Der Basler Autor und Journalist Christoph Mangold ist in seinem 75. Lebensjahr gestorben. Einen Namen machte er sich mit seinen engagierten Porträts von Menschen und Organisationen, die nicht im Rampenlicht stehen.
Sie gehören zu unserem Journalistenalltag. Die Menschen, die mit ihren grossen Problemen, die wir nicht so richtig nachvollziehen können, an die Öffentlichkeit treten wollen und deshalb an uns herantreten. Die wir vielleicht allzu rasch mit Bezug auf Kleists Novelle über den unauaufhaltsam und selbstzerstörerisch auf sein Recht pochenden Querulanten «Michael Kolhaas» beiseite schieben.
Christoph Mangold war anders. Er war ein Kollege, der diesen Menschen zuhörte und ihre Probleme einfühlsam, aber auch mit der gebotenen Distanz beschrieb. Das Schicksal des selbsternannten Wissenschaftlers vor dem Mietgericht zum Beispiel oder die Frau, die mitsamt ihrer Katze Opfer parapsychologischer Vorgänge wurde. Die entsprechenden Rubriken, die er in der «Basler Zeitung» betreute, hiessen «Menschen stossen auf Unverständnis» oder «Fremde in Basel – Basler in der Fremde».
Jenseits der Schickimicki-Welt
In einem Interview mit der «Aargauer Zeitung» sagte Mangold einmal: «Es hatte sich in meiner journalistischen Arbeit auf der Redaktion eingebürgert, dass ich jener bin, der die Geschichten über Nicht-Schickimicki-Leute schreibt. Also nicht über Glanz und Gloria.»
Mangold schrieb über das Jubiläum der Union Schweizerischer Kehlkopflosen-Vereinigungen, über die Generalversammlung der Schweizerischen Vereinigung der Gelähmten, über den 100. Geburtstag des Chors der Eisenbahner-Sängervereinigung Basel und Jahr für Jahr über die Basler Kundenweihnacht, wie die Weihnachtsfeier des CVJM für randständige Menschen und solche ohne Familienanschluss genannt wird.
Er beschrieb diese Anlässe, die nicht zuoberst auf der politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Traktandenliste standen, so, als ob sie es doch wären: nämlich Interesse erweckend. Es gibt in der Basler Medienlandschaft niemanden, der in diese Fussstapfen getreten ist.
Romanautor und Lyriker
Christoph Mangold, der vor seiner Zeit auf der Redaktion der «Basler Zeitung» für die «Nationalzeitung» schrieb, hat auch als Autor von Romanen und Erzählungen sowie als Lyriker seine Spuren hinterlassen. Sein Erstlingswerk «Manöver. Ein kleiner Roman» ist 1962 beim renommierten deutschen Rowolth-Verlag erschienen, der damals kaum Schweizer Autoren im Programm hatte.
Mangold, der zuletzt in Basel und Kroatien lebte und Mitglied in der Partei der Arbeit war, bleibt aber auch als auffällige Erscheinung in Erinnerung. Einer, der praktisch das ganze Jahr hindurch im Rhein schwimmen ging. Und den man mit seinem unverwechselbaren Bart in der Stadt, stets aufrecht auf seinem alten Velo sitzend und das ganz normale Stadtleben beobachtend, immer wieder begegnete.
«Aufsteigen, weiterfahren …»
In der «Basler Zeitung» schrieb er vor fast 20 Jahren in einem Text mit dem Titel «Velostadt Basel»: «Und wünsche mir doch einzig, so bescheiden bin ich in dieser Stadt geworden: Einmal noch und wieder, vor meinem hiesigen Ableben, auf dem Zweirad, warum nicht gar freihändig, durch die Gerbergasse fahren, absteigen, einkaufen, aufsteigen zu dürfen, weiter, über den Rümelinsplatz, durch die Steinenvorstadt, absteigen, ins Kino gehen, Café trinken, aufsteigen, weiterfahren.»
Ich weiss nicht, ob er diesem Wunsch (allerdings, ohne es zu dürfen) noch nachgekommen ist. Christoph Mangold, der Chronist der Unverstandenen, der Menschen am Rand der Gesellschaft und Ereignisse, die nicht im politischen und gesellschaftlichen Rampenlicht stehen, der velofahrende Stadtbeobachter, ist in seinem 75. Lebensjahr gestorben.