E-Mails, Whatsapp, Facebook – Nationalrat lässt den Nachrichtendienst mitlesen

E-Mails, SMS-Verkehr, Facebook-Nachrichten: Fast der gesamte Internetverkehr könnte vom neuen Nachrichtendienstgesetz (NDG) betroffen sein, das der Nationalrat nun verabschiedete.

Grünen-Nationalrat Daniel Vischer mahnte vor der Abstimmung im Parlament vor den Folgen der Überwachung. Erfolglos. (Bild: sda)

Emails, Whatsapp, Facebook-Nachrichten: Fast der gesamte Internetverkehr könnte vom neuen Nachrichtendienstgesetz (NDG) betroffen sein, das der Nationalrat nun verabschiedete.

Am Montag bestätigte der Nationalrat die grundsätzliche Haltung des Bundesrats, der dem Nachrichtendienst mehr Kompetenzen geben will. In Zukunft soll der Nachrichtendienst verwanzen und abhören, auch wenn kein Verdacht auf eine straffällige Handlung besteht.

Der umstrittenste Punkt des neuen Nachrichtendienstgesetzes (NDG) betraf die sogenannte Kabelaufklärung. Mit der Kabelaufklärung soll der Schweizer Geheimdienst die Möglichkeit erhalten, den grenzüberschreitenden Internetverkehr auf Schlagworte zu durchsuchen. Konkret heisst das: Jede E-Mail, jede Handynachricht, die über die Grenze hinweg verschickt wird, darf der Nachrichtendienst künftig nach Stichwörtern durchsuchen.

Die Kritiker des Gesetzes monieren, damit seien praktisch alle digitalen Kommunikationskanäle betroffen, da fast der gesamte Internetverkehr über die Landesgrenzen hinweg läuft. Wer seine Nachrichten beispielsweise über den Internetdienst «Whatsapp» schreibt, wäre betroffen, da die Server von «Whatsapp» nicht in der Schweiz stehen.

Nachrichtendienst soll nicht Mini-NSA spielen

Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli meinte, bei der Kabelaufklärung gehe es darum, «ob der Nachrichtendienst Mini-NSA spielen darf». Er wollte den Artikel deshalb aus dem NDG streichen. Mit den zusätzlichen Daten werde bloss der Heuhaufen grösser, der Nachrichtendienst würde die Nadel aber nicht einfacher finden, so Glättli. Sein Antrag zur Streichung der Kabelaufklärung scheiterte mit 116 zu 67 Stimmen.

Ebenfalls umstritten war, ob der Nachrichtendienst sich im virtuellen Raum verteidigen dürfe. Roland Fischer von der grünliberalen Partei stellte in Frage, ob der Artikel zur Cyber-Abwehr überhaupt in das NDG gehöre. Der Nachrichtendienst brauche nicht elektronische Kriege zu führen, er habe in erster Linie präventive Aufgaben.

Neues Gesetz bringt die Schweiz in Teufelsküche

Der Cyber-War-Artikel wurde im Vorfeld auch von Internetexperten kritisiert. Martin Steiger von der Digitalen Gesellschaft sagte Anfang Februar, die Schweiz begebe sich damit in Teufelsküche.

«Was heisst es überhaupt, einen Cyberwar zu führen? Attackiert die Schweiz dann einen anderen Staat im digitalen Raum?» Angesichts der Schweizer Neutralität sei dies äusserst brisant. Auch diesem Artikel stimmte der Nationalrat zu.

Die Allianz zwischen Grünen und SP setzte sich im Nationalrat nicht durch. CVP, BDP, FDP und SVP stimmten mit wenigen Ausnahmen geschlossen für die umfassenden Kompetenzen des Nachrichtendienstes. Grundsätzlich gegen das Gesetz waren nur die Grünen. Die SP stimmte zu Beginn der Eintretensdebatte für das NDG. Nachdem keine Änderungen vorgenommen wurden, stimmten die SP-Nationalräte dagegen.

Der Ständerat wird voraussichtlich in der Sommersession über das NDG entscheiden. Falls der Zweitrat das Gesetz in dieser Form ebenfalls durchwinkt, ist es absehbar, dass die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger an der Urne darüber entscheiden werden. SP-Nationalrat Cédric Wermuth deutete dies bereits während den Abstimmungen im Nationalrat an.

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