Der Mauersegler – ein Sommergast in der Schweiz

Mit ihren glatten Fassaden bilden moderne Gebäude ein Hindernis für Brutplätze. Mauersegler und andere Zugvögel sind damit zunehmend in Gefahr. Basels Ornithologen beobachten das Problem und schaffen Lösungsansätze.

Ein häufiger Gast in der Stadt: der Mauersegler. Sein Leben wird durch die moderne Architektur allerdings nicht einfacher. (Bild: SVS-Birdlife)

Mit ihren glatten Fassaden bilden moderne Gebäude ein Hindernis für Brutplätze. Mauersegler und andere Zugvögel sind damit zunehmend in Gefahr. Basels Ornithologen beobachten das Problem und schaffen Lösungsansätze.

Seit einigen Wochen bereichern wieder unterschiedliche Zugvögel das Stadtbild, fliegen in Scharen durch die Stadt und begleiten mit ihren Stimmen das allabendliche Ausklingen der Frühsommertage. Unter ihnen befindet sich der Mauersegler. Der Vogel, der mit der Schwalbe zwar nicht verwandt ist, ihr aber ähnelt, kommt alljährlich vom Süden Afrikas nach Mittel- und Nordeuropa. Von Anfang Mai bis Anfang August bleibt der Mauersegler in Europa und ist für viele hier ein Vorzeichen des Sommers.

Wie der Sommer hatte auch der Mauersegler dieses Jahr etwas Verspätung. Der Basler Raffael Ayé vom Schweizer Vogelschutz (SVS/BirdLife) berichtet, dass sich grössere Vogelgruppen erst in der ersten Maiwoche angekündet haben. Der Vogel sei sehr schnell, Geschwindigkeiten von über 100km/h wurden schon gemessen.

Faszinierend am Mauersegler sei vor allem, dass er die Luft nie verlässt. Auch auf dem Weg von Südafrika in die Schweiz befindet er sich kontinuierlich in der Luft. Er kann sich auch in der Luft ausruhen und Jungvögel können sich in eine Hungerstarre begeben, in der sie tagelang ohne Nahrung überleben können.

Beliebter Stadtvogel

Der Mauersegler ist ein Kulturfolger. Während er früher in Felsnischen und Baumhöhlen nistete, tut er dies heute in Häuserdächern und Fassaden. Diese Anpassungsfähigkeit wird ihm jedoch zunehmend zum Verhängnis, denn modern gebaute Häuser sind meist perfekt verschlossen. Basel verfügt zwar noch über viele Altbauhäuser, auch diese sind jedoch oft so renoviert, dass der Nestbau manchmal unmöglich ist. Raffael Ayé sagt deshalb: «Beim Mauersegler ist es besonders wichtig, die Öffentlichkeit zu informieren, wie Brutplätze sichergestellt werden können.»

Mit verschiedenen Architekten konnten Abmachungen getroffen werden, um bei neuen Gebäuden und Rennovationen den Erhalt der Nistplätze zu gewährleisten. Weshalb der Mauersegler zum Stadtbrüter wurde, kann Aye nicht beantworten. Doch nun gilt es, dem Mauersegler die Stadt so wirtlich wie möglich zu bereiten. Denn eine Rückentwicklung sei nicht denkbar: «Der Vogel selbst weiss ja sozusagen nicht, dass er einmal Felsenbrüter war.»

Wahrscheinlich ist es auch seine grosse Präsenz in städtischen Gebieten und die fehlende Scheu vor Menschen, welche den Mauersegler, im deutschsprachigen Raum auch «Spiren» genannt, so beliebt macht. Ayé sagt: «Der Mauersegler ist sehr nahe bei den Menschen, daher verbinden wir mit ihm viele positive Erlebnisse wie etwa einem gemütlichen Abend auf dem Balkon.»

Die Ornithologen-Szene hat Nachwuchs

Um den Mauersegler wahrzunehmen, muss man also kein Ornithologe sein. Doch auch die Vogelkenner- und Beobachter interessieren sich für den Vogel. Das Hobby der Vogelbeobachtung, modern auch «birding» genannt, habe in den vergangenen Jahren in ganz Europa «frappant zugenommen», sagt Ayé. Er muss es wissen: Als Leiter der Jugendgruppe der Ornithologischen Gesellschaft Basel hat er engen Kontakt zur Nachwuchsgeneration der Vogelliebhaber. 

Im selben Leiterteam ist auch der 19-jährige Gymnasiast Valentin Moser. Am Vogelbeobachten fasziniert ihn vor allem das Unvorhersehbare: «Man weiss nie, was man antrifft.» Zudem hat er über die Jahre eine wachsende Neugierde für das Verhalten der Vögel und dessen Erklärung entwickelt. Später will er Biologie studieren.

Mission Artenschutz 

Mosers Jugendgruppe hat es ausserdem mit einem Verwandten des Mauerseglers zu tun, der um einiges seltener ist: Der Alpensegler. Die Jugendgruppe leitet ein Projekt in der Berufsfachschule Basel, wo im Dachstock eine Alpenseglerkolonie eingerichtet wurde. Moser sagt: «Der Alpensegler ist mehr auf die Unterstützung der Menschen angewiesen, als der Mauersegler. Er ist seltener und muss daher geschützt werden.» 

Moser hatte früher oft mit seinen Eltern Fahrradtouren in die Petite Camarque unternommen, und damals bereits ein verstärktes Interesse für Vögel, ihr unterschiedliches Aussehen und ihre zahlreichen Stimmen entwickelt. «Damals wusste ich nicht, dass man dieses Hobby auch innerhalb eines Verbandes pflegen kann», sagt Moser. Mit der Jugendgruppe der Ornithologischen Gesellschaft geht er mittlerweile ein- bis zweimal pro Woche auf Streiftour, manchmal sogar öfters. «Mit ihnen macht es richtig Spass, sie sind angefressen und top-motiviert.»

 

Birding-App soll auf den Markt kommen

Und wie darf man sich solche jugendlichen Ornithologen vorstellen? Mit Feldstecher, Notizblock und beigen Mehrtaschen-Hosen ausgestattet? Moser lacht. «Der Feldstecher ist natürlich nach wie vor ein wichtiges Arbeitsinstrument. Unsere Beobachtungen finden aber rasch Eingang ins Internet.»

Die bekannteste Schweizer Plattform ist ornito.ch, diese soll bald eine Ornithologie-App auf den Markt bringen. «Wir versprechen uns viel von dieser App», so Moser aufgeregt. «Das Lokalisieren und Melden der Vögel könnte um einiges einfacher werden, zudem könnten Beobachtungen zeitgleich online eingetragen und ausgetauscht werden.»

Verfrühte Heimreise

Zurzeit haben die Ornithologen beim Beobachten der Brutvögel noch Hochsaison, sagt Moser. Eher ruhig werde es dann im Hochsommer. Dann würden die meisten Vögel zu singen aufhören, da sie bereits einen Partner hätten und es zudem zu heiss sei.Und die ersten Zugvögel würden sich dann auch bereits wieder auf den Heimflug begeben.

So auch der Mauersegler. Sein «Abflugstermin» habe sich in den vergangenen Jahren von Anfang August auf Ende Juli vorverschoben. Unter Basels Ornithologen kursiert das Gerücht, er mache sich früher aus dem Staub, weil er das 1. August Feuerwerk lieber auslassen wolle. Doch dies entspricht wohl einer etwas vermenschlichten Darstellung des faszinierenden Organisationstalents dieses Zugvogels.

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