Der Grosse Rat debattiert am Mittwoch über den Claraturm am Messeplatz. Das Geschäft ist unbestritten und die Warteckhäuser werden wohl abgerissen. Besonders traurig ist ein Gast aus dem Laufental.
Ein Espresso und der «Blick». Der Mann sitzt allein am Tisch, noch ist es ruhig im Restaurant «zum Wurzengraber». Auch die Angestellten der benachbarten Beizen stehen an der Tür und warten auf Gäste. Und die werden kommen, bald ist Mittag und die Tische sind bereits gedeckt. Sie kommen immer, die Gäste. Derzeit gerade Standbauer der «Art». Es wird das letzte Mal sein.
Der Mann mit dem Espresso ist vom Laufental hierher gekommen. Er ist Lebensmittellieferant und es gehört zu seinem Job, Beizen zu beliefern. Und er ist ein Fan des «Wurzengrabers». Sässe er im Grossen Rat, würde er gegen den geplanten Claraturm stimmen, für den die Warteck-Häuser am Riehenring abgerissen werden müssen. Aber er sitzt nicht im Grossen Rat, sondern im Landrat: Georges Thüring politisiert dort für die SVP. Und wie es sich für ein Mitglied dieser Fraktion gehört, mag er die urchige Atmosphäre in Beizen wie dieser. «Da lebt noch die Tradition!», sagt er.
Verlust der Geselligkeit
Sorge wegen seines Geschäfts mache er sich keine: «Die Leute essen auch irgendwo, wenn die Warteckhäuser nicht mehr stehen», sagt er. Ausserdem sei er froh, dass die «Wurzengraber»-Wirtin Franziska Wolf bereits ein anderes Lokal gefunden habe. Gegenüber der BaZ zeigte diese vor einigen Jahren gar Verständnis für den geplanten Abbriss:«Es wurde kaum je etwas renoviert. Das Haus ist mit seinen 158 Jahren einfach zu alt», sagte sie 2009.
So ist das Bundesgericht damals auch nicht auf die Forderung von Heimatschutz und Denkmalpflege eingetreten, das «Alte Warteck» unter Denkmalschutz zu stellen. Ähnlich wie Franziska Wolf klingen andere Menschen, die in den Beizen arbeiten. Nostalgisch sind vor allem die Gäste. Sie argumentieren wie Georges Thüring: «Es geht ein Stück Geselligkeit verloren.» Die Gäste würden sich nicht alle an einem neuen Ort treffen, wenn die Beizen nicht mehr sind – sondern sich verzetteln.
Der Turm zur Messe
Trotz Nostalgie und der spannenden Geschichte rund um die ehemaligen Brauereien in den Warteck-Häuser ist für die meisten Basler Politiker klar: Die Häuser müssen weg, ein Neubau muss her. Und zwar ein Turm, 96 Meter hoch mit 170 Wohnungen, Büros, Beizen. Seit einigen Tagen hängt die Baupublikation für den Abbruch der Häuserzeile an einer Liegenschaft. Und wenn der Grosse Rat am Mittwoch wie bereits in der Vorberatung Ja zum Claraturm sagt, steht dem Hochhaus-Projekt nichts mehr im Wege.
Die Beizer am Riehenring erleben dieser Tage das letzte Aufbäumen: Einen Event wie die «Art», die in gut einer Woche beginnt, werden sie hier nicht mehr erleben. Und Georges Thüring wird seinen Espresso künftig anderswo trinken.