Spamalot» auf die Fans los. Für letzteres setzte sich Eric Idle noch am stärksten ein, andere wie etwa Terry Gilliam (der seit Jahrzehnten als Filmregisseur tätig ist) interessierten sich nicht dafür – abgesehen vom finanziellen Zustupf. 

Dass Eric Idle auch am tatkräftigsten an diesem letzten Bühnencomeback gearbeitet hat, kriegt das Publikum im Küchlin mit: Als Warmup werden Clips gezeigt, die ihn bei der Vorbereitung mit der Choreografin und dem musikalischen Direktor zeigen; Snippets von Probesituationen sollen Lust auf das Spektakel machen, ebenso Quiz-Fragen und Song-Klassiker wie «I like Chinese». Man wird das Gefühl nicht los, als sähe man hier schon das Bonusmaterial der nächsten DVD.

Die Lust nach der Scheidung 

Tatsächlich haben Monty Python – so ehrlich ironisch sind sie und dafür schätzt man sie noch immer – nie einen Hehl daraus gemacht, dass es ihnen bei den Comeback-Shows ums Geld geht. John Cleese sagte schon vor Jahren: «Erstaunlicherweise ist just mit meiner letzten Scheidung die Lust auf ein Bühnencomeback richtig gewachsen.» Und Eric Idle sagte vor der Premiere, dass man Hypotheken zahlen wolle. «Wir werden das filmen und dann zu verhökern versuchen.» Entwaffnend ehrlich.

Die alten Herren, so der erste Eindruck, lassen die Puppen tanzen, während sie backstage die Gage zählen.

Dass Eric Idle schon lange, vielleicht ein bisschen zu lange in den USA lebt, merkt man der Inszenierung an: In den ersten Minuten der letzten Show überwiegen Musicalelemente, man wundert sich ein bisschen, warum da zwei Dutzend Tänzerinnen und Tänzer als Matrosen rumhüpfen, was das noch mit Monty Python zu tun hat.

Die alten Herren, so der erste Eindruck, lassen die Puppen tanzen, während sie backstage die Gage zählen und gelegentlich für einen Sketch nach vorne kommen: immerhin für brillante Sketches wie «The Last Supper». Doch insgesamt ist der Auftakt ernüchternd, fast alle Gags wurden vor mehr als 30 Jahren schon in «Live at the Hollywood Bowl» vor Publikum für die Ewigkeit festgehalten: Die schwulen Richter mit Travestie-Fetisch, die «Spanish Inquisition» oder «Crunchy Frog», die Praline zum Kotzen, kennt man bereits von Live-DVDs. Fast Wort für Wort adaptieren Python diese Nummern, was vor uns schon englische Zeitungen kritisiert haben

Eddie Izzard und Mike Myers als Überraschungsgäste

Immerhin werden die australischen Biertrinker namens Bruce und Sheila mit ihrem versoffenen Philosopher’s Song von einem Überraschungseffekt begleitet: So reiht sich Eddie Izzard – der funniest man alive – ins Kollektiv ein. Gastauftritte schmücken diese Abschiedsvorstellung, auch Wissenschaftler Stephen Hawking oder Komiker Mike Myers («I’m not worthy!») treten kurz in Erscheinung.

Und die Pythons selber? Sie sind grauer, älter, ein wenig langsamer auch (vor allem Cleese). Und eben: Durch Eric Idles Handschrift auch näher an Las Vegas.

Technische Probleme

Die Freude wird zudem durch ein technisches Malheur getrübt: Mehrere Minuten lang bleibt die Leinwand dunkel, Verbindungsprobleme, offenbar auch in Zürich und Bern, wie das Kinopersonal informiert. Der Sturm, das Internet, who knows. Das Kino entschädigt die Besucher für den Frust mit Glacé und Kinogutscheinen – vorbildliches Krisenmanagement. Das tröstet über die verpassten Pointen hinweg.

Punchlines jenseits des Drehbuchs, in solchen Momenten blitzen ihre Qualitäten auf.

Die Verbindung wird in der zweiten Hälfte besser, die Laune auch. Die Pythons improvisieren mehr, müssen auch mal selber lachen, die Show gewinnt an Lebendigkeit: Mal weil Cleese den Faden verliert, mal weil Idle der Schnurrbart abfällt («Nudge Nudge») oder weil Palin spontan dem britischen Boulevard, namentlich der «Daily Mail», verbal an den Karren fährt.

Punchlines jenseits des Drehbuchs, in solchen Momenten blitzen ihre Qualitäten auf, ansonsten verwalten sie ihr Vermächtnis, meist souverän, einzig Cleese scheint nicht mehr so textsicher – und geht auch am wenigsten an seine physischen Grenzen. Sah man in seinen Fluchanfällen früher die Halsschlagadern, so hält er sich heute zurück. Vielleicht hat ihm ja der Arzt geraten, sich auch künstlich nicht mehr so aufzuregen. 

Zum Abschied: Piss Off!

Mit einem herzhaften «Piss Off!» verabschiedet sich das grösste, vulgär-intellektuellste und einflussreichste Komikerkollektiv nach knapp drei Stunden für immer von der Bühne. Auch im Küchlin wird applaudiert, man beklatscht ihr Schaffen – aber weniger diesen letzten Auftritt mit all seinen unnötigen Tanzeinlagen, die auf unfreiwillige Weise silly wirken. Man feiert vielmehr ihre Pionierarbeit, ihre Evergreens, ihre Leistungen von einst.

Und man weiss, dass man Monty Python noch vor Weihnachten wieder begegnen wird: Im Schaufenster der DVD-Läden.

Nächster Artikel