Ein Nest für Kinder feiert seinen Geburtstag

Das «Kindernäscht» ist die einzige Betreuungseinrichtung in Basel, die Kinder stundenweise und ohne Voranmeldung aufnimmt. Trotz ständig knapper Finanzen kann es jetzt sein 10-jähriges Bestehen feiern.

Im Kindernäscht ist Platz zum Spielen (Bild: Nils Fisch)

Das «Kindernäscht» ist die einzige Betreuungseinrichtung in Basel, die Kinder stundenweise und ohne Voranmeldung aufnimmt. Trotz ständig knapper Finanzen kann es jetzt sein 10-jähriges Bestehen feiern. 

Bis Kinder mit dem eigenen Taschengeld losziehen können, sind Shopping-Touren für sie ein Horror. Und letztlich auch für die Eltern – wenn der Nachwuchs seinen Unmut rausbrüllt. Clevere Marketingstrategen wie diejenigen von Ikea haben das längst erkannt und deshalb eigene Kinderhütedienste eingerichtet. Doch das war nicht das, was Letizia Marioni vorschwebte, als ihre beiden Buben noch klein waren. Die gelernte Körper- und Gesprächstherapeutin wollte eine unabhängige, professionell betreute Betreuungseinrichtung, die individueller auf die Bedürfnisse der Eltern eingehen konnte als die üblichen Kinderkrippen und Horte.

Als alleinerziehende Mutter fehlte ihr damals genau das. Ihre Arbeitszeiten waren unregelmässig, «und manchmal war es sehr schwierig, kurzfristig jemanden zu finden, der zu den Kindern schauen würde». Als dann die Christian-Merian-Stiftung einen Ideenwettbewerb für Projekte zu den Themen Kinder, Jugend und Migration ausschrieb, sah Marioni die Chance gekommen. Zusammen mit zwei Freundinnen – Juristin die eine, Sozialpädagogin die andere – entwickelte sie ein Konzept und reichte es ein. Mit Erfolg: 36 Arbeiten wurden prämiert, eine davon war das Kindernäscht. Am 2. Februar 2002 konnte Letizia Marioni das 190 Quadratmeter grosse Kindernäscht eröffnen, mitten in der Stadt, im 2. Stock an der Gerbergasse 14.

Das Spontane gehört zum Konzept

Seither kommen täglich Kinder zum Spielen und Basteln hierher – etwa weil die Mutter unerwartet den Dienst einer Kollegin übernehmen muss. Oder der Vater an seinem «Kindertag» einen Arzttermin hat. Oder weil die Eltern vielleicht wieder einmal zwei, drei Stunden ohne Kind etwas miteinander unternehmen möchten. So wie die Eltern des sechsjährigen Tim, der gerade mit Hilfe der Betreuerin ein grosses Tier aus Karton in den Spielraum trägt. Tim hat das Trisomie21-Syndrom, er kommt seit zwei Jahren hin und wieder ins Kindernäscht. «Ich hatte anfangs Bedenken – und sehr viele Fragen», sagt seine Mutter. Wie würden die Betreuerinnen mit ihm klar kommen, wie die anderen Kinder mit ihm umgehen? Und heute könne sie nur sagen: «Es ist super, alles.» Manchmal wolle er gar nicht mehr nach Hause gehen, so wohl fühle er sich im Kindernäscht.

Das Kindernäscht steht Kindern im Alter von zwei bis zwölf Jahren offen, Platz haben maximal 20 Kinder. Eine Stunde kostet neun Franken pro Kind, sechs Franken für jedes weitere Kind. Eine vorherige Anmeldung ist nicht nötig, wer aber ganz sicher sein will, kann dies selbstverständlich tun. «Das Spontane», sagt Letizia Marioni, «ist Teil des Konzepts und wird von vielen Eltern besonders geschätzt.» Entsprechend dem ganz normalen Familienalltag von Familien, in dem nicht immer alles vorhersehbar ist. Dieses Konzept jedoch ist auch der Grund, weshalb das Kindernäscht keine Subventionen vom Kanton erhält. Es ist zwar wie andere Einrichtungen bewilligungspflichtig und muss die dafür notwendigen Vorgaben einhalten, aber: «Das Kindernäscht passt nicht in die üblichen Kategorien», sagt Marioni, «wir sind weder Kita, Spielgruppe noch Tageshort.»

Ohne Unterstützung geht es nicht

So kämpft der Verein IG Basler Kindernäscht seit es ihn gibt um genügend finanzielle Mittel, damit das Kindernäscht am Leben bleibt. Ohne die regelmässigen Unterstützungsbeiträge von Sympany, Coop City, Manor oder auch einer Spende des Amts für Wirtschaft und Arbeit wäre das «Kindernäscht» wohl bereits Geschichte; aber das reicht nicht, um sämtliche Unkosten – Löhne für die Mitarbeiterinnen, Miete und Unterhalt – decken zu können. Also heisst es, jedes Jahr Bettelbriefe schreiben und hoffen, dass so zusätzlich noch etwas reinkommt. Trotzdem: Die Preise erhöhen kommt für Letizia Marioni nicht in Frage: «Bei uns sollen alle Kinder Platz haben, unabhängig vom Portemonnaie ihrer Eltern.» Sie will alles daran setzen, dass das Kindernäscht noch viele Geburtstage feiern kann. Die Freude der Kinder, wenn sie dort sind, sowie die vielen positiven Rückmeldungen der Eltern würden sie und ihre Mitarbeiterinnen immer wieder motivieren weiterzumachen.

Und überhaupt: Jetzt steigt erst mal das Geburtstagsfest und zwar am Samstag, 4. Februar, von 14 bis 17 Uhr mit dem Ballonkünstler Thomas Loeliger. Die Kinder werden zur Feier des Tages während zwei Stunden gratis betreut. Damit nicht alles drunter und drüber geht, braucht es ausnahmsweise jedoch eine Anmeldung (Telefon 061 261 49 39 oder Mail: info@kindernaescht.ch)

 

 

 

 

 

 

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