Das Begehlager – eine Schatztruhe des Schweizer Sports

Das Sportmuseum Schweiz glänzte lange nur mit auswärtigen Sonderausstellungen, der eigene Standort dagegen glich einem Trauerspiel. Damit ist jetzt Schluss, pünktlich zur Museumsnacht präsentiert sich das Begehlager in neuer Pracht. Wir stellen es in drei Halbzeiten vor.

(Bild: Alexander Preobrajenski)

Das Sportmuseum Schweiz glänzte lange nur mit auswärtigen Sonderausstellungen, der eigene Standort dagegen glich einem Trauerspiel. Damit ist jetzt Schluss, pünktlich zur Museumsnacht präsentiert sich das Begehlager in neuer Pracht. Wie es sich gehört, stellen wir es vom Sport beseelt vor.

Prolog

Sport, so argumentieren viele, verfügt als eine der letzten gesellschaftlichen Anlässe über Real-Time-Relevanz. Das Fernsehen misst dies an den Einschaltquoten, der Fan am dunklen Grollen im Magen, wenn er sein Skirennen, sein Fussballmatch verpasst. Sport verfügt live über eine ungleich höhere Anziehungskraft, als in Form von Tabellen oder Vitrinen.

Und trotzdem dürsten Sportfans nach Vermittlung und Austausch. Vermittlung über Text, Bild und Ambiente, die ihnen den Austausch mit Gleichgesinnten ermöglicht. Darum wird hier in Text und Bild das Ambiente eines Ortes vermittelt, der sich die Förderung dieses Austauschs auf die Fahne geschrieben hat: Das Sportmuseum Schweiz.

Anpfiff

Thilo Mangold sitzt entspannt am Schreibtisch in seiner neuen Arena. Vier Jahre haben er und sein Team auf diesen Moment hin trainiert, am Freitag ist es endlich soweit. An der Museumsnacht präsentiert das Sportmuseum Schweiz sein neues Begehlager der Öffentlichkeit. Endlich Heimspiel.

Dabei befindet sich das Museum schon seit 2011 an seiner neuen Adresse, aufgrund der aufwändigen Einrichtungsarbeiten trafen Besucher aber meistens auf unbespielbares Terrain. Das Museum glich mehr einer Baustelle, Vitrinen: Fehlanzeige. «Ein klassisches Museum werden wir auch nach der Eröffnung des neuen Begehlagers nicht sein», Thilo Mangold, «aber jetzt sind wir endlich bereit, Gäste zu empfangen.»

«Ein klassisches Museum werden wir nicht sein»,

Thilo Mangold, Leiter Begehlager Sportmuseum Schweiz

Entscheidend verändert wurde die Eingangshalle des Lagers. Neu hat es hier Platz zum Atmen, auf einigen rustikalen Sockeln präsentiert das Heimteam die edelsten Stuten im Stall. Da ist zum Beispiel der legendäre Helm von Didier Cuche, das Snowboard von Oympiasieger Gian Simmen oder ein Racket von Roger Federer. Und ja: Eine richtige Stute ist auch da, es ist ein Traningsgerät, auf dem angehende Rekruten Ende des 18. Jahrhunderts das Voltigieren übten.



Sportives Schmuckstück aus dem Süddeuschen Raum. Rekruten übten daran Ende des 18. Jahrhunderts das Voltigieren.

Sportives Schmuckstück aus dem Süddeuschen Raum. Rekruten übten daran Ende des 18. Jahrhunderts das Voltigieren. (Bild: Alexander Preobrajenski)

Die zweite Hälfte dieser Eingangshalle widmet das Begehlager der neuen Sonderausstellung Retrospektive 45, die das 70. Jubiläumsjahr des Sportmuseums Schweiz einläutet. Hier haben Besucher die Möglichkeit, ihre eigene Ausstellung zu kuratieren. Zur Auswahl stehen schräge Bilder oder lustige Sportannoncen, alles Highlights aus der 150’000 Objekte umfassenden Sammlung des Museums.



Benedikt Wyss zeichnet für die Sonderausstellung «Retrospective 45» verantwortlich. Sie lädt die Besucher dazu ein, ihre eigene Ausstellung zu kuratieren.

Benedikt Wyss zeichnet für die Sonderausstellung Retrospective 45 verantwortlich. Sie lädt die Besucher dazu ein, ihre eigene Ausstellung zu kuratieren. (Bild: Alexander Preobrajenski)

Die Bilder können willkürlich arrangiert und anschliessend mit Titeln versehen werden. Wer also den legendären Käseanzug von Paul Accola schon immer einmal als «hässlichsten Ganzkörperkondom aller Zeiten» betiteln wollte, ist hier an der richtigen Adresse. Anschliessend dürfen die parajournalistischen Erzeugnisse fotografiert und eingesendet werden, alle Vorschläge werden mit Vergünstigungen für den Museumsshop prämiert.

Die Schweizer Ski-Cracks Paul Accola (links) und Franz Heinzer bei der Präsentation der neuen Dresses im Käse-Look (aufgenommen am 28. September 1992).

Die Schweizer Ski-Cracks Paul Accola (links) und Franz Heinzer bei der Präsentation der neuen Dresses im Käse-Look (aufgenommen am 28. September 1992). (Bild: Alexander Preobrajenski)

Halbzeit

Das Sportmuseum stellt sich diesem Schlagabtausch mit den Gästen, bevor diese zur Halbzeit in die Katakomben entlassen werden. Hier befindet sich der namensgebende Bereich des Museum, das Begehlager. Und weil die Halbzeit der Erholung dienen soll, lassen wir an dieser Stelle Bilder anstatt Worte sprechen:




(Bild: Alexander Preobrajenski)




(Bild: Alexander Preobrajenski)




(Bild: Alexander Preobrajenski)




(Bild: Alexander Preobrajenski)

Aus diesem schier unerschöpflichen Fundus bedient sich das Museum jeweils, wenn es sich auswärts auf Sonderausstellungen präsentiert. Hier im Lager stapeln sich antike Skis, Fährräder und sogar ein Heissluftballon, die Besucher sind eingeladen sich selbst durch die Sammlung zu navigieren. In einem Punkt orientiert sich das Sportmuseum dann aber doch wieder an der Konvention: Anfassen ist verboten.

Schlusspfiff

Mit dem neuen Konzept dürfte das Sportmuseum ab Freitag (16. Januar) weit mehr als die bisher 3500 Besucher pro Jahr generieren. Nicht zuletzt darum, weil auch die umfassende Bibliothek des Museums (Artikel, Bilder, Auszeichnungen, Diplome, Urkunden) im elektronischen Verzeichnis der Universitätsbibliotheken Basel und Bern (IDS) erfasst werden wird.

Insbesondere für Sportstudierende und Journalisten erschliessen sich damit wertvolle Informationsquellen, aber auch die wahren Spezialisten des Sports, die Fans, haben hier die Möglichkeit, erlesene Informationen wie die Haarfarbe des Schweizer Schachmeisters von 1953 zu recherchieren.

Als einzige Hürde könnte sich für das Sportmuseum die Distanz zum Stadtzentrum erweisen. Für Hartgesottene ist die Adresse bei lockerem Walking in 25 Minuten zu erreichen. Alle anderen sind mit der Tram Nr. 16, oder dem Bus Nr. 36 gut beraten (Haltestelle Leimgrubenweg).

3. Halbzeit

Ja, das Begehlager betreibt an der Museumsnacht auch eine Bar.

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Impressionen von der Eröffnung des Schweizer Sportmuseums 2011 mit viel Schweizer Sportprominenz:

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Adresse Begehlager Sportmuseum Schweiz: Reinacherstrasse 1, 4142 Münchenstein. Das Begehlager kann nach der Museumsnacht jeweils Mittwochs und Freitags von 14:00 bis 17:00 besucht werden. Führungen sind jederzeit möglich. Preise: 8 Franken (4 Franken reduziert).

Alles zur Museumsnacht 2015 in der Übersicht.

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