Eine Mutter für die Messe

Reiche und Schöne, Champagner und Lichtshow – dazwischen gab Lana Del Rey ein Konzert zur Eröffnung des neuen Messegebäudes. Das war einerseits etwas langweilig. Zugleich kann man sich der jungen Diva unmöglich entziehen.

(Bild: Stefan Bohrer)

Reiche und Schöne, Champagner und Lichtshow – dazwischen gab Lana Del Rey ein Konzert zur Eröffnung des neuen Messegebäudes. Das war einerseits etwas langweilig. Zugleich kann man sich der jungen Diva unmöglich entziehen.

Eintrittskarte ist ein blaues Band, das allerdings nicht für alle durch die Lüfte flattert, sondern nur Ausgewählten den Zutritt zur Eröffnungsshow des neuen Messegebäudes gewährt: VIPs, Journalisten und ein paar Glücklichen, die ein Ticket im Radio gewonnen haben. Ein Ticket für die Show am 23. April, deren Attraktion die Sängerin Lana Del Rey war, jene Amerikanerin, die 2011 mit dem Song «Video Games» schlagartig weltbekannt wurde.

Da sind sie also, die Special Guests der Messeeröffnung, zwei Tage bevor mit der Baselworld dir grösste Uhren- und Schmuckmesse beginnt: wenig Glamour und Extravaganza, dafür viel Understatement, Kostüme aus besten Stoffen. Die schweren Uhren, nach denen man unwillkürlich Ausschau hält, verbergen sich unter Jackettärmeln. Gefühlte 300 Securitas mit Bérets patrouillieren um die Bühne herum, die unter «Gottes Eierbecher» aufgebaut ist, dem offenen Zentrum des neuen Messebaus.

«Such a lovely stage!»

Man kann sagen, was man will: Der Platz ist ein fantastischer Konzertort. Wie eine Halle überdacht, nach den Seiten offen, über der Bühne öffnet sich der Trichter in den Himmel, dazu eine äusserst geistreiche Lichtshow aus Neonröhren und Kunstnebel.

Auch die Diva war erfreut, «to play on such a lovely stage». Und eine Diva ist sie tatsächlich. Ihre Bewegungen sind langsam, ihr Gang wie der von einer Giraffe. Genauso ist ihre Musik, ausschliesslich getragene Songs. Ihre Stimme ist entweder hauchig in der Höhe oder hat in der Tiefe diese abgeklärte und unanfechtbare Sattheit, die Lana Del Rey auszeichnet. Man muss ihr zuhören, man muss sie anschauen, wie einen fantastischen Schwan, den man noch nie gesehen hat.

Zugleich singt sie wie hinter einer Scheibe. Ihr Kontakt zum Publikum geht gegen null, teilweise plätschern die Songs vor sich hin. Dann und wann merkt man, wie man wieder einige Minuten vor sich hin geträumt hat. Im Publikum hält sich das ganze Konzert hindurch ein Stimmengewirr.

Eine Mischung aus Phlegma und Herzenswärme

Dann, mit dem Vers «Love Hurts» auf den Lippen, gleitet sie die Stufen von der Bühne herunter, wie durch Wasser, und gibt – unbeirrt singend – Autogramme. Sie lächelt entrückt, steckt den Kopf mit ihren Fans zusammen und lässt sich mit ihnen fotografieren. Eine ungreifbare Mischung aus Phlegma und Herzenswärme, diese junge Sängerin. Eine Mutter irgendwie. Übrigens arbeitete sie früher in einem Rehabilitationszentrum für Alkoholiker und Drogensüchtige.

Viele kucken auf ihre teuren Uhren. Und viele jubeln nach den Stücken, nicht wirklich laut, aber mit Hingabe. Man langweilt sich ein wenig und bemerkt zugleich ein warmes Gefühl, das sich im Laufe des Abends in der Brust breitmacht.

Nach einer Stunde tritt Lana Del Rey mit ihrer Band ab, ohne Klimbim. Sofort setzt seichte Electromusik ein, kurz darauf eine Stadionstimme: «Unser DJ unterhält Sie hier draussen bis 23 Uhr.» Eine Putzkolonne mit Migrationshintergrund wuselt durch das sich auflösende Publikum, drinnen gibt es Häppli. Ach ja, hier waren wir.

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