Christoph Eymann: «Badi-Besucher wollen weder Schnittlauch noch Tofu»

Der Kanton Basel-Stadt hat 2006 einen Vertrag unterzeichnet, der die Basler Badis zum Verkauf von Nestlé-Produkten zwang, wie die TagesWoche aufdeckte. Erziehungsdirektor Christoph Eymann erklärt, weshalb dieser Vertrag für den Kanton gut war.

Christoph Eymann erklärt, weshalb der Exklusivvertrag mit Nestlé eine prima Sache war.

(Bild: Nils Fisch)

Der Kanton Basel-Stadt hat 2006 einen Vertrag unterzeichnet, der die Basler Badis zum Verkauf von Nestlé-Produkten zwang, wie die TagesWoche aufdeckte. Erziehungsdirektor Christoph Eymann erklärt, weshalb dieser Vertrag für den Kanton gut war.

2006/2007 hat das Sportamt Basel-Stadt einen Vertrag mit Nestlé abgeschlossen, der die Badis zum Verkauf von Nestlé-Glace und -Tiefkühlprodukten zwang. Warum hat man diesen Knebelvertrag unterzeichnet?

Ganz einfach: Wir wollten für den Staat mehr Einnahmen generieren, es steckten also wirtschaftliche Überlegungen dahinter. Vor dem Vertrag flossen Rückvergütungen, sogenannte Kickback-Zahlungen, auf unterschiedlichste Weise direkt zu den Pächtern, die bereits vom Departement ausserordentlich vorteilhafte Bedingungen erhielten. Diese doppelte Belohnung, bei der der Staat und letztlich auch der Steuerzahler leer ausgingen, wollten wir ändern. Weiter konnten wir durch diesen Vertrag massiv günstigere Preise erzielen, was dem Kanton zugute kam.

Ehemalige und aktuelle Pächter sagen, dass die Tiefkühlwaren von Nestlé – zum Beispiel Pommes frites – massiv teurer waren als solche von regionalen Produzenten. Warum also hat man die Pächter mit einem Nestlé-Exklusivvertrag derart eingeschränkt?

Diese Information ist falsch. Die klassischen Pommes frites waren in etwa gleich teuer wie bei anderen Anbietern.

Wäre das Erziehungsdepartement (ED) als kantonale Einrichtung mit Vorbildcharakter nicht dazu angehalten, in den eigenen Sportstätten den Verkauf von regionalen, nachhaltig produzierten Waren zu fördern?

Wir sind dazu angehalten, uns marktgerecht zu verhalten. Bestimmend ist hier die Nachfrage des Publikums. Die grosse Mehrheit der Besucherinnen und Besucher von Gartenbädern will weder Schnittlauch noch Tofu, sondern Pommes frites und Bratwürste. Und: In den Gartenbädern möchten die Kunden vor allem preiswert und schnell verpflegt werden.

Die Badi-Gäste wollen vielleicht Pommes frites, aber diese hätte man auch vom Bauern in Füllinsdorf beziehen können. Warum wollte man das den Pächtern nicht offen lassen?

Weil wir dies per Vertrag, der dem Kanton wesentlich bessere Bedingungen brachte, so geregelt hatten.

Wurde die Belieferung der Sportstätten damals ausgeschrieben?

Nein. Der Einkauf, die Verwertung und der Verkauf von Glace und weiteren Tiefkühl- sowie Trockenprodukten stehen nicht im Zusammenhang mit der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe. Somit findet auch das Gesetz vom 20. Mai 1999 über öffentliche Beschaffungen keine Anwendung, welches die Ausschreibungspflicht für Geschäfte regelt, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen.

Einen mehrjährigen Vertrag zu unterzeichnen erscheint im Gastrobereich, in dem sich Lieferanten und Produkte rasch wandeln, wenig sinnvoll. Wie kam das ED dazu, sich für eine so lange Zeit zu verpflichten?

Auf diese Weise konnten wir die besten Bedingungen für den Staat aushandeln.

2007 sprachen Sie von «gerechteren Regeln im Umgang mit Kickback-Zahlungen». Ehemalige und aktuelle Pächter sagen heute, dass sie nicht von Rückvergütungen profitierten und das Geld an das ED floss. Verstehen Sie das unter «gerechteren Regeln»?

Noch einmal: Das Ziel war es, für den Staat bessere Bedingungen zu erzielen. Dabei gingen wir sogar noch weiter und haben gemäss den mir vorliegenden Informationen von unseren Fachpersonen einen Teil der Kickback-Zahlungen den Pächtern vergütet, obwohl wir das gar nicht mussten.

Die Fragen der TagesWoche hat das ED bis dato nicht beantwortet und lediglich eine allgemeine Stellungnahme abgegeben – mit Verweis auf eine Geheimhaltungsklausel im Vertrag mit Nestlé. Ist der gesamte Inhalt der Verträge so geheim, dass die Öffentlichkeit nichts darüber erfahren darf und jedes Detail daraus Betriebsinterna von Nestlé offenlegt?

Das ist nicht die Frage. Die Frage ist, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Ihrem Gesuch um Zugang zum Nestlé-Vertrag gemäss den Bestimmungen des Informations- und Datenschutzgesetzes stattzugeben ist. Diese Frage bildet Gegenstand unserer aktuellen Abklärungen im Rahmen der Gesuchsbeantwortung.

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Die TagesWoche stellte basierend auf dem Öffentlichkeitsgesetz ein Gesuch um Akteneinsicht. Das ED hat den Vertrag mit Nestlé bislang nicht herausgegeben.

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