Ein Standortleiter, der Probleme kleinredete, und eine Gewerkschaft, die sich nicht kümmerte. Wie es zur Pannenserie bei der Cabb kommen konnte.
Die Cabb-Chefs hoffen, mit der neuen Anlage und einem neuen Management in eine rosigere Zukunft starten zu können. Dabei bitten Sie um «Geduld und einen Vertrauensvorschuss», wie CEO Peter Vanacker gegenüber den Medien sagte.
(Bild: Alexander Preobrajenski)Cabb-Mediensprecher Ulrich Gartner hatte in den letzten Wochen und Monaten viel zu tun.
(Bild: Alexander Preobrajenski)Der ganze Stolz der Cabb: Die neue Elektrolyseanlage in Pratteln. Das 55-Millionen-Projekt dauerte von Planung bis Einweihung zwei Jahre. Bei der Inbetriebnahme kam es bereits wieder zu zwei Zwischenfällen, doch das Unternehmen ist zuversichtlich, dass die Anlage dereinst die Investition wert sein wird.
(Bild: Alexander Preobrajenski)Die Medien kamen zahlreich. Um sich die neue Anlage zeigen zu lassen, vor allem aber, um Fragen zur Pannenserie zu stellen.
(Bild: Alexander Preobrajenski)So sieht es im Untergeschoss der Elektrolyseanlage aus. Rund 100 Handwerker und Ingenieure waren zeitgleich mit dem Aufbau der hoch spezialisierten Anlage beschäftigt.
(Bild: Alexander Preobrajenski)Und so funktioniert das Gerät.
(Bild: Alexander Preobrajenski)Der Rohstoff kommt aus der Nachbarschaft. Für die Chlorproduktion setzt die Cabb auf Natriumchlorid (Kochsalz) aus der Rheinsaline die ihre Produktion nur wenige Meter entfernt betreibt.
(Bild: Alexander Preobrajenski)In den Räumen ist höchste Sauberkeit das Gebot. In diesem Gerät werden Pulversäcke geöffnet, so dass sich der feine Staub nicht innerhalb der Anlage verteilen kann.
(Bild: Alexander Preobrajenski)«Cabb braucht in Pratteln einen Neustart», sagte Konzernchef Peter Vanacker am Mittwoch vor den Medien. Sein Versprechen ging einher mit einer Entschuldigung für die vielen Unfälle und Pannen, die sich der Chemieproduzent in den letzten Monaten geleistet hat.
Doch wer neu starten will, muss zuerst aufräumen, auslüften, sauber machen. Ein Aufbruch in eine bessere Zukunft gelingt nur ohne Altlasten. Deshalb scheute die Cabb-Führungsriege keine Mühen, um sich anlässlich der Einweihungsfeier für die neue Elektrolyseanlage in bestem Licht zu präsentieren.
Dafür wies die Cabb ihre Arbeiter an, sich am Tag der Feier ausschliesslich in ihren Werkstätten und Arbeitsräumen aufzuhalten, ausser Sichtweite der geladenen Gäste. Ebenfalls unsichtbar bleiben sollten die zahlreichen Behälter mit Chemikalien, die ansonsten im Freien gelagert werden. Auf Geheiss der Führungsriege wurden sie aus dem Blickfeld geschafft. Cabb-Sprecher Ulrich Gartner bestätigt diese Informationen der TagesWoche. «Es ist doch bestimmt nachvollziehbar, dass sich ein Unternehmen Mühe gibt, einen besonders guten Eindruck zu hinterlassen wenn Gäste das Firmengelände besuchen.»
Weshalb aber ist die Unia innerhalb der Cabb derart schlecht vertreten? Einen Hinweis darauf gibt eine Aussage die der damalige Unia-Sprecher Patrick Dubach gegenüber der TagesWoche gemacht hat. «Die Cabb steht nicht zuoberst auf unserer Prioritätenliste.» Begründet hatte Dubach dies mit internen Abwesenheiten. Leuzinger mag diese Aussage nicht kommentieren. Hält jedoch fest: «Wir sind natürlich in allen Betrieben vor Ort, wenn dies von unseren Mitgliedern erwünscht wird.»
Auch der Informant der TagesWoche bestätigt, dass die Unia innerhalb der Cabb kaum Relevanz habe. Das war nicht immer so, als vor drei Jahren 100 Cabb-Arbeitsplätze bedroht waren, gab sich die Unia noch kämpferisch. Doch Outsourcing von Logistik und technischem Dienst sowie Personalabgänge haben weiter zum tiefen Organisierungsgrad beigetragen.
Die Frage nach dem Beitrag der Gewerkschaften zur Sicherheitskultur bei der Cabb in Pratteln war an der Medienkonferenz der einzige Moment, in dem der perfekt durchorchestrierte Auftritt der Cabb-Chefs Risse zeigte. Der neue Standortleiter Thomas Eizenhöfer reagierte ungehalten: «Wenn wir die Sicherheit im Unternehmen nicht ohne Gewerkschaft garantieren könnten, wäre das ein echtes Armutszeugnis.»
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Stellungnahme Robert Dahinden:
«Die Notwendigkeit, die ARA zu sanieren, war unter den beteiligten Firmen völlig unstrittig, und ich habe mich als ihr Verwaltungsratspräsident dafür eingesetzt. Kompliziert wurde die Diskussion vor allem durch parallele Überlegungen, die ARA komplett zu verlagern. Die Sanierung einer Anlage, die kurz darauf ohnehin verlegt würde, hätte aus naheliegenden Gründen wenig Sinn gemacht. Da waren sich die Unternehmen ebenfalls einig. Man hat sich schliesslich für die Sanierung entschieden, und die für 20 Millionen Franken errichtete Abluftanlage nimmt kommendes Jahr den Betrieb auf. Ein ‹Machtwort› von wem auch immer war für die schliesslich getroffene Entscheidung zugunsten der Sanierung vor Ort gar nicht nötig.»
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Artikelgeschichte
26.11.2016, 10 Uhr: Der Artikel wurde um eine nachträgliche Stellungnahme von Robert Dahinden ergänzt.