Die segensreichen Taten der Holbeinschen Madonna

Die Leihgabe der berühmten «Darmstädter Madonna» von Hans Holbein d. J. an das Kunstmuseum Basel ermöglichte ab 1953 vielen vom Zweiten Weltkrieg gezeichneten Kindern aus Deutschland Erholungsaufenthalte in Davos.

Die segensreiche «Madonna des Bürgermeisters Meyer» von Hans Holbein d. J.

Die Leihgabe der berühmten «Darmstädter Madonna» von Hans Holbein d. J. an das Kunstmuseum Basel ermöglichte ab 1953 vielen vom Zweiten Weltkrieg gezeichneten Kindern aus Deutschland Erholungsaufenthalte in Davos.



Die segensreiche «Madonna des Bürgermeisters Meyer» von Hans Holbein d. J.

Die segensreiche «Madonna des Bürgermeisters Meyer» von Hans Holbein d. J.

Die Erwähnung der «Darmstädter Madonna» entlockt vielen Baslern noch heute einen wehmütigen Seufzer. Die Rede ist von einem der Hauptwerke der oberrheinischen Renaissance, das Hans Holbein der Jüngere 1525/26 im Auftrag des Basler Bürgermeisters Jakob Meyer zum Hasen geschaffen hat. Über verworrene Wege landete das Werk, das früh berühmt wurde, in Darmstadt, wo die Madonna ihren Beinamen erhielt. 2011 gelangte es nach dem Verkauf an den Werkzeug-Milliardär Reinhold Würth nach Schwäbisch Hall. Weil es zum Deutschen Kulturgut ernannt wurde, darf es nicht mehr ins Ausland verkauft werden.

Die «Madonna des Bürgermeisters Meyer», wie das Werk eigentlich heisst, ist nicht nur ausgesprochen begehrt und wertvoll, sie gilt auch als eine der Mütter der modernen Kunstgeschichte (Stichwort: Dresdner Holbeinstreit). Und sie hat, wie es sich für eine Schutzmantel-Madonna gehört, auch Segen verbreitet. Dies mit Hilfe der früheren Besitzer des Gemäldes, Prinz Ludwig von Hessen und bei Rhein und seiner Frau Prinzessin Margaret, sowie der Stadt Basel. 

Hilfe für kriegsversehrte Kinder

«Holbeinsche Madonna spendet Freude», titelte das «Darmstädter Tagblatt» vor gut 50 Jahren. Die hessischen Fürsten hatten ihre Madonna, die den Zweiten Weltkrieg auf geradezu wundersame Weise überlebt hatte, 1947 quasi zur Erholung dem Kunstmuseum Basel ausgeliehen. Dort blieb sie fast zehn Jahre lang, bis sie wieder nach Deutschland zurückkehren musste. (2006 war sie anlässlich der grossen Holbein-Ausstellung im Kunstmuseum Basel zu sehen.)

Die Prinzessin Margaret und die Stadt Basel einigten sich anstelle einer Leihgebühr auf eine wohltätige Gegenleistung. So ermöglichte Basel ab 1953 jährlich 20 vom Krieg gezeichneten Kindern aus Darmstadt einen Erholungsaufenthalt in Davos. Die Knaben und Mädchen, die in der berühmten Davoser Luft offenbar rasch wieder zu Kräften kamen, gingen als «Madonnenkinder» in die Geschichte ein.

Noch heute mit der Madonna verbunden

Die «Madonnenkinder» mussten oder durften auf ihrer Reise nach Davos in Basel einen Zwischenhalt einlegen, wo sie vor die segensreiche Marien-Darstellung geführt wurden. Offensichtlich hatte dies keine abschreckende Wirkung. Wie das «Darmstädter Echo» vor gut zehn Jahren recherchierte, fühlten sich viele der «Madonnenkinder» auch im höheren Alter noch immer sehr mit ihrer Schutzheiligen verbunden.

Diese Erfahrung konnte auch der neue Besitzer des Gemäldes machen, der dem Vernehmen nach gegen 60 Millionen Euro hingeblättert haben soll. Reinhold Würth lud die Darmstädter «Madonnenkinder» bereits zweimal nach Schwäbisch Hall ein, wo die «Darmstädter Madonna», die jetzt eine schwäbische Madonna ist, in der Johanniterkirche zu bewundern ist.

Wieder auf Reisen

Beziehungsweise bis vor Kurzem zu bewundern war. Denn im Moment befindet sich die Holbeinsche Madonna wiederum auf Reisen. Diese führten sie zuerst nach Berlin. Im August 2016 wird sie erneut in der Schweiz sein. Allerdings nicht in ihrem Geburtsort Basel, sondern in Zürich. Dort wird sie als zentrale Leihgabe der Ausstellung zur «Kultur der Renaissance» die Ehre haben, den Erweiterungsbau des Landesmuseums einzuweihen.

Dann werden die Baslerinnen und Basler, die in Zürich «ihre» verlorene Madonna besuchen werden, gewissermassen selber zu «Madonnenkindern».

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