Ein Viertel aller Schulratspräsidenten tritt zurück

Acht Schulratspräsidenten treten aufs neue Schuljahr zurück. Einige beklagen die mangelnden Kompetenzen in ihrem Amt. Stimmt, sagt das Erziehungsdepartement, genau so soll es auch sein.

Viel Aufwand, wenig Anreiz – das Erziehungsdepartement sucht neue Schulratspräsidenten. (Bild: Keystone / Gaetan Bally)

Acht Schulratspräsidenten treten aufs neue Schuljahr zurück. Einige beklagen die mangelnden Kompetenzen in ihrem Amt. Stimmt, sagt das Erziehungsdepartement, genau so soll es auch sein.

Das Erziehungsdepartement Basel-Stadt (ED) hat alle Hände voll zu tun. Es muss gleich acht neue Schulratspräsidenten für das kommende Schuljahr finden. Knapp ein Viertel der 34 Präsidenten tritt damit nach der ersten Legislaturperiode der 2010 eingeführten Funktion zurück. Die Suche nach neuen Schulratspräsidenten war zwar bisher erfolgreich, wie das ED mitteilt, dennoch gibt es Nebengeräusche.

Einige der zurücktretenden Schulratspräsidenten beklagen, dass sie eine Funktion ohne Kompetenzen ausgeübt hätten und stellen die Grundsatzfrage, was das Amt überhaupt bringen soll. Der Schulrat und die Schulratspräsidenten haben die noch vor 2010  durchgeführten Inspektionen – die externe Beurteilung der Lehrpersonen – ersetzt. Die Qualifikation der Lehrpersonen fällt seither in die Funktion der Schulleitung, die im Rahmen des neuen Leitungssystems bei OS, WBS und SPA professionalisiert wurde.

Schulpräsidenten sollen Mediatoren sein

Schulrat und Schulratspräsident sollen «Partner der Schulleitung und des Lehrerkollegiums» sein. Sie sollen die Verantwortlichen der Schulhäuser und die Lehrer mit einer «Aussenansicht» konfrontieren. Ob sie dabei das Zusammenleben an der Schule, die «Beurteilung der Schulleistungen» oder die Tagesstrukturen thematisieren, sei ihnen überlassen, schreibt Pierre Felder, Leiter Volksschulen, in einer Stellungnahme. Die Gremien dürften zu diesem Zweck «harte Fragen» stellen und hätten «Anspruch auf Auskunft». Der Schulratspräsident hat die Aufgabe als Mediator aufzutreten, einerseits. Andererseits soll er gemäss Anforderungsprofil und Funktionsbeschreibung die Verbindung zur Gesellschaft – sprich Quartier – und Öffentlichkeit herstellen. Ein Spagat mit diffusen Vorgaben.

Die Aufgaben interpretieren Schulräte und Schulratspräsident jedenfalls teilweise «sehr unterschiedlich», wie Grossrätin Martina Bernasconi (GLP) bereits in einer schriftlichen Anfrage an den Regierungsrat vom November 2010 festhielt. Die Frage nach der eigentlichen Funktion scheint in der Zwischenzeit für Schulratspräsidenten nicht klarer geworden zu sein. Offensichtlich wird das immer dann, wenn Konflikte in den Schulhäusern eskalieren. Etwa im Margarethenschulhaus, wo ein Konflikt zwischen Lehrern und Schulleitung absurde Formen angenommen hat, oder auch im Schulhaus Bläsi, wo nicht nur der gesamte Vorstand des Elternrates zurückgetreten ist, sondern sich die Eltern organisiert haben und eine Petition für einen sicheren Schulweg lancierten – in beiden Schulhäusern sind die Schulratspräsidenten zurückgetreten.

Das Problem beginnt, wenn der Dialog nicht reicht

Weder Schulratspräsident Klaus Egli vom Margarethenschulhaus noch Bruno Gadola vom Bläsi möchten öffentlich Kritik äussern. Allerdings sagen beide, dass die Rolle des Schulratspräsidenten überdacht werden müsse. «Ohne Kompetenzen muss man über die Notwendigkeit dieser Funktion nachdenken», sagt Gadola. Er hätte sich mehr Einfluss gewünscht, etwa nach Unterrichtsbesuchen oder bei Problemen. Die Schulratspräsidenten haben aber nur die Möglichkeit einen Dialog anzubieten, wenn es zu Ärger zwischen Lehrern, Schulleitung und Eltern kommt, wie etwa am Margarthenschulhaus. Wenn aber Gespräche harzen und nicht weitergehen, muss der Schulratspräsident passen, wie Egli und Gadola durchblicken lassen.

Die Schulratspräsidenten sollen aber gemäss dem ED auch nicht mehr dürfen. Weder sie noch der Schulrat hätten eine Aufsichtsfunktion. «Die Personalverantwortung liegt allein bei der Schulleitung», schreibt Volksschulleiter Felder. Was geschieht, wenn im Dialog keine Lösung gefunden werden kann, lässt Felder in der Stellungnahme offen. Vorgesehen wäre aber wohl, dass sich dann das ED einschaltet, wie das auch im Margarethenschulhaus der Fall war. Die Rolle als Vermittler ohne Kompetenzen scheint nicht allen Schulpräsidenten zu genügen.

«Es braucht wohl zwei Legislaturen»

Dass die Funktion des Schulpräsidenten umstritten ist, überrascht Patricia von Falkenstein nicht. Die LDP-Grossrätin ist noch bis Ende Schuljahr die Schulratspräsidentin der WBS Mücke, dann legt auch sie das Amt nieder – allerdings aus zeitlichen Gründen, wie sie sagt. Sie hat den Posten als Präsidentin der LDP übernommen und könne nicht mehr genügend Zeit investieren. «Es ist aber so», sagt von Falkenstein, «dass die Rolle der Schulratspräsidenten noch nicht ganz klar ist.» Gerade die Anbindung zur Gesellschaft, die zu den Aufgaben gehört, müsse wohl eher der Elterrat übernehmen.

Sie hätte sich gewünscht, noch eine weitere Legislaturperiode anzuhängen. Einerseits weil sie glaubt, dass eine zweite Amtszeit nötig sei, um die Rolle als Schulratspräsidentin zu finden. Andererseits weil gerade jetzt mit der Umstellung auf HarmoS die Schulratspräsidenten eine wichtige Funktion hätten. «Sie könnten Ansprechpartner für Lehrpersonen, Eltern und Schulleitung sein.» Und darin sieht sie die Hauptaufgabe.

Dass ausgerechnet vor der grossen Reform gleich ein Viertel der Schulpräsidenten ersetzt werden muss, sieht Pierre Felder nicht als Alarmsignal. Es habe unter den Zurücktretenden Enttäuschte, «die Fluktuation liegt aber im Rahmen des Üblichen», schreibt Felder. Die «ganz grosse Mehrheit» der Schulratspräsidenten stehe mit «Überzeugung hinter den Aufgaben».

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