BKW zieht 2019 dem AKW Mühleberg den Stecker

Das Berner Kernkraftwerk Mühleberg (KKM) soll nur noch bis 2019 laufen. Und bis 2035 dürfte es abgebaut und weggeräumt sein. Das hat die Bernische Kraftwerke AG (BKW) beschlossen – und jetzt bekannt gegeben.

Das Kernkraftwerk Mühleberg im Kanton Bern soll frühestens 2035 vollkommen von der Bildfläche verschwunden sein – so lange werden die Abbauarbeiten dauern. (Bild: ALESSANDRO DELLA BELLA)

Das Berner Kernkraftwerk Mühleberg (KKM) soll nur noch bis 2019 laufen. Und bis 2035 dürfte es abgebaut und weggeräumt sein. Das hat die Bernische Kraftwerke AG (BKW) beschlossen – und jetzt bekannt gegeben.

Jetzt steht der Beginn des Schweizer Ausstiegs aus der Kenrkrafttechnologie fest: 2019. «Die BKW hat entschieden, das Kernkraftwerk unter Erfüllung aller Sicherheitsauflagen bis 2019 weiter zu betreiben – und danach vom Netz zu nehmen.» Das sagte der Präsident des BKW-Verwaltungsrates, Urs Gasche, in Bern vor den Medien. Und er betonte, dieser Entscheid sei «definitiv». Die oberste Chefin des BKW-Konzerns, Suzanne Thoma fügte bei, die Entscheidfindung sei «schwierig und langwierig» gewesen. Denn: «Das Kernkraftwerk Mühleberg ist ein wichtiger Teil von dem, was die BKW ausmacht.»

Atomstrom rentiert nicht mehr

Das geht so weit, dass Berner Atomgegner das geflügelte Wort prägten: «Wer AKW sagt, muss auch BKW sagen.» Ab 2019 nun also nicht mehr. Und als Hauptgrund für den Berner Abschied vom Atom nannten Gasche und Thoma die Rentabilität: «Die tiefen Strompreise mit unklaren Aussichten auf eine Erholung erschweren generell Investitionen in Produktionskapazitäten», rechnete Thoma vor. Ausschlaggebend seien «die gegenwärtigen Marktverhältnisse» gewesen, bestätigte Gache: «Der Entscheid, das KKM 2019 vom Netz zu nehmen, erlaubt uns nicht nur eine geordnete Ausserbetriebnahme in Bezug auf unsere Mitarbeitenden im Kernkraftwerk, sondern erleichtert auch die Amortisation der Investitionen in Nachrüstungen.»

Derzeit arbeiten 350 Leute im KKM direkt an der Aare. Und sie werden auch noch nach 2019 viel zu tun haben, wenn das Werk abgebaut werden muss. Vorerst stehen für die letzten sechs Betriebsjahre des Siedewasser-Reaktors, der 1972 ans Netzt ging, und pro Jahr etwa drei Mia kWh Strom liefert, noch Sicherheits-Nachrüstungen an: So etwa eine alternative Kühlwasserversorgung oder Vorkehren für die Nachwärmeabfuhr. Und eine Verstärkung des Wohlenseestaudamms, der gefährlich nahe beim einzigen Berner Atommeiler nur ein paar hundert Meter flussaufwärts liegt. Insgesamt will die BKW noch 200 Millionen in ihr AKW investieren – davon 15 Millionen für zusätzliche Sicherheit.

Noch kein Segen des ENSI

Ob dies den Anforderungen des eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI) genügt, steht noch nicht fest: Die BKW hat zwar für ihr Kernkraftwerk eine unbefristete Betriebsbewilligung. Doch das ENSI hatte schon signalisiert, 2017 dürfte dann atomar in Mühleberg Ende Feuer sein. Jetzt wird das Inspektorat die angekündigte Endzeit und die versprochenen Nachrüstungen neu beurteilen müssen. Den Segen des ENSI für ihren Atom-Ausstiegsfahrplan hat die BKW jedenfalls noch nicht.

Wie die 3 tWh Strom ab 2019 ersetzt werden können, die Mühleberg derzeit jährlich produziert, ist auch noch nicht klar: Man werde Strom aus dem Ausland importieren müssen, sagten Thoma und Gasche dazu (siehe Interview). Das werde auch Strom aus Kernkraft und aus Kohlekraftwerken sein. Innert zehn Jahren könnten jedoch Fotovoltaik und Windkraft die Lücke weitgehend schliessen.

Erst 2035 grüne Wiese an der Aare

Das wäre also so ab dem Jahr 2030. Doch die Überreste des KKM werden dann noch lange nicht verschwunden sein: Der Abbau des Atommeilers werde noch bis «etwa Mitte der Dreissigerjahre» andauern, schätzen die BKW-Verantwortlichen. Es handelt sich dabei zudem in grossen Teilen um leicht bis mittel radioaktives Material. Dafür hat die Schweiz bisher noch kein Endlager gefunden und eingerichtet.

Und der Rückbau bis zum Zustand «grüne Wiese» mit weidenden Kühen drauf, wie dies die Betriebsbewilligung bei allen AKWs verlangt, kostet Geld: BKW-CEO Thoma rechnet jedenfalls mit «mehreren hundert Millionen Franken». Das Geld kommt teils aus Rückstellungen der BKW selber aber auch aus einem gemeinsamen «Stilllegungsfonds» aller Schweizer KKWs. In seiner Energiestrategie bis 2050 rechnet der Bund mit der Abschaltung und dem Abbau auch der jüngeren Schweizer AKWs in Gösgen und Beznau ab etwa 2034.

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