In der Angehörigenpflege- und betreuung brennt es in Basel-Stadt. Das zeigen einige Fallbeispiele der qualitativen Studie «Yes we care», die am 9. Mai vorgestellt wurde.
«Der Kanton kümmert sich um Vieles, aber nicht um die Alleinerziehenden», sagt eine Betroffene. Eine Frau mittleren Alters lässt ihre alte Mutter von Polinnen pflegen. Die Putzfrau und studierte Buchhalterin Maria hat jeden Tag Angst, abgeschoben zu werden und ihren Kindern in der Schweiz keine sichere Zukunft bieten zu können. Dies sind drei Schicksale, die aus der qualitativen Studie «Yes we care» vorgestellt wurden.
In der qualitativen Studie «Yes we care» geht es um die Betreuung von älteren Familienangehörigen, aber auch um Kindererziehung und Haushaltsführung in Privathaushalten. Sie wurde von der Abteilung Gleichsstellung des Präsidialdepartements in Auftrag gegeben.
Viele Allenerziehende
Regierungspräsident Guy Morin sagte in seiner Begrüssungsrede zum Thema, es müssten gewisse Rahmenbedingungen für diese Arbeit, die zu wenig wertgeschätzt werde, angepasst werden: «Das ist ein Thema, das beinahe alle Politikbereiche berührt – Gesundheit, Bildung und Wirtschaft. Wir werden interdepartemental zusammenarbeiten müssen.»
Wenn es um Kindererziehung und Haushaltsführung geht, tun sich Probleme auch oft bei alleinerziehenden Berufstätigen auf. Als Kanton weise Basel-Stadt mit rund 19 Prozent die höchste Quote an alleinerziehenden Haushalten auf, sagt Leila Straumann, Leiterin Gleichsstellung im Präsidialdepartement.
Schuldgefühle
Sina Stingelin, die bei der Studie als wissenschaftliche Mitarbeiterin für das Soziologische Institut der Uni Basel mitgearbeitet hat, sagt: «Mir ist aufgefallen, dass die Organisation der Betreuung und Pflege von Angehörigen keineswegs einfach automatisch funktioniert, sondern es eine komplexe Planung braucht.» In praktisch allen Familien seien entweder Zeit, Geld oder soziale Netzwerke, welche für die Organisation der Care-Arbeit benötigt werden, sehr knapp bemessen.
Viele Menschen, die Care-Arbeit leisten, hätten das Gefühl, dass es ihre eigene Schuld ist, wenn sie es nicht schaffen oder an ihre Grenzen kämen, sagt Sina Stingelin. Zu diesen Gefühlen käme es, obwohl es an gewissen öffentlichen Angeboten, finanzieller Unterstützung und angepassten rechtlichen Rahmenbedingungen – zum Beispiel in der Erwerbsarbeit oder im Sozialversicherungssystem – fehle. «Deswegen ist es wichtig, dass diese Fragen auf gesellschaftlicher und politischer Ebene angegangen werden.»
Problem Schwarzarbeit
Es gibt Angehörige mit wenig Geld, welche auf Schwarzarbeit zurückgreifen, damit ihre bedürftigen Angehörigen betreut werden. Die hohen Betreuungskosten von professionellen Anbietern liessen oft nur diesen Ausweg zu, erzählen Portraitierte in der Studie.
Das Problem dabei ist, dass diese Arbeiterinnen – denn es sind meist Frauen – rechtlich nicht geschützt sind. Zudem seien sie teilweise für die Arbeit, die sie verichteten, nicht ausgebildet.
Damit sich die prekäre Situation der Betreuung und Pflege in Privathaushalten ändert, müssen auf gesellschaftlicher und politischer Ebene die Rahmenbedingungen verbessert werden, so das Fazit der Studie.