Ständig nur über das, was man kann und leistet, zu reden, macht müde. In der Palaverrunde muss Mann nicht prahlen.
Männerpalaver, was soll man sich darunter vorstellen? Ein paar Männer in schlabbrigen Pullis – pflanzengefärbt und selbstgestrickt –, die im Kreis sitzen und davon erzählen, wie ihr letztes Seminar mit dem Titel «Rufe den Schamanen in dir» gewesen ist? Oder treffen sich hier vor allem Männer, die sich ihren Frust über die tyrannischen Weiber vom Herzen reden müssen?
Als Frau wird man es nie wissen, denn das Männerpalaver ist, wie es der Name sagt, ausschliesslich Männern vorbehalten. «Einzig und allein deshalb», sagt Peter Loppacher, Mitbegründer und Präsident des Vereins Basler Männerpalaver, «weil Männer sich auch im Gespräch ganz anders verhalten, sobald eine Frau dabei ist.» Dann komme sofort das Platzhirschgehabe auf, und genau dieses Konkurrenzdenken verhindere, dass Männer locker und offen miteinander reden können.
Denn nur darum und um nichts anderes gehe es beim Männerpalaver: Ums Reden, Erzählen, Zuhören. «Ohne Angst vor Verlust von Macht und Männlichkeit», so Loppacher. Auch schweigen sei erlaubt, niemand müsse reden, wenn ihm nicht danach sei. Das Männerpalaver sei weder ein Diskussionsforum – «Diskussionen tendieren zum Rechthaben» – noch Stammtisch, an dem Männer sich im Sprücheklopfen messen.
Kein Gschpürschmi-Verein
Selbstverständlich kennt Loppacher die Vorstellungen, die sich manche vom Männerpalaver machen. Vor allem Männer selber reagierten oft mit Spott, sagt er. Wie etwa der Kollege, dem er mal davon erzählte: «Ach, da sitzt ihr dann im Kreis, haltet euch an den Händen, habt euch ganz fest lieb und ruft im Chor ‹Titten, Titten, Titten›!»
Loppacher grinst. Na ja, meint er, er könne nur immer wieder sagen, dass dem nicht so sei. «Wir sind kein Gschpürschmi-Verein.» Beim Männerpalaver fänden sich ganz gewöhnliche Männer zusammen, die es gut finden, sich hin und wieder unter Männern austauschen zu können. «Die von ihren persönlichen Erfahrungen, von ihren Ansichten und Gedanken erzählen.»
Die Frauen, sagt Loppacher, könnten das viel besser. Die hätten bedeutend weniger Mühe, über Persönliches und über ihre Gefühle zu reden, als Männer. Doch nach nunmehr sechs Jahren Erfahrung mit dem Basler Männerpalaver könne er sagen, «wir haben dazugelernt». Er staune immer wieder, wie jemand, der zum ersten Mal dabei sei, nach fünf Minuten merke, «dass er hier niemandem etwas beweisen muss, dass er hier einfach er selbst sein kann».
In Bern angesteckt
Auf die Idee, in Basel ein Männerpalaver auf die Beine zu stellen, ist Peter Loppacher in Bern gekommen. Ein Freund hatte ihn zu einem Männerpalaver mitgenommen, und er sei beeindruckt gewesen, wie offen Männer, die sich untereinander nicht einmal kannten, von sich erzählten. Verblüfft habe er festgestellt: «Männer können ja reden.»
Dass Loppacher daraufhin beschloss, auch in Basel eine solche Gesprächsreihe zu gründen, ist nicht verwunderlich. Denn der ehemalige Lehrer hatte sich schon seit Längerem mit Männerthemen auseinandergesetzt, er hatte am Göttinger Institut für Männerbildung eine Weiterbildung gemacht und danach während drei Jahren im Männerbüro der Region Basel gearbeitet. Er war also sensibilisiert auf Männerthemen, aber sein Antrieb sei nie Frustration über die Erstarkung der Frauen durch den Feminismus gewesen, sagt der mittlerweile 72-Jährige. Man könne höchstens sagen, dass er wegen seiner Frau nicht stehen geblieben sei.
1976 sei es gewesen, er habe gerade frisch das Rektorat in der Sekundarschule in Muttenz übernommen, da habe seine Frau verkündet, die ihm bis dahin stets den Rücken freigehalten und sich um Kinder und Haushalt gekümmert habe, sie wolle studieren. «So kam es, dass ich mittags oft von der Schule nach Hause fuhr, um mit den Kindern das Mittagessen zu kochen.» Sehr schnell habe er dann einen Geschirrspüler angeschafft, fügt er trocken an. Und aus der traditionellen Ehe entwickelte sich eine gleichberechtigte Partnerschaft, was Loppacher alles andere als bedauer
Nach seinem Besuch in Bern, im Mai 2005, gründete er zusammen mit ein paar Freunden das Basler Männerpalaver. «Wir mussten es ja nicht neu erfinden, sondern konnten uns an den Erfahrungen der Berner und der Zürcher, die bereits seit elf Jahren Männerpalaver veranstalteten, orientieren.» Die Basler Männer schlossen sich zu einem Verein zusammen, eine Gruppe kümmerte sich um das Programm und die Regeln, die andere um Finanzen, Werbung und Lokal.
Im Oktober 2006 fand im Unternehmen Mitte das erste Männerpalaver statt. Thema des Abends: Nein, nicht das «Hoden-Bädele» – eine originelle Verhütungsmethode für den alternativen Mann –, auch nicht die «Sehnsucht nach dem Weiblichen im Mann», sondern ganz profan «Mann und Gesundheit». Ein Thema, das laut Loppacher immer wieder gut ankommt.
Jedenfalls fanden sich am ersten Palaver 42 Männer ein, eine Zahl, die selten erreicht wird. Durchschnittlich nehmen jeweils 15 bis 20 Männer an den Palavern teil. Durchgeführt werden sechs pro Saison, die von Oktober bis März dauert. Meistens werden die Themen von der Vorstandsgruppe festgelegt und durch den Moderator des Abends eingeführt, am sogenannten Joker-Abend jedoch bestimmen die anwesenden Männer, worüber gesprochen werden soll.
Junge sind willkommen
Wichtig ist Peter Loppacher, «offen zu sein und zu bleiben für neue Themen und neue Teilnehmer». Es wäre schön, sagt er, wenn vermehrt auch jüngere Männer kämen. Dass auch diese sich durchaus für spezifische Männerthemen ins Zeug legen können, zeigt der Erfolg der Movember-Bewegung (siehe Malenas Welt, Seite 17).
Vielleicht hilft folgende Information einigen, die Schwellenangst zu überwinden: Niemals dringt nach aussen, wer was in der Palaverrunde erzählt hat. Denn jeder Teilnehmer verpflichtet sich zu absolutem Stillschweigen über das Gesagte und Gehörte. Und im Schweigen sind doch die Männer meisterlich.
Das nächste Basler Männerpalaver findet statt am 4. Dezember, 20 Uhr
im Unternehmen Mitte, Basel.
Thema: Paarbeziehungen/All you need is…ja, was brauche ich denn
in meiner (verbindlichen) Beziehung?
Weitere Infos: www.baslermaennerpalaver.ch; www.maennerpalaver.ch
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 30.11.12