Mit dem Geld und dem Einfluss des reichsten Landes der Erde kontrolliert der Katarer Nasser Al-Khelaifi (43) einen grossen Einzugsbereich im internationalen Sport. Wenn der Besitzer von Paris St-Germain und Verantwortliche des TV-Senders BeIN Sports auch noch zum Präsidenten des Tennis-Weltverbandes aufstiege, würde sich niemand wundern.
Seinen Namen kennen nur die wenigsten in Europa. Aber seine Macht und seine Milliarden bekommen die Sportfreunde gerade in diesen Tagen empfindlich zu spüren. Nasser Al-Khelaifi, so etwas wie der Statthalter des Emirats Katars in der Alten Welt, sorgt zum Jahresbeginn für Gesprächsstoff. Als Chef des Pariser Traditionsklubs St-Germain verpflichtete er soeben den deutschen Nationalspieler Julian Draxler in sein hochdotiertes Ensemble. 36 Millionen Euro, so die konservativen Schätzungen, soll PSG der Transfer des launischen Talents wert gewesen sein.
Und als CEO der immer einflussreicheren Senderkette «BeIN Sports» ist auch der erfolglose Rechtepoker um die Übertragungen von der Handball-WM mit Al-Khelaifis Namen verbunden. Kein deutscher TV-Kanal war zuletzt bereit, die hochgeschraubten Forderungen des katarischen Lizenzbesitzers zu erfüllen. So bleibt die klassische Mattscheibe dunkel – frustrierend für die Handballfans, nicht übermässig frustrierend für BeIN Sports, das zwar auch nach maximalem Profit strebt. Aber nicht in jedem Einzelfall profitabel sein muss.
Al-Khelaifi war früher mal ein sehr ordentlicher Tennisspieler, er hatte den Sport auch – anders als sein Kumpel Tamim – als Karriereperspektive im Kopf. Der brennende Ehrgeiz trug ihn sogar unter die ersten 1000 der Weltrangliste und ins Hauptfeld einiger Tourwettbewerbe. Mit Boris Becker durfte der heutige Big Spender trainieren, im letzten Jahr begrüsste er den dreimaligen Wimbledon-Champion überschwänglich zurück in Doha, als Trainer von Djokovic.
Als der damalige Kronprinz Tamim um die Jahrhundertwende einen Chef für Qatar Sports Invest suchte, den sportlichen Arm des nationalen Investmentfonds, fiel die Wahl keineswegs überraschend auf den smarten Nasser. Dessen Tennis-Laufbahn war damit zwar beendet, doch die eigentliche Karriere begann nun erst, der bislang ungebremste Weg eines Mannes, der an vielen wichtigen Schalthebeln im internationalen Sportbusiness sitzt. Eine Karriere aber auch, von der man nicht unbedingt weiss, wie und wo sie weitergehen wird.
Der Druck bei PSG wächst
Besonders als Boss von Paris St-Germain, des katarischen Prestigeprojekts, steht Al-Khelaifi unter Erfolgsdruck. Als PSG in der letzten Saison wieder einmal vorzeitig in der Champions League scheiterte, entliess der Boss, den «L’Équipe» den «mächtigsten Mann im französischen Fussball» nennt, im Sommer Coach Laurent Blanc.
Nationale Meisterschaften sind längst nicht mehr gut genug für Emir Tamim und seinen Abgesandten Nasser, umso unbefriedigender, dass PSG in der laufenden Serie auf Platz 3 hinter Lucien Favres Nizza und AS Monaco rangiert. «Draxler wird jetzt eine wichtige Verstärkung für uns», sagt Al-Khelaifi, der selbst Probleme bekommen könnte, wenn trotz aller Investitionen weder daheim in Frankreich noch in der Champions League Zählbares herausspringt.
Das Imperium wächst und mit ihm Al-Khelaifi
Al-Khelaifi hat sowieso noch ganz andere Pläne. BeIN Sports, der Nachfolger des Senders Al Jazeera Sport, soll nach seinem Willen zu einem globalen TV-Imperium aufsteigen, das über alle wichtigen Rechte verfügt und mit ihnen Handel betreibt. Auch Fussball-Weltmeisterschaften und Olympische Spiele hat Big Spender Al-Khelaifi dabei im Blick – wobei er selbst mit dem heiklen Thema der Ausrichtung der 2022er-WM daheim in Katar bisher nur am Rande befasst ist.
Was er zu dem Titelkampf und den Diskussionen darum zu sagen hat, klingt staatstragend offiziell: «Alle Gesetze und Regeln werden hier eingehalten.» Derweil strebt Al-Khelaifi diskret auch nach einer Berufung in diesen oder jenen Tennis-Funktionärsposten. Chef ist er natürlich in Katars Verband, Vizepräsident schon in der Asiatischen Föderation, aber wer weiss, ob er nicht einmal in mittlerer Zukunft sogar als Boss des Weltverbands grüsst.