Blaues Wunder

Die Elsässer Imker guckten nach dem Honigschleudern dumm aus der Wäsche: Die klebrige Mass war plötzlich blau.

Honig, oder was? (Bild: Vincent Kessler/Reuters)

Die Elsässer Imker guckten nach dem Honigschleudern dumm aus der Wäsche: Die klebrige Mass war plötzlich blau.

Die Imker im elsässischen Ribeauvillé staunten nicht schlecht. Ihre Bienen produzierten plötzlich blauen Honig. Schokoladenbraunen, roten und grünen kannten sie schon. Dass der Honig in diesem Jahr besonders kräftig gefärbt war, fiel den Imkern schon im Sommer auf. Nur waren sie da noch nicht weiter beunruhigt, blühte doch gerade der «Bienenfreund» (Phacelia), dessen Pollen dunkel sind. Dann aber wurden die Farben immer ungewöhnlicher, wie die Zeitung «L’ Alsace» berichtet. Immer auffallendere Färbungen in den Waben gaben den Imkern zu denken, liessen sie nach einer Erklärung suchen. Sie wussten, dass es die Bienen in diesem feuchten Sommer schwer gehabt hatten, ausreichend Nahrung zu finden. Was aber hatten sie gesammelt?

Des Rätsels Lösung verblüffte dann alle. Der Ursprung des farbigen Honigs liegt in der Mars-Fabrik in Haguenau, die die allseits bekannten M&Ms produziert. Diese hatte ihre Abfälle zur Methanisierungsanlage der Agrivalor in Ribeauvillé gebracht. Dort fanden die Bienen an den süssen Substanzen immer grösseren Gefallen. Das Ergebnis zeigt sich nun in den Honiggläsern der aufgebrachten Imker.

Die Honigproduzenten sind verständlicherweise empört, denn sie können ihre Ware nicht verkaufen. Was immer das auch sein mag in ihren Gläsern, Honig ist es jedenfalls nicht. Agrivalor hat die verführerischen Farbstoffe bereits vorsorglich in eine geschlossene Halle umgelagert. Das Unternehmen ver­sichert, beim Blau handle es sich um Lebensmittelfarbstoffe, und darum sei die blaue, klebrige Masse sehr wohl essbar. 

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Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 12.10.12

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