Die Geschichte des ersten Kultkinos

Nach dem Aus für das Doppelprogramm-Kino «Maxim» nahm am 8. Januar 1977 das «Camera» als Erstes der späteren kult.kinos den Betrieb auf.

Nach dem Aus für das Doppelprogramm-Kino «Maxim» nahm am 8. Januar 1977 das «Camera» als Erstes der späteren kult.kinos den Betrieb auf.

Die Studiofilm AG und der Filmclub Le Bon Film, die Betreiber des vor vierzig Jahren im Untergeschoss des Gewerkschaftshauses eröffneten «Camera», setzten von Anfang an auf anspruchsvolles cineastisches Schaffen. Eingeweiht wurde das neue Kino mit einer restaurierten Fassung von Sergei Eisensteins «Panzerkreuzer Potemkin». Der sowjetische Revolutionsfilm aus dem Jahr 1925 lief damals während drei Wochen.

Anschliessend war die deutsch-österreichische Coproduktion «Die Wildente» von Hans W. Geissendörfer aus dem Jahr 1976 auf dem Programm. In der Hauptrolle dieses Filmdramas nach einem Theaterstück von Henrik Ibsen war der renommierte Schauspieler Bruno Ganz zu sehen.

Mit derartigen Filmen bediente das Studiokino Camera andere Ansprüche als das Kino Maxim, das in den Jahren zuvor den Raum im Gewerkschaftshaus an der Rebgasse 1 genutzt hatte. Das 1928 eröffnete «Maxim» war ursprünglich an der Greifengasse 18 zu Hause. Nach dem Abriss der angestammten Kinoräume im Jahr 1963 zog es ins eben neu gebaute Gewerkschaftshaus an der Rebgasse um.

C’era una volta: das Kino Maxim

In den 1960er-Jahren war das «Maxim» eine typische «Revolverküche». Meist liefen zwei Filme im Doppelprogramm, von denen der eine ein italienischer Streifen in Originalsprache war.

Am 8. Januar 1967, also genau zehn Jahre, bevor das «Camera» den Betrieb aufnahm, flimmerte im «Maxim» allerdings nur ein Film über die Leinwand. Über den Streifen mit dem Titel «La spia che venne dall’Ouest / Der Spion, der aus dem Westen kam» konnte ich leider mit den einschlägigen Hilfsmitteln nichts Weiteres in Erfahrung bringen.

Eine Woche später gabs im «Maxim» dann wieder zwei Filme: «Das 7. Opfer» – «ein Wallace Shocker» – sowie «Der Schwarze Teufel gegen die Piraten / l’uomo Mascherato contro i Pirati». Letzterer hat es unter dem Titel «Der Fluch der Piraten 2» (Regie: Vertunnio De Angelis) gar zu einer Neuveröffentlichung auf DVD gebracht.

1976 gingen im «Maxim» die Lichter für immer aus. Offenbar war die Nachfrage nach rasch abgedrehten Sandalenfilmen mit Ercole oder Maciste und Italowestern mit Django oder Sartana inzwischen so klein geworden, dass sich der Kinobetrieb nicht mehr lohnte.

Über die Gründe dafür kann man lediglich Vermutungen anstellen. Lag es daran, dass 1975 zahlreiche in der Wirtschaftskrise arbeitslos gewordene Immigranten nach Italien zurückkehrten? Bedeutete die wachsende Zahl der Fernsehsender das Aus der Doppelprogramm-Kinos und der «Revolverküchen»? Oder hatte sich in den 1970er-Jahren einfach der Publikumsgeschmack verändert?

Das «Camera» setzte aufs richtige Pferd

Wie dem auch sei: Mit ihrem Konzept, auf cineastische Qualitätsprodukte statt auf billige Massenware zu setzen, hatten die Studiokino AG und Le Bon Film bei einem Teil der Kinogänger nicht nur kurzfristig Erfolg. Dies zeigte sich etwa darin, dass die Studiokino AG es 1979 wagen konnte, mit dem «Atelier» beim Theater Basel ein weiteres Kino zu eröffnen.

In der Folge blieb man auf Kurs: 1985 wurde das «Camera» zu einem Duplexkino ausgebaut, 1993 und 1994 wurden das Kino Club beim Marktplatz und das Kino Movie beim Claraplatz übernommen.

Pikantes Detail: In den 1970er-Jahren war das nachmalige «Movie» unter dem Namen «Clara» eines der Basler Pornokinos gewesen.

Neuerungen auf organisatorischer Ebene brachte 1998 die Eröffnung des Stadtkinos Basel. Da der Filmclub Le Bon Film in Letzterem aufging, wurde das «Camera» fortan ausschliesslich von der Studiokino AG betrieben.

Die kult.kino AG entsteht

Im Jahr 2002 dann schlossen sich die vier Kinos Atelier, Camera, Club und Movie unter dem Label «kult.kino» zur kult.kino AG zusammen.

Zwei dieser vier Kinos gibt es allerdings heute nicht mehr: Das «Movie» wurde im Juni 2010, das «Club» Ende August 2015 geschlossen. Im Gegenzug wurde das «Atelier» unter dem Tinguely-Brunnen zweimal ausgebaut. Seit 2003 verfügte es über drei Säle, seit 2015 sind es gar deren fünf.

Das «Camera» seinerseits wurde 2006 gesamthaft erneuert. Mit der Konzentration auf zwei Kinostandorte und ihrem Programmkonzept dürften die beiden kult.kinos für die nähere Zukunft gut aufgestellt sein. Ob das für weitere vierzig erfolgreiche Jahre reicht, wird sich zeigen.
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Zur Feier des Tages kosten am Sonntag, 8. Januar 2017, die Eintrittsbillette für alle Vorführungen im «Camera» wie anno 1977 acht Franken. Zudem gibts um 11.30 Uhr «Panzerkreuzer Potemkin» zu sehen
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Quellen

– Zum «Maxim» vgl. Architektur für die Nacht / Kino-Architektur. Publikation zu einer Ausstellung im Architekturmuseum Basel vom 23. November 1990 bis 20. Januar 1991, S. 30

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