Die eine hat den grössten Teil ihres Lebens hinter sich, die andere steht noch ganz am Anfang. Ein Gespräch zwischen Grossmutter und Enkelin.
Du kannst es ja versuchen, sagte meine Tochter, als ich ihr erzählte, dass ich mit Lola über den Sinn des Lebens reden möchte. Aber sie bezweifle, dass dabei etwas Brauchbares rauskomme. Lola sei doch erst fünf und dazu noch eine ausgesprochen verspielte Fünfjährige. Sie hüpfe von Thema zu Thema und plappere drauflos, auch wenn es absolut keinen Sinn ergebe. Den Versuch, fand ich, sollte es wert sein. Schliesslich heisst es, Philosophie sei das Fragen und die Suche nach Antworten. Und darin sind Kinder ungeschlagene Meister.
Lola, weshalb bist du auf der Welt?
Weil die Sämli vom Papi zum Mami geschwommen sind. Und aus diesem Sämli hat es mich gegeben. Dann bin ich im Bauch vom Mami gewachsen und gewachsen.
Und dann?
Ich wollte eigentlich nicht aus dem Bauch rauskommen. Es war so kuschelig im Mami drin.
Weisst du das denn noch?
Sicher schon.
Weshalb bist du denn trotzdem rausgekommen?
Ja, weil das Mami eben mehr gedrückt hat als ich.
Und jetzt gefällts dir auf der Welt?
Jaja.
Was machst du gerne?
Gumpen, auf dem Trampolin. Weil da kommt immer so ein Schrei aus mir raus, das finde ich lustig. Und einmal durfte ich in die Werkstatt vom Papi, da durfte ich an den Compi, und dann habe ich für meinen Hund (red. Anmerkung: ein Plüschhund) eine Schaukel gebaut, und dann durfte ich mit dem Papi auf dem Töff nach Hause fahren.
Was gefällt dir nicht?
Wenn ich Angst habe.
Was macht dir denn Angst?
Manchmal habe ich eben so böse Träume. Von einem Geist, der reden kann, und Papi will ihn fangen. Oder einmal habe ich geträumt, dass eine Schlange Max beissen will.
Wer ist Max?
Einer aus der Krippe. Und Zora auch. Die sagt immer: Bhüetis nei au! Gell, das ist lustig.
Ja, das ist lustig. Weisst du, was du einmal werden möchtest, wenn du gross bist?
Ich bin Lola.
Ja, das weiss ich, aber wenn du einmal gross bist?
Es gibt nämlich ganz verschiedene Menschen, braune, gelbe, ich bin zum Beispiel ein heller Mensch.
Ja. Und wenn du eine Frau bist, wie möchtest du sein?
Ich möchte eine gute Frau sein, Brüstli möchte ich auch, aber Höörli nicht. Ich möchte Bauernfrau sein. Da kann man einen Garten haben, mit Giraffen und Hasen und so. Dann kann ich im Garten schaffen und Tiere füttern. Weisst du, welche Nummer die Feuerwehr hat?
Nein, grad nicht.
118, das haben wir nämlich jetzt im Kindsgi gelernt.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 28.12.12