Besetzter Mittagstisch vor ungewisser Zukunft

Der besetzte Mittagstisch an der Basler Schanzenstrasse hat Erfolg: Die Nachfrage ist gross – und Zuspruch kommt auch aus dem Quartier. Wie lange die geduldete Zwischennutzung weitermachen kann, ist ungewiss.

Vor acht Monaten wurde der leerstehende Imbiss besetzt. (Bild: Nils Fisch)

Der besetzte Mittagstisch an der Basler Schanzenstrasse hat Erfolg: Die Nachfrage ist gross – und Zuspruch kommt auch aus dem Quartier. Wie lange die geduldete Zwischennutzung weitermachen kann, ist ungewiss.

Mittagszeit. Der kleine Imbiss steht an der Schanzenstrasse, als käme er von einem andern Stern. Aus einem bunten Paralleluniversum, in dem alles von Hand gemacht ist: Rosa das Flachdach, grüngelb die Fassade, alles ein bisschen Brockenstube, alles ein bisschen improvisiert. Eine kleine Oase, vor welcher der Durchgangsverkehr über die vierspurige Strasse braust.

Seit acht Monaten ist das Häuschen von einer kleinen Gruppe besetzt, die sich nicht zu erkennen geben will. Die Polizei duldet den Betrieb. Studentinnen und Studenten aus den benachbarten Uni-Gebäuden und auch die Anwohner schätzen ihn. Bei unserem Besuch sitzen rund 20 Personen an den Tischen, die über das Trottoir verteilt sind. Sie essen Linsensalat mit Couscous und Gemüse. So funktioniert der Mittagstisch: Freiwillige kochen für Besucher, die Gäste bezahlen per Kollekte.

Doch der Betrieb hat eine ungewisse Zukunft. Die ETH reicht Ende dieses Jahres die Baueingabe für den neuen Life-Sciences-Campus auf dem Schällemätteli-Areal ein, gleich hinter dem besetzten Imbiss. Im Winter 2019/20 soll der ETH-Neubau bezugsbereit sein. Ob der Mittagstisch weichen muss, ist unklar. 

Trotz Besetzung keine Probleme mit Polizei

Dabei läuft der Imbiss ordentlich. «Probleme mit der Polizei oder Immobilien Basel-Stadt gab es nicht», berichtet Hans*, der hier regelmässig kocht. Da es sich um eine Besetzung handelt, sind die Anwesenden nicht in den Entwicklungsprozess des Areals einbezogen. «Uns wird nichts kommuniziert», sagt Hans.

Neben einigen fixen Gruppen kochen auch immer wieder neue. Die Regeln sind einfach: Wer kocht, kauft ein und putzt, und wer isst, der wäscht sein eigenes Geschirr. Das funktioniert ebensogut wie die Bezahlung per Kollekte. «Wer mehr verdient, bezahlt auch mal zehn Franken. Wer nicht viel hat, bezahlt so viel, er eben kann», erklärt ein Gast. Als Richtwert für ein Essen sind fünf Franken angegeben.

Und tatsächlich: Die Kässeli und Töpfe sind immer gut gefüllt: «Wenn es draussen warm ist, kochen wir rund 35 Portionen», sagt Annabella*, die seit den Anfängen dabei ist.

Sharing-Kultur am Imbiss

Um das kleine Gebäude haben sich inzwischen weitere Projekte angesiedelt. Links vom Eingang steht ein «Bring und nimm»-Kasten, über den man Bücher, Kochutensilien oder andere Alltagsgegenstände austauschen kann. Neu ist auch der «Fair-Teiler» von der Online-Plattform «foodsharing.de»: Händler, Produzenten oder Privatpersonen werden auf diesem Weg Lebensmittel sinnvoll los, die sie ansonsten wegwerfen müssten.

Die Lebensmittel können von den Kochgruppen verwendet werden, allerdings steht der «Fair-Teiler» dem ganzen Quartier offen. Der Mittagstisch sei einfach ein geeigneter Standort, sagt Andreas*, der den Kasten bewirtschaftet. So engagiere man sich gegen die Verschwendung von Lebensmitteln, sagt Annabella.

Weil um den Imbiss-Stand so viel los ist – manchmal finden auch noch Abendveranstaltungen statt –, wollen die Anwesenden möglichst lange weitermachen. Zeit dazu bleibt ihnen voraussichtlich noch bis mindestens bis Ende Jahr.

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*Die Besetzerinnen und Besetzer wollen sich nicht namentlich bekannt geben. Ihre Namen wurden daher geändert.

Artikelgeschichte

Geändert am 27.4.15, 14:30: Während diese Lebensmittel den Kochgruppen vorbehalten sind, kann alles was im «Bring und Nimm»-Kasten landet, von Privatpersonen mitgenommen werden.

-> Die Lebensmittel können von den Kochgruppen verwendet werden, allerdings steht der «Fair-Teiler» dem ganzen Quartier offen. Der Mittagstisch sei einfach ein geeigneter Standort, sagt Andreas*, der den Kasten bewirtschaftet.

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