Die Kehrseite der Buvetten-Offensive

Mehr Buvetten, Zwischennutzung des Hafenareals, Erweiterung des Rheinufers: Die Stadt hat begonnen den öffentlichen Raum für eine intensivere Nutzung zu öffnen. Dass sie dabei den Inhalt vorgibt, kommt nicht nur gut an.

… zum Beispiel mit einer Buvette. (Bild: zVg)

Mehr Buvetten, Zwischennutzung des Hafenareals, Erweiterung des Rheinufers: Die Stadt hat begonnen den öffentlichen Raum für eine intensivere Nutzung zu öffnen. Dass sie dabei den Inhalt vorgibt, kommt nicht nur gut an.

Dieser Sommer hätte so schön starten können. Es wäre fast mediterran in Basel geworden. Gleich an vier Standorten sollten neue Buvetten entstehen. Wie so oft haben die ersten Anwohner allerdings bereits Einspruch erhoben, bevor das erste Bier ausgeschenkt wurde und die ersten Gäste auch nur ein Wort gewechselt haben. Aber irgendwie war ja das erwartbar. Die Verwaltung selbst hat eingesehen, dass der öffentliche Raum immer stärker genutzt wird und dadurch immer mehr Konflikte entstehen: Unterhaltung gegen Ruhe. Bier trinken gegen Ruhe. Grillieren gegen Ruhe und Klöpfer-Geruch freie Luft.

Das Baudepartement hat deshalb das Ruder übernommen. Einerseits hat es ein neues Gesetz zur Nutzung des öffentlichen Raumes erarbeitet. Andererseits – und das ist viel bemerkenswerter – hat die Verwaltung begonnen, den öffentlichen Raum selbst zu beleben. Sie ist abgekommen davon, zu sagen: «Gute Idee geht aber nicht, weil…» oder «Danke für die Anfrage geht aber nicht, weil…» Die Verwaltung sagt neuerdings: «Es gibt geeignete Standorte, da dürfen Buvetten hin» oder «es gibt da diesen Klybeckquai, wir wären froh, wenn es neu gestaltet und belebt würde».

Verwaltung kanalisiert Probleme

Die Bemühungen der Verwaltung kommen an. Sie haben aber eine Kehrseite, sagt der Kleinbasler Kulturfloss-Chef und ehemalige SP-Grossrat Tino Krattiger: «Im Moment höre ich, dass geplante Projekte oder neue einfach abgelehnt werden.» Etwa die Idee eines «beach hang out» vom Restaurant Rhypark sei von der Verwaltung mit einem «njet» abgefertigt worden. «Wir laufen Gefahr, dass wir eine Stadt haben, wie sie sich die Verwaltung vorstellt und es nicht mehr die Stadt der Bürgerinnen und Bürgern ist.»

Die Stadt hat keinen Hehl daraus gemacht, dass sie sich von den Buvetten einen Vorteil erhofft. Niklaus Hofmann, Leiter der Allmendverwaltung, sagte bereits an der Präsentation der neuen Pläne: «Ein schöner Nebeneffekt wäre es, wenn die neuen Buvetten am Rhein das wilde Grillieren eindämmen.» Hinzu kommt, dass künftige Buvette-Betreiber für Sauberkeit und «soziale Ordnung» am Standort sorgen müssen. Mögliches Konfliktpotenzial wird dadurch gedämpft oder einfach abgeschoben. «Die Verwaltung», sagt Tino Krattiger, «bestellt eine Leistung, wo sie sie und wie sie sie haben will.» Und das sei nicht ihre Aufgabe.

Mit dieser Meinung ist Krattiger nicht alleine. Die FDP lädt am Mittwochabend zur Podiumsdiskussion mit der Frage: «Wie aktiv soll der Staat in die Belebung des öffentlichen Raumes eingreifen?» Die Antwort der Liberalen dürfte weniger überraschend ausfallen. Die Frage bleibt allerdings, wie die Verwaltung im Spannungsfeld zwischen der Nutzung des öffentlichen Raums und dem Anspruch auf Ruhe agieren soll.

Der öffentliche Raum braucht Konflikte

Jede Gesellschaft hat die Jugend, die sie verdient, sagt der Volksmund. Sie hat aber auch den öffentlichen Raum, den sie verdient, schreibt Christian Reutlinger, Forschungsleiter des Kompetenzzentrums Soziale Räume der FHS St.Gallen, auf der Webseite der Hochschule für angewandte Wissenschaften. Wer sich in Basel umsieht, stellt schnell fest: unsere Gesellschaft ist reglementiert und konfliktscheu. Gemäss Reutlinger gehört zu städtischen öffentlichen Räumen aber eben gerade die Auseinandersetzung mit allen Gruppen, Schichten und Lebensstilen der Gesellschaft.

In Basel, sagt Tino Krattiger, sei die Verwaltung darauf ausgerichtet, Konflikt gar nicht erst entstehen zu lassen. «Die Vorgaben und enggesteckten Spielerregeln verhindern folglich auch, dass neue Projekte ausserhalb dieses Regulariums entstehen – Projekte, die wir uns jetzt gar nicht vorstellen können wie etwas ein Floss vor dreizehn Jahren.» Die Verwaltung sollte aus der Sicht von Krattiger deshalb eher die Rahmenbedingungen den Ansprüchen einer Stadt im 21. Jahrhundert anpassen, so dass neue Projekte aus privater Initiative eine Chance hätten. «Wir brauchen vor allem wieder Orte», sagt Krattiger, «an denen man bis nach zwei Uhr in den Ausgang kann und wo sich die Menschen auch zu dieser Zeit auf der Strasse treffen können.»

Dieser Entwicklung steht allerdings der aktuelle Lärmempfindlichkeitsstufenplan im Weg, findet Krattiger. Statt der Verwaltung müsste deshalb das Parlament die Frage diskutieren: Wie viel Leben wollen wir in unserer Stadt? «Wir gehen dabei das Risiko ein, dass das Parlament schärfere Regulierungen durchsetzt oder die Nutzung des öffentlichen Raumes radikal beschneidet», sagt Krattiger, «aber im Sinne demokratischer Spielregeln würde ich dieses Risiko eingehen.»

Das 3. Kleinbasler Freiheitspodium der FDP findet am 2. Mai im Parterre bei der Kaserne statt. Die Diskussion zur Frage «Wie aktiv soll der Staat in die Belebung des öffentlichen Raumes eingreifen?» beginnt um 19 Uhr. Moderation: Baschi Dürr, FDP-Grossrat. Teilnehmer: Thomas Kessler, Leiter Kantons- und Stadtentwicklung, Kanton Basel-Stadt; Tino Krattiger, Organisator «Im Fluss»; Fabian Müller, Pressesprecher Verein Neubasel.

 

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