In Proben der Deponie sind laut der «Allianz Deponien Muttenz» krebserregende Gifte gefunden worden. Die verantwortlichen Firmen hätten dies jedoch verschwiegen. Der Verband fordert nun erneut eine umgehende Sanierung.
Die Vorwürfe der «Allianz Deponien Muttenz» (ADM), ein Zusammenschluss von linken und umweltpolitischen Organisationen und Parteien, sind happig: BASF, Novartis und Syngenta wollten bei der Feldrebengrube lediglich eine Billigsanierung durchführen. Die Konzerne versuchten, von giftigen Substanzen im Grundwasser abzulenken. Sie verschwiegen zudem, dass die Konzentrationen dieser Gifte gesetzliche Grenzwerte überschritten, die dieselben Konzerne sehr wohl gekannt hätten. Denn gemäss der Altlastenverordnung des Bundes mussten sie diese im Zusammenhang mit Sanierungsarbeiten an einer Deponie in Monthey (VS) selber festlegen lassen.
Als Beleg dafür macht die ADM unter anderem einen Bericht publik, den ein Ingenieurbüro im Auftrag von BASF erstellt hat. Das 37 Seite starke Dokument äussert sich nur sehr zurückhaltend zur Option «Mulde ausheben». Es setzt zudem grosse Fragezeichen hinter die Vorgabe des Kantons, die Grube müsse bis in 50 Jahren soweit sein, dass sie sich selber überlassen werden könne. Möglicherweise sei die Verschmutzung des Bodens so gross, «dass das Sanierungsziel innerhalb von zwei Generationen nicht erreicht werden kann.» Darum sei die Sanierung als längerer Prozess zu verstehen und man müsse sich «auf diese Dauer» einstellen.
Deponie soll vollständig ausgehoben werden
Für die ADM ist dies keine Option. Sie will die tausenden von Tonnen Giftmüll nicht den kommenden Generationen überlassen. Hanspeter Meier, Co-Präsident der ADM und SP-Vertreter aus Muttenz fordert darum eine «rasche und vollständige Sanierung der Muttenzer Altdeponie Feldreben». Das heisst: Sie muss vollständig ausgehoben werden, auch wenn das die verantwortliche Industrie mehrere hundert Millionen kosten wird.
Meiers Forderung schliesst sich auch die Basler Grossrätin Mirjam Ballmer vom Grünen Bündnis an: «Es braucht bei der Feldrebengrube eine Sanierung, die die Gefährdung der Basler Trinkwasserversorgung ausschliesst, soweit das irgendwie menschenmöglich ist.»
Martin Forter, von der ADM zugezogener Altlasten-Experte, liest das BASF-Dokument so, dass für die Feldrebengrube seitens der verantwortlichen Chemiekonzerne lediglich eine Grundwassersanierung geplant sei. Aber kein vollständiger Aushub der Grube, in der noch immer tausende von Tonnen Giftmüll lagern und in den Untergrund sickern.
Er stört sich besonders daran, dass Ciba-Nachfolgerin BASF und Syngenta Wissen unter Verschluss halten, das die Konzerne bezüglich Chemiemüllgiften bei der Sanierung einer Mulde im Walliser Monthey bereits erarbeitet haben. Dort stellten chemische Analysen krebserregende Stoffe im Grundwasser fest, für die in der Altlastenverordnung des Bundes noch keine Grenzwerte festgelegt sind. Darum waren die Chemiekonzerne nach den Funden in Monthey gezwungen, auf eigene Kosten Grenzwerte herleiten zu lassen nach dem gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren.
Dieselben Gifte wie in Monthey sind auch in Grundwasserproben unter der Muttenzer Feldrebengrube zu finden. Ihre Konzentrationen überschreiten hier die Grenzwerte deutlich.
Gesamtschau fehlt
Die ADM leitet daraus die Forderung ab, dass die Sanierungsvorgaben angepasst werden müssten. Sie sollen sich «an der tatsächlichen Belastung des Grundwassers bei der Feldrebengrube» orientieren und auch die «extremen Risiko-Substanzen» einschliessen, für die die Chemiekonzerne im Fall Monthey Grenzwerte herleiten und einhalten mussten.
Der Genfer Geologieprofessors Walter Wildi, ebenfalls von der ADM beigezogen, kritisiert insbesondere, dass keine aktuelle, wirklich umfassende Gesamtschau zu den Fels- und Wasserverhältnissen zwischen Muttenz und dem gegenüberliegenden Grenzach existiere. «Die so genannten Sanierungsmassnahmen sehen nur vor, den Fels bis in 35 Meter Tiefe auszuwaschen», stellt Wildi fest. Tatsächlich seien aber Schadstoffe bis an den Fuss der tiefsten Bohrungen zu finden. «Eigentlich im Wasser schlecht lösliches DDT hat man bis in 70 Meter Tiefe gefunden!»
Wildi kommt zum Schluss, dass es mit grosser Wahrscheinlichkeit eine unterirdische Wasserverbindung gibt zwischen der Region Muttenz nach Norden unter dem Hardwald hindurch bis in die Gegend, wo das Basler Trinkwasser aus dem Boden gepumpt wird. Es handelt sich nach Wildis Einschätzungen um Wasser, das in Karsthöhlen und -gängen tief im Fels unter dem Rheinschotter fliesst. «Darum ist es möglich, dass die Schadstoffe, die man im Basler Trinkwasser misst, aus diesen Deponien stammen.»
Amt für Umwelt und Energie will Thesen prüfen
Als Sanierungsmassnahme sieht Wildi das, was auch die ADM fordert: dass die Deponie vollständig ausgehoben wird. Er bringt auch die Grundsatzfrage auf den Tisch: «Einmal mehr muss man sich fragen, ob die Grundwasserversorgung von Basel wirklich am richtigen Ort befindet…»
Alberto Isenburg, Leiter des Basellandschaftlichen Amtes für Umwelt und Energie, versprach gegenüber der TagesWoche, die Unterlagen und Thesen der ADM zu prüfen. Den BASF-Bericht zum Thema Feldrebengrube, den die ADM heute vorab publik machte, habe sein Amt von den Projektverantwortlichen noch nicht erhalten. Danach würde sein Amt als Aufsichtsbehörde, zusammen mit dem Bundesamt für Umwelt, zur vorgeschlagenen Sanierungsvariante und zu den Thesen der ADM Stellung nehmen. Und dann die definitiven Sanierungsziele verfügen.