Der Kampf um die Römerstadt

Es ist eine Schande, wie das Baselbiet mit seinen wichtigsten Kulturschätzen umgeht, sagen die Freunde von Augusta Raurica und fordern ein neues Sammlungszentrum. Das wäre ein unnötiger Luxus, halten SVP und FDP dagegen. Ein «Palast für tote Steine». Der Abstimmungskampf ist seit heute eröffnet.

Es ist eine Schande, wie das Baselbiet mit seinen wichtigsten Kulturschätzen umgeht, sagen die Freunde von Augusta Raurica und fordern ein neues Sammlungszentrum. Das wäre ein unnötiger Luxus, halten SVP und FDP dagegen. Ein «Palast für tote Steine». Der Abstimmungskampf ist seit heute eröffnet.

So ungemütlich war eine Presseorientierung im Baselbiet schon lange nicht mehr wie jene des Komitees «Ja zu Augusta Raurica». Die Journalisten wurden in einen Geräteschuppen bestellt, wo sie auf alten, verblichenen Holzbänken Platz nehmen mussten, neben dreckigen Rasenmähern und unter einer abblätternden Decke.

«Da sieht man auf den ersten Blick, wie bedenklich hier die Umstände sind», stellte Christine Gorrengourt (CVP) bei der Begrüssung zufrieden fest. Nicht ganz glücklich war sie nur mit dem Wetter: «Schade, dass es nicht regnet.» Sonst wäre man in dem alten Schuppen wahrscheinlich auch noch nass geworden.

Die katastrophalen Zustände in den Büros, Depots, Archiven und Materialräumen der Römerstadt, das war das eine grosse Thema bei der Lancierung des Abstimmungskampfes für die Planung eines neuen Sammlungszentrums in Augusta Raurica.

Das andere grosse Thema war die Bedeutung, welche die Römerstadt hat. «Baselland ist wahrscheinlich der unbekannteste Kanton. In der Schweiz kennt man höchstens die Kaserne in Liestal – oder eben: Augusta Raurica», sagte alt Regierungsrat Andreas Koellreuter (FDP). Diese Erfahrung habe er in seiner Zeit als Regierungsrat immer wieder gemacht.

Augusta Raurica, das ist der «Leuchtturm des Baselbiets». Das jedenfalls sagten nicht nur Koellreuter und Gorrengourt, sondern alle an dieser Pressekonferenz.

Aber eben. Diese Zustände!

«Ein Skandal»

Am deutlichsten beschrieben wurden sie von Georges Thüring, ausgerechnet von ihm, dem wahrscheinlich einzigen SVPler seit Gründung von Augusta Raurica 44 vor Christi Geburt, der ein neues Sammlungszentrum nicht für einen unnötigen Luxus hält.

Die Zustände seien «schockierend», sagt er. Seit Jahren werde in Augusta Raurica in baufälligen Containern gearbeitet. «Die sind undicht und unbeheizt. Es hat Mäuse, Ratten und Schimmel!», sagte Thüring. Eigentlich ein Wunder, dass das Kiga diese gesetzeswidrigen Arbeitsstätten nicht längst dicht gemacht habe. Oder eben: ein Skandal.

Inhaltlich ähnlich, im Ton aber deutlich zurückhaltender, drückte sich danach SP-Landrat Ruedi Brassel aus. Hier, in diesem Boden lägen die Fundamente unsere Zivilisation, sagte der Historiker. Zu ihnen müssten wir Sorgen tragen. «Das ist auch unsere eigene Kultur. Sie hat unsere Wertschätzung verdient und sie hat sie auch nötig, sonst können wir sie der nächsten Generation nicht mehr weitergeben.»

Womit es nun nicht mehr nur um die Mitarbeiter von Augusta Raurica ging, sondern auch um die 1,7 Millionen Fundgegenstände, die bis jetzt in verschiedenen Baracken, Containern und behelfsmässigen Lagern liegen. Schlecht gesichert und schlecht konserviert, zumindest zum Teil. Eine der möglichen Folgen: Schimmelpilz wegen der hohen Luftfeuchtigkeit. «Wir machen uns über die Italiener lustig. Ohne neues Zentrum vergammeln aber bald auch unsere Fundstücke genau gleich wie jene in Pompeji», sagte Hansjörg Reinau, Präsident der Stiftung «Pro Augusta Raurica».

Soweit soll es nicht kommen. In einem ersten Schritt soll im Gebiet Augusta Raurica nun ein neuer Bau für die Werkstätten, Restaurierungslabors, Archive und den Werkhof entstehen. In einem zweiten Schritt ist ein Depot für die archäologischen Schätze geplant. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 34 Millionen Franken. Etappiert wurde das Projekt, weil der Kanton finanziell so schlecht dasteht.

«Kein Palast für tote Steine»

Nun geht es aber erst einmal um den Projektierungskredit von 1,65 Millionen Franken. Die Regierung ist dafür, der Landrat ebenfalls, gegen die Stimmen von FDP und SVP allerdings.

Diese Kreise haben nun auch das Referendum ergriffen und mit 3700 Unterschriften eingereicht. «Kein Palast für tote Steine», lautet eines ihrer Argumente. «Kümmern wir uns doch erst einmal um unsere sanierungsbedürftigen Schulen, in denen die Jugendlichen und ihre Lehrer teilweise sogar die Jacken anbehalten müssen, weil es in den Zimmern so kalt ist», ein anderes. Abgestimmt wird am 9. Juni.

Dazu der Grünliberale Hans Furrer, ebenfalls Mitglied im Komitee «Ja zu Augusta Raurica»: «Für einzelne Leute in diesem Kanton ist leider alles Luxus, was mit Kultur zu tun hat.» 

Hoffen auf private Unterstützung für ein neues Museum. Neben dem neuen Sammlungszentrum gäbe es noch ein sehr viel spektakuläreres Projekt, von dem ebenfalls schon seit Jahren die Rede ist. Eines, von dem auch die breite Öffentlichkeit profitieren würde – ein neues Römermuseum. Das bisherige ist so klein, dass neben dem legendären Silberschatz kaum mehr Platz frei bliebt für andere Schätze. Das Hickhack, das nun aber bereits um den Ersatz der offensichtlich unhaltbaren Arbeitsstätten entsteht, lässt vermuten, dass es beim Kanton sehr, sehr schwierig wird, weitere Millionen für Ausstellungsräume aufzutreiben. Aufgeben will man den Museumstraum bei der Stiftung «Pro Augusta Raurica» aber nicht. Im Gegenteil. «Es geht auch in diesem Bereich vorwärts», sagte Stiftungspräsident Hansjörg Reinau am Rande der Presseorientierung. Angestrebt werde nun in erster Linie eine private Finanzierung, allenfalls auch mit einer Beteiligung des Kantons.

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