Endlich! Neu bestimmen die Eltern, wo das Kind in die Kita geht

Basel-Stadt will das Tagesbetreuungsgesetz ändern. Neu sollen Eltern selber entscheiden, in welche Kindertagesstätte ihr Kind gehen soll. Die Gesetzesänderung führt zu einem stärkeren Konkurrenzkampf bei den Kitas.

Die Eltern suchen selber und der Kanton bezahlt trotzdem: Die Eltern haben bei der Kita-Auswahl neu das Sagen. 

(Bild: Nils Fisch)

Basel-Stadt will das Tagesbetreuungsgesetz ändern. Neu sollen Eltern selber entscheiden, in welche Kindertagesstätte ihr Kind gehen soll. Die Gesetzesänderung führt zu einem stärkeren Konkurrenzkampf bei den Kitas.

Basel-Stadt spielt bei der Tagesbetreuung eine Pionierrolle. Als einziger Kanton hat er einen Verfassungsartikel, der Eltern einen rechtlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz für ihr Kind einräumt. In den vergangenen Jahren ist der Wunsch der Eltern nach Tagesheimplätzen stetig gestiegen. 

40 Prozent der Vorschulkinder gehen in eine Kita. Zählte Basel-Stadt 2006 noch rund 2000 Betreuungsplätze, waren es acht Jahre später bereits 3859 Plätze in 110 Tagesheimen. Die Plätze werden vom Kanton je nach Einkommen der Eltern subventioniert – rund zwei Drittel aller betreuten Kinder erhalten Beiträge vom Kanton.

«Das Angebot hat sich massiv entwickelt», sagte Erziehungsdirektor Christoph Eymann am Donnerstag vor den Medien. Doch führe das heutige System zu ungleichen Behandlungen der Eltern und Kindertagesstätten (Kitas).

Die Basler Regierung will nun das seit 2003 geltende Tagesbetreuungsgesetz den heutigen Bedürfnissen anpassen. «Wir streben mit der Gesetzesrevision eine Gleichbehandlung der Eltern und Tagesheime an.» Ziel sei es, die Wahlfreiheit der Eltern bei den Kitas zu erhöhen.

Was sich mit der Revision konkret ändert:

  • Neu sollen Eltern wählen können, in welche Kita sie ihr Kind schicken möchten. Heute müssen Eltern, die eine Subvention möchten, zwingend den Weg über die dem Erziehungs­departement (ED) angegliederte Vermittlungsstelle nehmen. Die Eltern können zwar angeben, in welche Kita das Kind gehen soll, das letzte Wort hat aber die Vermittlungsstelle. Diese soll künftig nur noch auf Wunsch der Eltern zum Einsatz kommen.
  • Heute gibt es drei Kategorien von Kitas: «Subventionierte Kitas» (40 Prozent aller Kitas in Basel-Stadt), «mitfinanzierte Kitas» (35 Prozent, vor allem kleine) und «nicht subventionierte» (20 Prozent, beispielsweise Kitas von grösseren Firmen). Neu soll es nur noch zwei Kategorien von Kitas geben: solche mit Betreuungssbeiträgen und solche ohne. Jede Kita entscheidet selbst, in welcher Kategorie sie ist. Kitas mit Betreuungsbeiträgen müssen mit der Vermittlungsstelle zusammenarbeiten. Kitas ohne Kantonsbeiträge haben grössere Freiheiten. Beaufsichtigt werden alle Kitas weiterhin vom Kanton. Kitas mit Betreuungsbeiträgen brauchen zusätzlich eine Anerkennung. Die heute mit subventionierten Tagesheimen abgeschlossenen Leistungsvereinbarungen sollen nicht mehr weitergeführt werden.
  • Die Kategorie «mitfinanzierte Kitas» wird aufgehoben. Diese Kategorie hatte laut Sandra Dettwiler, Leiterin Jugend- und Familienangebote, in den letzen Jahren das grösste Wachstum. Das Problem ist aber: Die mitfinanzierten Kitas bekommen vom Kanton weniger Geld (20 Prozent weniger als subventionierte), weshalb in vielen Institutionen die Eltern stärker belastet werden, damit die Kosten gedeckt werden können. Mit der Gesetzesrevision erhalten alle Kitas pro Betreuunsplatz gleich viel Geld vom Kanton.

Mehrkosten von zwei Millionen

Die Gesetzesänderung würde zu einem grösseren Konkurrenzkampf bei den Kitas führen. Sie werden mehr dem freien Markt überlassen, der Kanton mischt sich weniger ein. Sandra Dettwiler glaubt allerdings nicht, dass besonders beliebte Kitas ihre Preise massiv erhöhen – oder diese plötzlich viel mehr Kinder aufnehmen werden. «Das würden die Eltern kaum goutieren.» Auch lege der Kanton fest, wie viele Betreuungsplätze in der Kita angeboten werden dürfen.

Dettwiler geht davon aus, dass die Gesetzesänderung zu Mehrkosten von zwei Millionen jährlich führen wird. Bis im Herbst können sich die Kitas zum Gesetz äussern. Dann soll der Ratschlag allenfals überarbeitet werden und an den Grossen Rat gehen.

St. Johann vorne, Bruderholz am Schluss

Die meisten Tagesbetreuungsplätze stehen gemäss einer Statistik des Erziehungsdepartements aus dem Jahr 2014 im St. Johann zur Verfügung (766). Anschliessend folgen mit jeweils 600 Plätzen die Quartiere Breite/St. Alban und das Kleinbasel. Am wenigsten Plätze gibt es mit 48 auf dem Bruderholz. Wie das Erziehungsdepartement zudem herausgefunden hat, machen Tagesfamilien einen kleinen Anteil am Tagesbetreuungsangebot aus: Rund 100 Tagesfamilien bieten ein bis fünf Plätze für Kinder an. Die Anzahl betreuter Kinder in dieser Kategorie ist seit 2009 rückläufig.

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