Operieren in der Schweiz NSA-Überwachungsfirmen? Gibt die Swisscom ihre Daten an US-Geheimdienste weiter? Diese Fragen bleiben unbeantwortet. Denn die Bundesanwaltschaft will nicht gegen die NSA ermitteln.
In Deutschland ist es ein Riesenthema: NSA-Untersuchungsausschuss, Massenüberwachung, Schutz der Privatsphäre. Und in der Schweiz? Einige Datenschützer reichen eine Strafanzeige gegen die NSA-Machenschaften ein und erhalten ein einseitiges Schreiben der Bundesanwaltschaft.
Begründung der Bundesanwaltschaft, weshalb keine Strafanzeige erfolgt. (Bild: Kopie Brief der Digitalen Gesellschaft)
Etwas mager, könnte man meinen. Gerade weil es sich um ein so gewaltiges Thema handelt.
Die Enthüllungen von Edward Snowden belegen, dass amerikanische Geheimdienste über Systeme wie «PRISM» weltweit Datenschutzbestimmungen verletzen. Die Schweiz ist davon nicht ausgenommen.
Deswegen hat Martin Steiger und die Digitale Gesellschaft letztes Jahr eine Strafanzeige gegen Unbekannt eingereicht – es handle sich um mutmassliche Straftaten gegen die Schweizer Bevölkerung.
Abhängig von ausländischen Geheimdiensten
Die Bundesanwaltschaft findet nun, die Anzeige erfülle nicht die «Bedingungen für die Eröffnung eines Strafverfahrens». Der Entscheid wird mit dem Gesetzesartikel zum verbotenen Nachrichtendienst begründet. Für Steiger ist das die «billigste Variante», die die Bundesanwaltschaft vorbringen konnte.
Warum hält es die Bundesanwaltschaft nicht für notwendig gegen die Datenschutzverstösse zu ermitteln?
Martin Steiger meint: Die Bundesanwaltschaft sei «abhängig von Tipps von ausländischen Geheimdiensten», deshalb wäre es paradox, gegen diese Geheimdienste zu ermitteln. Er spricht deswegen von einer «Doppelrolle» und fordert die Einsetzung eines «ausserordentlichen Bundesanwalts» wegen Befangenheit der Bundesanwaltschaft.
Kooperation mit NSA ist unklar
Das ist starker Tobak. Aber es ist davon auszugehen, dass er mit der Befangenheit Recht hat. Gerade schrieb der «Tages-Anzeiger» darüber, wie die USA die Schweizer Behörden vor einer Terrorzelle warnten. Ohne den «grossen Bruder» NSA läuft offenbar wenig bei der Terrorfahndung in der Schweiz.
Die Schweiz profitiert von der Massenüberwachung. Warum sollte das kleine Land also gegen seinen grossen Partner ermitteln? «Ob es die Partnerschaft mit den USA braucht, darüber sollten wir unbedingt diskutieren, aber diese Diskussion muss offen geführt werden», sagt Steiger.
Im Moment sei unklar, inwieweit der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) mit amerikanischen Behörden kooperiere. «Es braucht Transparenz, dann können wir entscheiden, welche Kooperationen stattfinden sollen und welche nicht», sagt Steiger.
Noch eine Anzeige
Was hätte eine Strafanzeige gegen Unbekannt gebracht? In erster Linie wäre dies ein politisches Signal gewesen: «So könnt ihr Amerikaner nicht mit uns umgehen!» Zweitens hätte die Situation in der Schweiz geklärt werden können. Sind Swisscom und Co. in den Daten-Skandal verwickelt? Gibt es Ableger der NSA, die in der Schweiz mit Ablegerfirmen operieren?
Diese Fragen bleiben vorerst unbeantwortet.
Die Digitale Gesellschaft arbeitet jedoch bereits an einem nächsten Vorstoss. Es soll wieder Strafanzeige erstattet werden, dieses Mal sollen die Geschädigten, also überwachte Bürger klagen.
Steiger geht davon aus, dass diese Anzeige erfolgsversprechender ist, schliesslich gebe es mittlerweile handfestere Beweise für die Überwachung.