Die Zitterbrücke zu St. Alban

Jahrzehntelang wurde über die Brücke diskutiert. Als sie dann gebaut war, blieb sie gerade mal 18 Jahre bestehen.

Im Schatten der grossen Schwester: Abbruch der St. Albanbrücke. (Bild: Hans Beretolf, Staatsarchiv BSL 1013 1-6960 1)

Jahrzehntelang wurde über die Brücke diskutiert. Als sie dann gebaut war, blieb sie gerade mal 18 Jahre bestehen.

Als das Bauwerk am 2. April 1955 offiziell eingeweiht wurde, verkündete der damalige Basler Regierungsrat und Baudirektor Fritz Ebi in bester Feststimmung: «Möge für alle Zeiten ein guter Stern über der neuen St. Albanbrücke stehen.» Der «gute Stern» erlosch indes bereits nach 20 Jahren.

Die Geschichte des sechsten Basler Rheinübergangs war geprägt durch eine wechselvolle Verkehrsplanung. Ursprünglich ging es darum, die aufstrebenden Quartiere im Osten der Stadt miteinander zu verbinden. Als die St. Albanbrücke gebaut war, musste sie den wachsenden Verkehr zwischen den deutschen und Schweizer Autobahnen aufnehmen.

Der spätere Entscheid, die Osttangente, also das Autobahn-Verbindungsstück zwischen dem deutschen und dem Schweizer Autobahnnetz nicht ausserhalb des Siedlungsgebiets zu erstellen, sondern durch städtisches Gebiet zu führen, bedingte den Bau der neuen zehnspurigen Brücke. Die unmittelbar benachbarte vierspurige Stahlbrücke wurde überflüssig

Lange Planung, kurze Lebensdauer

Die St. Albanbrücke wurde somit zum Relikt einer Fehlplanung. Bereits auf dem Stadtplan aus dem Jahre 1905 war zwischen dem Breitequartier und der damals noch kaum überbauten Kleinbasler Seite mit gestrichelten Linien ein Brückenprojekt eingezeichnet.

Vier Jahre zuvor hatte der Grosse Rat einem generellen Baulinienplan mit diesem, in einem Gutachten aus dem Jahre 1876 erstmals erwähnten Brückenprojekt seinen Segen erteilt.

Es dauerte aber viele Jahre, bis die Brücke erstmals als konkretes Projekt auf die politische Tagesordnung gelangte. Im August 1926, acht Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs, wurde eine von 9782 Stimmbürgern unterzeichnete Volksinitiative für den Bau einer «Hallwilerbrücke» (benannt nach einem Strassenprojekt gleichen Namens) eingereicht. Dieser Appell fand bei den politisch Verantwortlichen wohl Gehör – der Grosse Rat erklärte die Initiative als erheblich –, für die Stadtplaner hatten aber der Bau der Dreirosenbrücke und die Verbreiterung der Wettsteinbrücke Vorrang, sodass das Brückenprojekt im Osten erneut auf Eis gelegt wurde.

Und das länger als eigentlich geplant: Als 1939 der Zweite Weltkrieg ausbrach, die verbreiterte Wettsteinbrücke war eben erst dem Verkehr übergeben worden, kam ein Brückenneubau nicht infrage: «Ganz abgesehen davon, dass vom Standpunkt der Landesverteidigung aus der Bau eines neuen Rheinübergangs während des Krieges unerwünscht ist, besteht aber zur Zeit keine Möglichkeit, das für den Bau einer neuen Rheinbrücke benötigte Material zu beschaffen», schrieb der Kantons­ingenieur.

Im Januar 1953 bewilligte der Grosse Rat einen Baukredit von acht Millionen Franken für den neuen Rheinübergang, der in der Zwischenzeit den Namen St. Albanbrücke trug. Und im Mai desselben Jahres segneten die Basler Stimmbürger das Projekt mit einem Mehr von 17 593 Ja- gegen 764 Nein-Stimmen ab. Ihre leichte Bauweise beschied der Brücke mit ihren 135 Metern Spannweite zwischen den beiden Pfeilern später den Übernamen «Zitterbrugg».

Abbruch statt Begrünung

1955 wurde das Bauwerk endlich eingeweiht. Es dauerte also ein halbes Jahrhundert, bis auf das vom Grossen Rat für erheblich erklärte Volksbegehren ein konkretes Resultat folgte. Und dann waren der Brücke nur gerade 18 Jahre Lebensdauer beschieden. Im Dezember 1973 durchschnitt der Basler Bundesrat Hans Peter Tschudi das Band zur Eröffnung der neuen Schwarzwaldbrücke. Es war Tschudis letzte offizielle Amtshandlung vor seinem Rücktritt aus der Landesregierung und zugleich der Schlussstrich unter die Geschichte der St. Albanbrücke.

Abgebrochen wurde die St. Albanbrücke erst zwei Jahre nach Inbetriebnahme der neuen Brücke. Die Regierung liebäugelte einige Zeit mit der Idee, die Stahlbrücke zu demontieren, um sie rund 600 Meter weiter westlich als Sevogelbrücke wieder aufzubauen. Weit weniger pragmatisch war der Vorschlag des Basler Architekten Ferenc Füzesi. Er schlug vor, das Bauwerk zur Wohnbrücke umzugestalten – mit 117 Wohnungen im Baurecht. Doch das Basler Tiefbauamt schlug diese Pläne wegen statischer Bedenken in den Wind. Auch andere Vorschläge, die Begrünung der Brücke oder deren Nutzung als Parkplatz, wurden nicht weiterverfolgt. Und im Herbst 1975 wurde die Brücke abgebrochen.

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