Basel ist auch in Israel eine bekannte Stadt. Dass dem so ist, liegt an Theodor Herzl, der hier die zionistische Bewegung gründete. Im Mai 1960 wurde im Stadtcasino sein 100. Geburtstag gefeiert.
Ein Bild einer Situation. Ein bestimmter Moment in einem langen Prozess. Um zu erfahren, was da im Moment selbst stattfand, müssen wir einen Blick ins Zeitungsarchiv werfen. Um zu verstehen, um welch speziellen Augenblick es sich im grossen Zeitbogen handelte, müssen wir das Buch der Geschichte aufschlagen.
Doch zunächst zum Bild: Es zeigt eine Versammlung. Diese wirkt, weil das Bild stumm ist, wie wenn ruhig gewartet würde, bis etwas geschieht. Ein typischer Musiksaal, aber man erwartet keinen Dirigenten. Mit Mühe erkennt man einen Konferenztisch, so sehr sind Podium und Auditorium eine Einheit, aber ein Mann steht und spricht. Der Presse kann man entnehmen, dass der Andrang derart gross war, dass man sogar eine TV-Übertragung in den grossen Festsaal einrichten musste.
Natürlich haben wir längst die Schrift am Balkon entdeckt. Es ist das Schlüsselzitat aus dem Tagebuch des Gründers der zionistischen Bewegung, Theodor Herzl (auf dem Bild an der Orgel). Man ist in Basel, was ebenfalls eine Fahne an der Orgel anzeigt. Es ist der 15. Mai 1960, man begeht Herzls 100. Geburtstag.
Herzl war der Gründer der Bewegung, die 1897 in Basel den 1. Zionistenkongress abgehalten und im Weiteren Wesentliches zur Entstehung des Staates Israel von 1948 beigetragen hat. Darum ist Basel in Israel eine bekannte Stadt. Warum 1897 das Treffen ausgerechnet hier stattfand, ist ein erklärbarer Zufall, speziell prädestiniert war Basel nicht.
Was im Musiksaal des Stadtcasinos an Erklärungen abgegeben wurde, könnte man in der Presse nachlesen. Hier nur der Hinweis, dass sich der Redner der Basler Regierung dafür bedankte, dass die Gedenkfeier hier und nicht an einem anderen Ort abgehalten wurde. Und der weitere Hinweis darauf, dass die Versammlung zum Schluss, was das stumme Bild eben nicht vermitteln kann, gemeinsam die Hatikwah (Hebräisch für Hoffnung) anstimmte, was bereits 1897 das Lied der Bewegung war und heute Israels Nationalhymne ist.
Die verbleibenden Zeilen seien genutzt, um auf Spuren des Erinnerns hinzuweisen und an diese wiederum zu erinnern. Im Rahmen derer Feier wurde an der rechten Seitenwand des Musiksaals eine Gedenktafel eingeweiht und im gleichen Jahr ein Teil der Belforterstrasse in der Nachbarschaft des israelitischen Friedhofs in eine Theodor Herzl-Strasse umgewandelt. 1997 fand dann in Basel zum 100. Jubiläum des Treffens von 1897 ein grosser Kongress statt.
Erinnern liegt nahe neben möglichem Vergessen. Wann und wie wird man die Gründung eines komplementären Palästina-Staates in Erinnerung rufen können?
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 08.02.13