Die «Cap Polonio»: Mächtig auf dem Werbeplakat, untauglich für den Krieg

Die «Cap Polonio» von Hans Bohrdt ist ein typisches Plakat aus Deutschland am Anfang des 20. Jahrhunderts: Ein mächtiges Schiff durchpflügt die Weltmeere. Für den Kriegseinsatz taugte der Dampfer aus Hamburg nicht.

Die «Cap Polonio» von Hans Bohrdt ist ein typisches Plakat aus Deutschland am Anfang des 20. Jahrhunderts: Ein mächtiges Schiff durchpflügt die Weltmeere. Für den Kriegseinsatz taugte der Dampfer aus Hamburg nicht.

Die Hanse erlangte bereits im 13. und 14. Jahrhundert als Bündnis von Kaufleuten im Norden Europas politische Bedeutung. Als die Hanse aufgrund aufstrebender Kolonialreiche ab dem 16. Jahrhundert langsam an Gewicht verlor, war Hamburg – die wohl bekannteste Hansestadt – zum bedeutendsten Wirtschaftszentrum Norddeutschlands geworden.

1815 schloss sich die Hafenstadt als souveräner Staat dem Deutschen Bund an. Fortan galt sie als Freie und als Hansestadt. Dabei hat sich Hamburg ein Sonderrecht ausbedungen: das Privileg des Freihandels.

Aufstieg der hamburgischen Werften

Dieser Standortvorteil wurde zwar im Zuge der deutschen Einigung unter Otto von Bismarck infrage gestellt. Doch Hamburg als deutsche Stadt in das Reich zu integrieren schien von grösserem Belang. Deshalb wurde der Stadt der Bau eines riesigen zollfreien Hafengebiets, der Speicherstadt, zugestanden.

Um diesen Bau zu verwirklichen, musste ein ganzes Stadtviertel umgesiedelt werden. Die von langer Hand geplanten Umwälzungen auf dem Hafengebiet sowie die Umstellung der Schifffahrt von Segler auf Dampfer liessen schliesslich die hamburgischen Werften im frühen 20. Jahrhundert mit den grössten der Welt konkurrieren.

Zu langsam für den Krieg

Das hier gezeigte Reklameplakat der Hamburg-Südamerikanischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft (HSDG) wurde von Hans Bohrdt gemalt. Es zeigt den Passagierdampfer Cap Polonio vor dem Zuckerhut in Rio de Janeiro. Die «Cap Polonio» wurde noch vor dem Ersten Weltkrieg von der Reederei Blohm & Voss in Hamburg erbaut und sollte das Flaggschiff der HSDG werden.

Der Erste Weltkrieg verhinderte aber den beabsichtigten Einsatz: Für kurze Zeit wurde der Schnelldampfer von den Mittelmächten im Krieg verwendet, jedoch für zu langsam befunden und ausser Dienst gesetzt. Im Jahre 1919 wurde das Schiff als Reparationszahlung an England abgegeben und konnte von der HSDG erst 1921 wieder erworben werden. Zu ihrer Jungfernfahrt als Passagierschiff lief sie am 16. Februar 1922 von Hamburg aus, mit Ziel La Plata.

Propaganda mit deutscher Technik

Das Plakat ist auch als Propaganda zu betrachten. Hans Bohrdt war ein Marinemaler, der sich stark mit dem Kaiserreich identifizierte. Sein Bild setzt die deutsche Technik und ihre durchdringende Kraft auf den Weltmeeren in Szene – eine Thematik, die vor dem Ersten Weltkrieg gängig war. Das ist ein Indiz dafür, dass das Plakat in den 1910er-Jahren entstanden ist. Ein weiteres Indiz dafür ist, dass Passagierdampfer zu dieser Zeit vornehmlich Migranten und Reisende transportierten. In den goldigen Zwanzigern hingegen waren Vergnügungs- und Kreuzfahrten beliebt. Schiffe der HSDG zählten da zu den luxuriösesten Schiffen.

Bis heute existieren Folgegesellschaften norddeutscher Reedereien. Das Kerngeschäft hat sich allerdings verändert. Zwar nahm die Hamburg Süd den Passagiertransport nach dem Zweiten Weltkrieg wieder auf, spezialisierte sich ab den 1970er-Jahren aber auf die Container-Schifffahrt. Man sieht ihre Container auch im Basler Hafen und auf Schweizer Schienen.

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