Wo einst Profisportler behandelt wurden, kommen ab nächster Woche 60 Studenten unter. Für zehn Jahre darf der Verein für studentisches Wohnen die ehemalige Rennbahnklinik in Muttenz zwischennutzen. Damit allein ist die Wohnungsnot der Studenten aber noch nicht gestoppt.
Sportgrössen wie Roger Federer oder Dominique Gisin liessen sich schon in der renommierten Muttenzer Rennbahnklinik behandeln. Seit dem Umzug der Klinik im letzten Jahr standen grosse Teile das Gebäudes an der St.-Jakob-Strasse leer. Jetzt sollen Studenten das Haus wiederbeleben. Der Verein für studentisches Wohnen (WoVe) wird im alten Spital ab nächster Woche ein Wohnhaus für 60 Studierende betreiben.
Zwei Gebäudeteile der alten Klinik werden für die nächsten zehn Jahre zwischengenutzt. Insgesamt sind hier zwölf Wohnungen entstanden mit drei bis zwölf Zimmern. Noch ist alles schlicht, die Einrichtung ist auf das Mindeste reduziert und Beton dominiert das Bild.
Am Montag, 16. Februar, startet das Semester. Dann beziehen die ersten Studenten ihr neues Zuhause. Ein paar Wohnungen sind vermietet, andere werden erst diesen Freitag fertig. Die möblierten oder unmöblierten Zimmer kosten zwischen 500 und 700 Franken. Für ein möbliertes Zimmer à zwölf Quadratmeter in der Sechser-Wohngemeinschaft verlangt die WoVe 695 Franken.
Das sind saftige Preise für das studentische Budget. WoVe-Geschäftsführer Chaim Howald legitimiert die Mieten mit dem grossen Verwaltungsaufwand. Trotz des Preises kämen die Zimmer bei den Wohnungssuchenden gut an.
Kein Hobby-Verein mehr
Die WoVe sieht sich nach eigenen Aussagen mit einer stark wachsenden Nachfrage an studentischem Wohnraum in Basel konfrontiert. Im letzten Jahr waren die WoVe-Zimmer bereits im Juli ausgebucht – das sind zwei Monate vor Semesterbeginn. Der Verein hätte 640 Zimmer gebraucht, habe aber nur rund 340 Zimmer anbieten können, sagt Howald. Die studentische Wohnsituation verschärfte sich in den letzten Jahren zusätzlich, weil die Anzahl Studenten in Basel stark zunahm und die Stadt über zu wenig freien Wohnraum verfügt.
Aufgrund dieser Situation hat der Verein auch neue Statuten formuliert. Vom basisdemokratisches Hobbyverein zum Expertenvorstand, beschreibt Howald diese Reform. Seither sind die Universität Basel und die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) stärker involviert als früher. Damit hat sich dem Verein auch auf politischer Ebene ein neues Netzwerk eröffnet.
Seit über einem Jahr präsidiert Nele Hackländer, Leiterin der Student Services an der Universität Basel, die WoVe. Für sie ist klar, dass der Standort Muttenz vor allem für Studenten des Departements Sport, der Kunsthochschule oder des FHNW-Standorts Polyfeld attraktiv ist und weniger für solche, die am Petersplatz Unterricht haben. Indirekt lockere das Angebot aber eben auch die Wohnnachfrage in der Stadt: «Für jeden Studenten, der in ein WoVe-Zimmer in Muttenz zieht, wird in der Stadt wieder ein WoVe-Zimmer frei», sagt Hackländer.
Weitere Projekte sind in Planung
Die WoVe strebt unterdessen weitere Projekte an. Insgesamt will der Verein sein Angebot von heute rund 200 Zimmern in Wohnheimen in den nächsten drei Jahren verdreifachen.
Deshalb führt die WoVe auch Gespräche mit der Stiftung Habitat. Auf dem Erlenmatt-Areal soll bis 2018 ein Studentenwohnheim mit gut 80 Zimmern entstehen. Zur Diskussion steht auch ein Studentenwohnheim auf dem Volta-Ost-Areal – diesbezüglich gilt es aber abzuwarten, wie es dort mit der Stadtentwicklung weitergeht.
Die ehemalige Rennbahnklinik liegt neben dem Polyfeld-Areal, wo sich die Hochschulen Life Sciences, Architektur, Bau und Geomatik der FHNW befinden. Bis 2019 wird der Standort Polyfeld ausgebaut, die Pädagogische Hochschule und die Hochschule für Soziale Arbeit stossen hinzu. Das bedeutet 1700 zusätzliche Studienplätze in Muttez.
Die Gemeinde unterstützte deshalb die Umnutzung der alten Rennbahnklinik zu einem Studentenwohnheim. «Muttenz hat ein Zeichen gesetzt, wie sie das Polyfeld entwickeln will», sagte der Gemeinderat Thomi Jourdan an der Eröffnungsfeier. Als erste Gemeinde des Kantons nehme Muttenz die Verantwortung für die Verbesserung der Wohnsituation für Studierende wahr. Ausserdem konnte sie damit den drohenden Leerstand des Gebäudes verhindern.