Belebung des Dreispitz-Areals muss weiter warten

Ein Parkhaus-Projekt von HHF Architekten, das die CMS in Auftrag gegeben hat, würde nicht nur Leben auf den Dreispitz bringen. Es könnte auch einem heimatlosen Club neuen Raum bieten. Doch ob es verwirklicht wird, ist ungewiss.

«Parking and more» will eine vielfältige Nutzung ermöglichen, die weit über ein Parkhaus hinausreicht. (Bild: ©HHF)

Ein Parkhaus-Projekt von HHF Architekten, das die CMS in Auftrag gegeben hat, würde nicht nur Leben auf den Dreispitz bringen. Es könnte auch einem heimatlosen Club neuen Raum bieten. Doch ob es verwirklicht wird, ist ungewiss.

Es ist noch immer der am häufigsten gehörte Kritikpunkt, wenn ein Gespräch sich um das Dreispitz-Areal dreht: zu wenig Leben. Zwar wird dort inzwischen studiert, Kunst betrachtet, gearbeitet und ab und zu eine Party gefeiert – am Tag aber ist die Szenerie eine äusserst beschauliche. Sie spielt sich zumeist hinter Türen und Wänden ab. Cafés, Läden oder anderweitig alltägliche Infrastruktur lassen weiter auf sich warten.

Bei der Eigentümerin, der Christoph Merian Stiftung (CMS), ist man sich dessen schon länger bewusst. Und deshalb schrieb sie im Januar 2014 einen zweistufigen Wettbewerb aus: Das bestehende Parking Ruchfeld sollte abgerissen werden – oder so ergänzt, dass nicht nur mehr Parkplätze, sondern vor allem auch neue Nutzungen möglich werden. Nutzungen, die dem entstehenden Quartier zugutekommen und ihm einen Charakter verleihen. Ende Januar wurde der Gewinner dieses Studienauftrags gekürt: HHF Architekten hatten mit ihrem Projekt «Parking and more» am meisten überzeugt.



Eingebettet ins bereits Bestehendes oder neu zu Bauendes: Das neue Parking Ruchfeld, wie HHF Architekten es sich vorstellen.

Eingebettet ins bereits Bestehendes oder neu zu Bauendes: Das neue Parking Ruchfeld, wie HHF Architekten es sich vorstellen. (Bild: ©HHF / Nils Fisch)

Das bestehende zweistöckige Parking wird im Vorschlag des Basler Architekturbüros mit einer Betonstruktur aus vertikalen Tragelementen und Fassadenfachwerk überzogen und in Richtung Süden bis fast zum Schaulager hin erweitert. Im Erdgeschoss entsteht so Platz für Module, in denen Gastroangebote, Läden oder Sportmöglichkeiten untergebracht werden können. Die Raumhöhe beträgt dort stolze sieben Meter, weil mitten durch das Gebäude noch Zuggleise verlaufen, die teilweise weiter genutzt werden.

Im Kopfbau schliesslich ist ein Hotel angedacht, und auf dem Dach hat es Platz für eine Eventhalle, eine Urban Farm und einen erhöhten Park mit Aussichtsplattform und Café. Zwei spiralförmige Rampen für Fussgänger, Velos und Autos führen hinauf.



Unten Läden, oben Parking, noch weiter oben die Urban Farmers: So das Konzept.

Unten Läden, oben Parking, noch weiter oben die Urban Farmers: So das Konzept. (Bild: ©HHF)

HHF war es in ihrem Vorschlag wichtig, ein monothematisches Gebäude zu verhindern, indem sie ein multifunktionales Parkhaus schaffen. Es soll in seiner Nutzung, aber auch in der Baustruktur die Möglichkeit haben, sich weiter zu verändern. So liesse sich beispielsweise das alte Parking dereinst abreissen, um einer grossen Halle Platz zu machen, ohne dass der restliche Bau beeinträchtigt würde. Kurzfristige Projekte wären hier ebenso möglich wie längerfristig Angedachtes.

Noch wichtiger war den Architekten allerdings, dass es mit der Belebung des Areals vorangeht. «Wir wollten auf verschiedenen Ebenen Leute integrieren», sagt Simon Frommenwiler. Das Quartier soll endlich leben. Das Projekt, das der Architekt zusammen mit seinen Partnern Tilo Herlach und Simon Hartmann vorschlug, war denn auch nicht nur rein baulicher Art, sondern beinhaltete bereits konkrete Nutzungsvorschläge – mit konkret interessierten Nutzern.

Interesse von verschiedenen Seiten

«Wir wollten das ganzheitlich angehen», sagt Frommenwiler. «Das hiess für uns, dass wir mit unseren Ideen zu den Leuten gingen, um zu schauen, ob überhaupt Interesse an diesem Ort vorhanden war.» Sie stiessen auf offene Ohren und konnten der CMS schliesslich Namen von Leuten nennen, die bereit gewesen wären, bei diesem Projekt mitzumachen.

Rudolph Schiesser etwa, Verwaltungsratspräsident des Trois Rois, hat Interesse am Betreiben eines Hotels angemeldet, ein Tanzstudio ist bereits fix angedacht, eine Privatklinik würde ein medizinisches Fitnessstudio betreiben und unterschiedliche, auf gesunde Ernährung spezialisierte Gastronomiebetriebe wären ebenfalls mit von der Partie. Auf dem Dach würden sich die benachbarten Urban Farmers weiter ausbreiten können, und die Betreiber des Clubs Nordstern, der sowieso gerade auf der Suche nach neuen Räumlichkeiten ist, sowie ein Eventmanager reissen sich um die Eventhalle. Mit der in Basel bereits sehr aktiven Union Diner Group konnten die Architekten der CMS sogar einen möglichen Areal-Manager vorschlagen, sollte die Stiftung diese Aufgabe nicht selber übernehmen wollen.

Realisierung ungewiss

Bei der Merianstiftung könnte man sich also glücklich schätzen, für ein Projekt verantwortlich zu zeichnen, das punkto nachhaltiger Architektur und aktiver Stadtentwicklung neue Wege aufzeigt und zum Leuchturmprojekt für das ganze Dreispitzareal und die Architekturstadt Basel werden könnte (siehe Box). Stattdessen tut sich nichts – das Projekt wurde in die Warteschlaufe verbannt. Und dies bereits, bevor HHF als Gewinner des Studienauftrages benannt wurden.

Mitte Dezember 2014 gab die CMS zusammen mit den Partnern – der Gemeinde Münchenstein sowie den Kantonen Basel-Stadt und Baselland – bekannt, dass man auf dem Dreispitz nicht weiterfahren könne wie geplant. Ursprünglich wollte man die 50 Hektaren grosse Fläche in einem Schwung neu gestalten. Das erwies sich plötzlich als zu teuer. Stattdessen wird nun ein neuer Nutzungsplan erstellt und es sollen nur noch kleinere Flächen aufs Mal in Angriff genommen werden.



Die sprialförmigen Rampen, die von allen Verkehrsteilnehmern genutzt werden können.

Die sprialförmigen Rampen, die von allen Verkehrsteilnehmern genutzt werden können. (Bild: ©HHF)

Für HHF heisst das: Abwarten und Tee trinken, wie CMS-Sprecher Toni Schürmann bestätigt: «Wir können im Moment nicht mit Sicherheit sagen, ob das Projekt realisiert werden kann.» Es sei durchaus möglich, dass im Zuge der Neukonzeptionierung der Arealnutzung herauskomme, dass es nicht mehr benötigt werde.

Doch nicht nur die Architekten müssen warten, ob sie ihr Projekt verwirklichen können, sondern auch all jene, die auf dem Dreispitz bereits arbeiten oder wohnen. Verpflegungsmöglichkeiten werden weiterhin Mangelware sein, und zum Einkaufen ist die Dreispitz-Migros immer noch die nächste Station. An Belebung wird das Areal vorerst also nicht gewinnen – was nicht nur HHF schade finden.

Aktuelles Thema
Wie aktuell die Thematik «Open Building» ist, zeigt, dass die ETH gerade daran ist, ein Symposium dazu zu organisieren, das im September 2015 stattfinden soll. Drei Prinzipien stehen beim Konzept des «Open Building» im Zentrum: Erstens das Entwerfen für eine flexible Nutzung, die niemanden von vornherein ausschliesst. Zweitens der Einbezug verschiedener Akteure, die den Entwurfs- und Bauprozess prägen. Und drittens die Transformationsfähigkeit der gebauten Umwelt. Diese Fragen will das Symposium erörtern. Basel hätte, falls «Parking and more» realisiert werden sollte, in dieser Diskussion die Nase vorn.

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