Der Anwalt alter Gebäude

Wenn es um die Restaurierung alter Häuser im Baselbiet geht, ist Stefan Buess allererste Adresse. Der Restaurator rettet Bausubstanz, die andere schon abgeschrieben haben. Nun hat er sich sein eigenes Denkmal gesetzt.

(Bild: Lucas Huber)

Wenn es um die Restaurierung alter Häuser im Baselbiet geht, ist Stefan Buess allererste Adresse. Der Restaurator und Dekorationsmaler rettet Bausubstanz, die andere schon abgeschrieben haben. Nun hat er sich sein eigenes Denkmal gesetzt.

Stefan Buess ist kein Mann der lauten Töne. Und sich selbst sieht er nur ungern im Mittelpunkt. Da zieht er schon die Sache vor. Und die hat es in sich, im wahrsten Sinn des Wortes. Bei Buess, der Restaurator ist und Dekorationsmaler, der die Kunst der Illusionsmalerei beherrscht und Historisches zu konservieren versteht, geht es um Häuser. Historische Häuser, gewöhnlich denkmalgeschützt und sanierungsbedürftig.

Das Hotel Dreikönig in Basel war so eines, auch die Schlösser Ebenrain und Wildenstein, die Sternwarte Zürich. In ihnen hat Buess mit seinem Team restauriert. Gerade das «Dreikönig», erinnert er sich, sei eine zünftige Herausforderung gewesen, über eineinhalb Jahre arbeitete er hier fast Tag und Nacht, erstellte Holzimitationen, rekonstruierte Tapeten und machte 3000 Quadratmeter Marmorierungen von Hand. «Da entsteht schon eine ziemlich innige Beziehung zum Objekt.»

So eine innige Beziehung hat er auch zum sogenannten Hemmig-Haus in Gelterkinden entwickelt. Buess, Inhaber der Malerei Buess AG in Gelterkinden, hat das 1564 gebaute Bauernhaus gekauft und nach und nach restauriert. Die Denkmalpflege ist begeistert, denn Buess hat ein Maximum an Installationen erhalten. Er hat 200-jährige Tapetenschichten aus der Versenkung geborgen und den Holzboden von 1850 von Schichten von Gips, Linoleum, Spanplatten und Spannteppich befreit.




1904 erhielt das Hemmig-Haus Strom, heute sind noch einige Schalter von damals in Betrieb – dank Stefan Buess. (Bild: Lucas Huber)

Im Hof stand einst der Saustall, in dem sich die Toilette befand. Er hat ihn abgerissen, einer dieser Kompromisse, die man eingehen muss, denn Baudenkmäler, sagt er, hätten nur Überlebenschancen, wenn sie auch genutzt würden. Den Ökonomieteil hat er zu einem Loft um- und den Estrich zu Wohnraum ausgebaut.

Von den Vorbesitzern erhielt er Handwerkerrechnungen. 1904, ist verbrieft, wurde das Hemmig-Haus elektrifiziert. Viele der damals installierten Schalter regeln hier noch heute die Beleuchtung. «Es hätte einfachere und auch günstigere Wege gegeben.» Doch das ist nicht Stefan Buess‘ Art. Denn wenn es um historische Bausubstanz geht, macht er keine Kompromisse. «Es tut mir wahnsinnig weh, wenn ein historisches Haus aus Unkenntnis oder finanziellen Gründen zerstört wird.» Das macht ihn zu einem Anwalt alter Gebäude.

Als solchen betitelt sich Buess denn auch in einem Zwischensatz und seiner zurückhaltenden Art. Darum spricht er jetzt lieber über das Team, sechs Angestellte hat er, zwei sind studierte Restauratoren, ausgebildet in Bern und Brüssel. «Wir ergänzen uns optimal, anders wäre unsere Arbeit gar nicht möglich.»




Entstehen soll nicht ein Disneyland, sondern die alte Schönheit. (Bild: Lucas Huber)

Und diese Arbeit hat sich verändert. Früher, sagt Buess, sei vorwiegend übermalt worden, «es sollte aussehen wie einst.» Heute erhalte man den Wert, indem man reinige, konserviere und wo nötig restauriere. «Unser Ziel ist, möglichst viel von der Substanz zu erhalten, kein Disneyland. Baudenkmäler leben von den Details, sie machen den Charakter aus und erzählen Geschichten. Die spürt auch der Laie.»

Darum ist er auch erste Adresse bei der kantonalen Denkmalpflege. Braucht sie einen Restaurator für eines ihrer rund 700 Objekte, klingelt es bei der Malerei Buess AG, Familienunternehmen in dritter Generation.

Das Hemmig-Haus ist punkto Bausubstanz eines der am besten erhaltenen historischen Bauernhäuser im Baselland. Noch stehen letzte Handgriffe an. Doch Stefan Buess will die beiden Wohnungen im Haus noch in diesem Jahr vermieten. Vergangenes Wochenende hatte er schon mal zum Tag der offenen Tür geladen, das Haus war zum Bersten voll.

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