Ein Besuch auf vergiftetem Boden

Seit letztem Jahr saniert die Novartis das stark kontaminierte Gelände am Rheinbord in Hüningen. Der Pharma-Riese nennt es, «eines der grössten Sanierungsprojekte aller Zeiten».

Maskierte Medienschaffende - das Areal darf nur mit Schutzmasken betreten werden. (Bild: Simon Jäggi)

Riesige weisse Zelte überspannenen das kontaminierte STEIH-Areal zwischen dem Campus der Novartis und dem Ortsrand von Hüningen. Arbeiter in weissen Schutzanzügen und Gasmasken gehen durch ein Schleusensystem ein und aus. Überall stehen Fässer, Warnschilder und Kohlenfilteranlagen. Seit vergangenem Jahr findet am Rheinufer eine der weltweit grössten Bodensanierungen statt.

Bis in die 70er Jahre produzierte auf dem Areal der französische Insektizidproduzent Ugine Kuhlmann die heute verbotene Substanz Lindan. Als Nebenprodukt entstand das toxische und krebserregende Hexachlorcyclohexan (HCH). Dank den damaligen Umweltschutzbestimmungen konnte das kristalline Pulver tonnenweise auf dem Areal deponiert werden. Später betrieben unter anderem Novartis, Clariant und BASF auf dem Areal eine Kläranlage.

Ein Projekt von einmaliger Grösse

In der Zwischenzeit gehört das Areal der Novartis und zu einem kleinen Teil Clariant. Die beiden Chemieunternehmen haben sich ein anspruchsvolles Ziel gesetzt: Sie wollen das Gebiet umfassend sanieren. 226’000 Kubikmeter Sediment müssen dafür aus dem Boden geholt werden, das entspricht rund 500’000 Tonnen. Die Hälfte davon ist gemäss Schätzungen der Novartis stark kontaminiert. Dieser Teil wird mit Schiff und Zug nach Nordeuropa transportiert und dort mittels Verbrennung und weiteren Verfahren unschädlich gemacht. Die andere Hälfte wird vor Ort gereinigt und soll nach abgeschlossener Sanierung wieder dem Boden zugeführt werden. Kosten wird das ganze voraussichtlich 100 Millionen Euro. Wie diese Kosten zwischen der Novartis und Clariant aufgeteilt werden, wird derzeit noch verhandelt.

Es sei ein anspruchsvolles und sensibles Projekt, erklärt der Novartis-Kommunikationsverantwortliche Felix Räber. Zur Vorbereitung habe man sich bei anderen Sanierungsprojekten im Ausland schlau gemacht. Die aktuelle Sanierung sei jedoch weltweit einmalig, was die Gesamtmenge betreffe ebenso wie den Grad der Kontaminierung.

In Fässern lagert pures Nervengift

Anlässlich einer Medienorientierung organisierte Novartis einen Rundgang über das Areal. Die weissen Zelte blieben für die Journalisten geschlossen. Aber auch ausserhalb müssen die Besucher Schutzmasken tragen. Eine reine Sicherheitsvorkehrung, die Dosis in der Luft im Freien ist nicht gefährlich. Auf dem Areal stehen stapelweise blaue Kanister, sie sind gefüllt mit reinem HCH und warten auf den Abtransport.

Förderbänder tragen die ausgehobene Erde auf grossen Haufen zusammen. Und in einem kleineren Isolierzelt steht ein Arbeiter im Druckanzug und füllt weitere Fässer mit HCH. Wer für einen kurzen Moment die eigene Schutzmaske hebt, dem steigt ein eigenartig muffiger Geruch in die Nase. Ein typisches Merkmal des Nervengiftes HCH, wie eine kurze Recherche im Internet ergibt. Gemäss Aussage von Felix Räber hat der Geruch jedoch nichts mit HCH zu tun. Ursache seien unter anderem die ehemalige Kläranlage sowie der Beton.

Ideen für die künftige Nutzung werden diskutiert

Bei der Novartis zeigt man sich zufrieden mit dem bisherigen Verlauf der Arbeiten. Bis im kommenden Sommer soll die Sanierung abgeschlossen sein. Was dann mit dem 55’000 Quadratmeter grossen Areal passieren soll, ist noch offen. Auf Visualisierungen in den Presseunterlagen ist ein grünes Biotop mit einem grossen See dargestellt. Diese Bilder seien aber nicht verbindlich, erklärt Felix Räber. Zur Zeit würden verschiedene Ideen diskutiert.

Klar sei jedoch erst, dass rund 100 Parkplätze gebaut werden sollen. Eine öffentliche Nutzung des Areals sei unwahrscheinlich. Schon eher möglich scheint es, dass Novartis das Areal für eigene Zwecke neu bebaut. Bereits vor Monaten wurde über den Bau von Wohnungen diskutiert. Für die nächsten Jahre sei eine Überbauung jedoch kein Thema, sagt Räber. Vorerst wolle man alle Möglichkeiten offen lassen.

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