Beizen-Geheimtipps für die Basler Fasnacht

Fasnachts-Beizentipps? Mit 41 Jahren Aktivfasnacht auf dem Buckel weiss ich: Das gibt es nicht. Jeder Tipp, der noch im letzten Jahr goldrichtig gewesen wäre, kann sich jetzt als rabenschwarzer Flop herausstellen. Deshalb: die einzigen Koordinaten sind Entdeckergeist und Abenteuerlust. Und auch Geduld muss man haben. Zum Beispiel: «Ich will jetzt in den Cliquenkeller X am […]

Fasnachts-Beizentipps? Mit 41 Jahren Aktivfasnacht auf dem Buckel weiss ich: Das gibt es nicht. Jeder Tipp, der noch im letzten Jahr goldrichtig gewesen wäre, kann sich jetzt als rabenschwarzer Flop herausstellen. Deshalb: die einzigen Koordinaten sind Entdeckergeist und Abenteuerlust. Und auch Geduld muss man haben.

Zum Beispiel: «Ich will jetzt in den Cliquenkeller X am Y-Gässli», sagt sie. Und fügt hinzu: «Dort haben wir letztes Jahr – oder war es vorletztes Jahr? – einen fantastischen wilden Schnitzelbangg nach dem anderen gesehen!» Es ist Fasnachtsdienstag, früher Morgen, 1.55 Uhr. «Das ist mindestens fünf Jahre her», sagt ein anderer zwar, aber trotzdem: Nächster Halt des Schyssdräggzyygli ist Cliquenkeller X.

Zwei müde Bardamen putzen Gläser. An einem Tisch hocken drei hängengebliebene Waggis. «Ihr dürft schon noch etwas trinken», sagt die Dame. «Aber bitte schnell, wir wollen schliessen …». Merke: Zeiten und Orte verändern sich – auch an der Fasnacht.

Da gab es einst etwa drei stolze ­Fasnachtsburgen, «Tempel» wurden sie genannt. Fröhliche Spötteleien, gewitzte Spontanaktionen und funkelnde Schnitzelbangg-Pointen kunterbunt durcheinander. Es wurde sogar intrigiert! Und heute? «Haben Sie für unser fünfstündiges Fünf-Gang-Feinschmecker-Menü für 500 Franken, mit 50 Schnitzelbängg garniert, reserviert?», fragt heute ein Zerberus am Eingang …

Dafür hat am Oberen Heuberg plötzlich ein gemütliches unbekanntes Stüblein seine Pforten geöffnet, von dessen Existenz man unter dem Jahr noch nicht mal etwas ahnen würde … Mit einem herrlichen Weissen im Angebot, und jetzt kommt auch noch ein querköpfiger, wilder Bänggler herein.

Kurz: todsichere Beizentipps gibt es nicht, die Angebote der Stadt wollen immer wieder aufs Neue erkundet werden. Ein sicherer Wert ist die Flasche Weisswein unter freiem Himmel, aus jenen Zinnbechern genossen, die viele von uns Aktiven stets um den Hals tragen. Hier draussen ist die Stimmung während der drey scheenschte Dääg immer unvergleichlich, die Aussicht garantiert einmalig.

Aber lasst euch nicht entmutigen, es wird sie immer geben: die herrlichen Stunden der Beizenfasnacht, in denen plötzlich alles stimmt, wie in ­einem aufregenden Traum, in dem sich selige Harmonie und schräge Stör­frequenzen zu genau jener Stimmung vereinen, die Beizenfasnacht ausmacht. Doch du wirst sie aller Wahrscheinlichkeit nicht dort finden, wo du sie erwartet hast.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 24.02.12

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