«Die Aufwertung macht uns wütend» – Häuserbesetzung im Gellert

Gleich drei Liegenschaften im Gellert sollen besetzt worden sein. Eine Gruppe aus Künstlern, Musikern und Handwerkern erklärt die seit Jahren leerstehenden Bauten für zwischengenutzt.

«Besetzt»: Nach vielen Jahren des Leerstands hat sich jetzt ein Basler Kollektiv der Spekulationsobjekte an der Hardstrasse 112 bis 116 bemächtigt.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Gleich drei Liegenschaften im Gellert sollen besetzt worden sein. Eine Gruppe aus Künstlern, Musikern und Handwerkern erklärt die seit Jahren leerstehenden Bauten für zwischengenutzt.

Die Basler Polizei hat die besetzten Häuser im Gellert in Rekordzeit bereits geräumt. Hier geht’s zum Update.

Vor Ort weist einzig ein Transparent auf eine Hausbesetzung hin. An einem alten Einfamilienhaus an der Hardstrasse 112 steht auf weissem Grund in bunten Lettern: «Besetzt». Personen sind nicht zu sehen, das Haus und die benachbarten beiden Gebäude wirken so verlassen wie seit vielen Jahren schon.

«In Zeiten zunehmender Gentrifikation und Verdrängung finden wir es notwendig, sich das Leben zurückzunehmen, das uns immer mehr entzogen wird», schreiben die Besetzer in einer Mitteilung (herunterladen als PDF), die mit dem Pseudonym «Familie Falke» gezeichnet ist.

Keine Partys, dafür Kunst und Handwerk

«Familie Falke» heisst es auch am Telefon. Der Sprecher der Besetzer erklärt, die Gebäude seien seit heute Montagmorgen besetzt – von wie vielen Personen will er nicht verraten. Im Schreiben heisst es, die Gruppe bestehe aus Erwachsenen, die zwischen 20 und 30 Jahre alt seien, ein Kollektiv aus Künstlern, Musikern, Handwerkern. Man wolle gemeinsam leben und arbeiten und die verlassenen Häuser durch eine Zwischennutzung neu beleben.

Festivitäten sind wohl keine geplant, wie aus der Mitteilung hervorgeht: «Wir sind keine Gruppe, die diesen Ort für Partys und ähnliche Exzesse ausnutzen möchte, sondern friedlich und konzentriert arbeiten und leben möchte.»

Der Familiensprecher erklärt, man habe versucht, mit dem Hausbesitzer, der Basler Baufirma Spaini, Kontakt aufzunehmen. Man habe aber noch kein Feedback erhalten. Spaini hat auch eine Anfrage der TagesWoche nicht beantwortet.

Auch mit dem Quartierverein wollen die Besetzer in Kontakt stehen. Dort weiss man allerdings von nichts, wie Präsidentin Beata Wackernagel auf Anfrage erklärt.

Quartierverein gab indirekt den Anstoss

Die vermeintlichen Besetzer sind zornig, das geht aus dem Schreiben hervor: «Die allgegengewärtige Aufwertung macht uns wütend – wir werden uns die Stadt so nicht leisten können und werden auf perfide Weise gezwungen, uns an den Rand und in die Vororte zurückzuziehen.» Und weiter: «Die Kulturgelder, an denen wir nicht interessiert sind, ändern das Problem der Verdrängung nicht. Basel entwickelt sich zu einer Stadt der Reichen, die jungen Menschen immer mehr verschlossen bleibt. »

Als Anstoss für die Besetzung lässt sich ein Artikel der Quartierpostille von 2013 lesen. Der neutrale Quartierverein St. Alban–Gellert ärgert sich dort darüber, dass die Gebäude an der Hardstrasse 112 bis 116  – zwei Wohnhäuser und ein Geschäftsgebäude – seit Jahren leerstehen. Gemäss dem Artikel plant Spaini, dort irgendwann Mietwohnungen zu errichten. Die Besetzer sind nun dem Titel des Artikels nachgekommen. Der lautet unzweideutig: «Occupez-moi!»

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