Die regionale Talentförderung steigt auf in die höchste Liga

Der Leichtathletikverband Swiss Athletics nimmt das Leichtathletik Leistungszentrum Nordwestschweiz in die oberste Liga auf. Die regionale Nachwuchsförderung hofft mit dem neuen Label auf mehr Geld.

Gregori Ott (SUI); 10. psd Bank Meeting am 29.01.2015 in der Leichtathletik-Halle im Arena-Sportpark Duesseldorf (Deutschland). Foto: Axel Kohring / Beautiful Sports 10. psd Bank Meeting; Duesseldorf, 29.01.2015 xakx Gregori Ott SUI 10 PSD Bank Meeting at 29 01 2015 in the Athletics Hall in Arena Sports Park Duesseldorf Germany Photo Axel Kohring Beautiful Sports 10 PSD Bank Meeting Duesseldorf 29 01 2015

(Bild: Imago/Axel Kohring)

Der Leichtathletikverband Swiss Athletics nimmt das Leichtathletik Leistungszentrum Nordwestschweiz in die oberste Liga auf. Die regionale Nachwuchsförderung hofft mit dem neuen Label auf mehr Geld.

Bisher gibt es in der Leichtathletik drei nationale Leistungssportzentren (NLZ). In Zürich, Bern-Magglingen und Lausanne-Aigle liegen diese in den Leichtathletik-Hochburgen des Landes. Mit der Ernennung zum nationalen Leistungszentrum hält das Leistungszentrum Nordwestschweiz (LLZ NWS) Einzug in den auserwählten Kreis und darf sich jetzt – etwas sperrig – NLZ NWS nennen.

Vor sechs Jahren wurde das LLZ NWS gegründet. Seine Aufgabe sah es darin, Hürden des Vereinsdenkens zu überwinden und den regionalen Leichtathleten die bestmöglichen Trainingsmöglichkeiten zu bieten. Die grössten finanziellen Anstrengungen wurden für Trainer unternommen, die vereinsübergreifend Trainings anbieten.

Das LLZ will mehr Sponsorengelder

Der Präsident des LLZ NWS, Christoph Biedermann, bezeichnet die Aufnahme in die oberste Liga der Schweizer Leichtathletik als einen entscheidenden Schritt. Bisher habe man jährlich etwa 180’000 Franken zur Verfügung gehabt. Diese Summe ergibt sich aus kantonalen Subventionen sowie Beiträgen des Verbands und der Vereine. Durch das neue nationale Label hofft Biedermann, auch für Sponsoren attraktiver zu werden und so noch mehr Geld für die Leichtathletikförderung einsetzen zu können.

In der Ausbildung junger Athleten sind gut ausgebildete Trainer entscheidend. Daher setzt das LLZ die Beträge vor allem für deren Finanzierung ein. Die Trainer geben ihr Wissen vereinsübergreifend mehreren Athleten weiter. Durch die Teilzeitanstellung und Bezahlung der Trainer sollen den Athleten mehr Möglichkeiten bei der Gestaltung des Trainingsbetriebs offen stehen. Die Trainer sind an das LLZ gebunden und können auch Trainings am Morgen oder am Nachmittag anbieten.

Für Peter Haas, Chef Leistungssport Swiss Athletics, haben entsprechend ausgebildete Trainer auch einen positiven Einfluss auf die Entwicklung der Disziplinen: «Gute Trainer haben eine Wirkung auf die ganze Schweizer Leichtathletik. Wenn ein guter Trainer etwas aufbaut, zieht das gute Athleten an und führt zu gewinnbringenden Trainingsgruppen», sagt der ehemalige Basler Spitzenläufer.

Die Athleten hoffen auf bessere medizinische Betreuung

Auch Roland Bitzi, Präsident der Leichtathletik Old Boys Basel, betont, wie wichtig gute Trainingsgruppen für die Entwicklung einzelner Athleten seien. Als Präsident jenes Vereins, der am meisten Athleten des LLZ stellt, spricht er von einer sehr kooperativen Arbeit mit dem Zentrum und freut sich über die nationale Anerkennung.

Mit Gregori Ott (21) und Marquis Richards (24) haben gleich zwei Aushängeschilder der Nordwestschweizer Leichtathletik einen Grossteil der vergangenen Saison verpasst. Beide hatten ihrem Körper zu viel zugemutet und sind daraufhin krank geworden. Kugelstösser Gregori Ott musste deshalb gleich für mehrere Monate dem Spitzensport fernbleiben.



Marquis Richards from Switzerland competes in the men's pole vault qualifying event, at the third day of the European Athletics Championships in the Letzigrund Stadium in Zurich, Switzerland, Thursday, August 14, 2014. (KEYSTONE/Ennio Leanza)

Marquis Richards bei einem seiner 30 Wettkämpfe in der Saison 2014. War dieser der eine zu viel? (Bild: Keystone/ENNIO LEANZA)

Beide Athleten, Ott und Stabhochspringer Richards, sind heute Profis. Richards hat seinen ehemaligen Job gekündigt, um sich wie Ott voll auf die sportliche Karriere zu konzentrieren. Die vergangenen zwei Jahre haben sie gelehrt, dass sie besser auf ihren Körper hören müssen. Ott hatte trotz Krankheit weitertrainiert und musste seinen Hallen-EM-Traum auf der Anreise mit 40 Grad Fieber am Flughafen aufgeben. Und seinen Körper überfordert hat Richards wohl mit seinen 30 Wettkämpfen in der Saison 2014.

Die Jungprofis organisieren die medizinische Überwachung selber

Die medizinischen Probleme der Jungprofis werfen Fragen auf. Beide betonen zwar, sie seien für ihre Gesundheit selbst verantwortlich. Trotzdem hoffen sie, dass die neuen Strukturen und die potenziellen finanziellen Mittel auch die medizinische Betreuung verbessern werden.

Das LLZ NWS hat zwar eine Partnerschaft mit der Merian-Iselin-Klinik, es gibt aber keine institutionalisierten Kontrollen für die Athleten. Die Athleten managen Belastung, Erholung und medizinische Betreuung selber. Sie müssen sich selbstständig bei einem Arzt oder Physiotherapeuten anmelden, wenn sie dies für nötig halten. Doch: «Man geht immer zu spät zum Arzt», sagt Marquis Richards. 

Ist es nicht die Aufgabe des Leistungszentrums, die jungen Athleten vor Überanspruchung zu schützen? Philipp Schmid, verantwortlich für Marketing und Kommunikation beim LLZ NWS, sagt, es gebe zwar Anstrengungen in diese Richtung, die Zahl an Athleten sei für eine individuelle medizinische Betreuung aber zu gross. Dazu bedürfe es zuerst einer Selektion.

Nicht auf Anraten des LLZ NWS, sondern aus Sorge um seinen Körper und seine Karriere, unterzieht sich Kugelstösser Ott mittlerweile in vierwöchigem Abstand medizinischen Kontrollen.

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