Eine Novartis-Spende sorgt für Ärger

Wie die Zürcher FDP-Nationalrätin Doris Fiala als Präsidentin der Aids-Hilfe Schweiz eine intern heftig kritisierte Grossspende von Novartis durchgeboxt hat.

Guter Draht zu Geldgebern: Doris Fiala, Zürcher FDP-Nationalrätin. (Bild: LUKAS LEHMANN / Keystone)

Wie die Zürcher FDP-Nationalrätin Doris Fiala als Präsidentin der Aids-Hilfe Schweiz eine intern heftig kritisierte Grossspende von Novartis durchgeboxt hat.

Die Stimmung war angespannt an der Generalversammlung der Aids-Hilfe Schweiz (AHS) vom 16. Juni 2012. Die damals neue Präsidentin des Dachverbands, die Zürcher FDP-Nationalrätin Doris Fiala, war massiver öffentlicher Kritik ausgesetzt. Das wüste Wort Abzockerin machte die Runde, nachdem bekannt geworden war, dass Fiala für ein 20-Prozent-Pensum 50’000 Franken einstrich. Die Zertifizierungsstelle Zewo drohte bereits mit dem Entzug des wichtigen Gütesiegels. Aufgrund des Drucks reduzierte Fiala ihre Entlöhnung schliesslich auf 30’000 Franken pro Jahr.

Fiala rechtfertigte sich damit, alleine im ersten Halbjahr ihrer Amtszeit eine halbe Million Franken an neuen Spendengeldern für den klammen Verband aufgetrieben zu haben. Doch die Gemüter an der Generalversammlung vermochte das nicht zu beruhigen. Im Gegenteil: Die hohen Spenden aus der Privatwirtschaft sorgten für eine gehässige Debatte, das geht aus dem Sitzungsprotokoll hervor, das der TagesWoche vorliegt.

Im Fokus stand eine Spende des Basler Pharmakonzerns Novartis, die Fiala akquiriert hatte. 100’000 Franken soll Novartis gestiftet haben. Das bestätigen verbandsinterne Quellen. Daniel Seiler, Geschäftsführer der Aids-Hilfe Schweiz, weist das in einer Stellungnahme zurück: «Korrekt ist, dass Novartis einmalig einen Beitrag in der Höhe von 10‘000 Franken gesprochen hat.»

Glaubwürdigkeit in Gefahr

Weil der Konzern zeitgleich in Indien in einem Patentstreit vor Gericht stand, verlangte die Stiftung Aids und Kind, der Dachverband müsse ethische Richtlinien zur Vermeidung von Reputationsrisiken im Zusammenhang mit Spenden erlassen.

Während in Indien Aids-Anwälte gegen ein Grundsatzurteil kämpften, von dem sie befürchteten, es könne sich auch auf die Generika-Produktion von Aids-Medikamenten auswirken, nahm die AHS Geld vom Medikamentenhersteller entgegen – das wäre der Öffentlichkeit und den vielen Kleinspendern kaum zu vermitteln, glaubte ein Teil der Mitgliedsorganisationen. Andrea Ostinelli, Vertreter des Checkpoints Genf, sah die Glaubwürdigkeit des AHS in Gefahr: «Wir sollten keine Ja-Sager für die Geldgeber werden.»

Fiala hatte für diese Bedenken kein Verständnis, schildert eine damals Anwesende. Die Politikerin holte zum Gegenschlag aus und griff die Novartis-Kritiker an. Einzelne Aids-Organisationen hatten eine Petition, die von der Erklärung von Bern mitgetragen wurde, unterstützt. Darin wurde Novartis aufgefordert, die Klage fallenzulassen.

Fiala verlangte laut Protokoll, dass die Aids-Hilfe die Petition gegen Novartis nicht unterstützen dürfe.

Fiala verlangte gemäss Protokoll, dass die AHS die Petition nicht unterstützen dürfe. Um Vorbehalte zu entkräften, hatte sie sich von Novartis ein Argumentarium zusammenstellen lassen, das sie den Mitgliedern vor der Abstimmung verteilte. Darin strich der Pharmakonzern heraus, dass der Streit in Indien die Verfügbarkeit billiger HIV-Medikamenten nicht tangiere.

Der kritische Antrag wurde schliesslich knapp zurückgewiesen und damit auch die Spende von Novartis gutgeheissen, wie Fiala heute bekräftigt. Die Aids-Hilfe Schweiz schwieg künftig zum Patentstreit in Indien. Fialas Begründung dafür: «Der Prozess stand in keinem Zusammenhang mit der Arbeit der Aids-Hilfe Schweiz.»

Eine Million Franken organisiert

Zu reden gab auch, dass die Novartis-Spende und eine weitere des Lebensversicherers Swisslife an die Person Fiala gebunden war. Das zumindest behauptete die FDP-Frau an der Versammlung. Der Geldfluss würde nur aufrechterhalten, solange sie Präsidentin bleibe, sagte Fiala.

Die Grossspenden waren für den finanziell schwer angeschlagenen Verband eminent wichtig, die auch intern umstrittene Fiala dürfte damit ihre Position gestärkt haben. Allerdings widerspricht Novartis auf Anfrage der Behauptung Fialas: «Diese einmalige Spende war an keine Bedingungen/Personalien geknüpft und stand auch in keinem Bezug zu irgendwelchen politischen Geschehnissen.»

Insgesamt eine Million Franken will sie in ihrer Amtszeit für die Aids-Hilfe Schweiz eingesammelt haben. Auch dank ihrer guten Kontakte als Nationalrätin, wie sie sagt. Pharmakonzerne, Krankenkassen, Industriebetriebe, Banken – viele Firmen stifteten Geld.

Ende Jahr wird Doris Fiala zurücktreten. Finanziell hat sich ihre Präsidentschaft für die Aids-Hilfe Schweiz ausbezahlt.

Artikelgeschichte

20.6.2014, 22.30 Uhr: Der Artikel wurde auf Wunsch der Aids-Hilfe Schweiz in zwei Punkten ergänzt:

1. Nicht der Vorstand sei geteilter Meinung gewesen, sondern die Vertreter der dem Dachverband angeschlossenen Organisationen. Dieser Fehler wurde berichtigt.

2. Die Aids-Hilfe Schweiz beziffert die Spende von Novartis auf 10’000 Franken. Interne Quellen, die von der TagesWoche konsultiert wurden, gehen von 100’000 Franken aus.

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