Erlenmatt: Weitere Etappe auf dem langen Weg zum neuen Quartier

Das Erlenmatt-Areal entwickelt sich langsam zum neuen Quartier. Am Freitag weihte der Kanton die zweite Bauetappe des Naturparks ein, bei dem die Stadtgärtnerei das Kunststück versucht, Naturschutz, Arealgeschichte und Erholungsraum für viele Menschen zu vereinen.

Die Innenhöfe der bereits vollbesetzten Wohnüberbauungen auf Erlenmatt West in voller Pracht.

(Bild: Dominique Spirgi)

Endlich scheint die Sonne wieder. Das Bau- und Verkehrsdepartement (BVD) hat Glück. Der wolkenlose blaue Himmel und das satte Frühlingsgrün der Pflanzen lassen das Erlenmatt-Areal in einem beinahe schon idyllischen Bild erscheinen, obwohl rund um die fertiggestellten und vollbesetzten Wohnbauten noch vieles unfertig erscheint.
Bei der Bahnkantine im Zentrum des Areals hat sich eine nicht allzu grosse Gruppe an Anwohnerinnen und Anwohnern auf Holzbänken niedergelassen. Es gibt Freibier und Würste, denn das BVD feiert die Einweihung der zweiten Bauetappe im Erlenmattpark. Eine Bluesband übertönt den Lärm des Autoverkehrs, der im Hintergrund unablässig über die Osttangente rauscht.



Blick auf die Bahnkantine.
Blick auf die Bahnkantine. (Bild: Dominique Spirgi)

Das, was der Leiter der Basler Stadtgärtnerei, Emanuel Trueb, über den Park erzählt, klingt reizvoll: Für die Bepflanzung der Freifläche zwischen dem fertiggestellten Arealteil Erlenmatt West und dem erst entstehenden Ostteil, haben die Gärtner einen spannenden Ansatz gewählt: Sie verbinden Naturschutz mit der einzigartigen Flora-Geschichte des ehemaligen Güterbahnareals und dem Bedürfnis der Anwohnerschaft nach nutzbarem Erholungsraum. Namentlich funktioniert das so, dass die weite Rasenfläche sektorenweise abwechselnd gemäht oder naturbelassen wird.

Dem neuen Leben fehlen noch wichtige Organe

Das Erlenmattareal lebt. So zumindest versichern es Benoît Demierre, Niederlassungsleiter des Immobilien-Totalunternehmens Losinger Marazzi, und Désirée Thomman, Managing Director der Fossil Switzerland GmbH einmütig. Bei der Medienorientierung am Freitagnachmittag, 16 Uhr, muss man sich das Leben irgendwie vorstellen. Der Europa-Hauptsitz des internationalen Uhren- und Modeaccessoire-Betriebs an der Westgrenze des Areals wirkt ausgestorben. Allzu lebendig wirkt auch das Umfeld der Wohnüberbauungen nicht, obwohl die über 800 bestehenden Wohnungen bereits zu 100 Prozent vermietet oder verkauft seien.



Der Max-Kämpf-Platz ist noch eine gute Zeit lang nicht wirklich das einladende Herz des Quartiers.
Der Max-Kämpf-Platz ist noch eine gute Zeit lang nicht wirklich das einladende Herz des Quartiers. (Bild: Dominique Spirgi)

Denn sieht man von der Bahnkantine ab, fehlt dem Quartier, auf dem dereinst über 1400 Wohnungen Platz haben werden – doppelt soviele wie ursprünglich geplant – die Seele. Der zentrale «Dorfplatz», der den Namen des 1982 verstorbenen Basler Künstlers Max-Kämpf-Platz trägt, ist noch eine mehr oder weniger unwirtliche Brache. Das einst geplante grosse Einkaufszentrum im Südosten des Areals ist sistiert. Dort sollen nun ebenfalls Wohnungen entstehen. Und ein stark redimensionierter Einkaufsladen, der aber noch einige Jahre auf sich warten lassen wird.



Langsam entsteht auf dem Arealsektor Ost der lange ersehnte Bauriegen gegen den Autobahnlärm der Osttangente.
Langsam entsteht auf dem Arealsektor Ost der lang ersehnte Bauriegel gegen den Autobahnlärm der Osttangente. (Bild: Dominique Spirgi)

Und auf der Ostseite des Areals, wo der wichtige Bauriegel gegen die lärmige Autobahn entstehen soll, wächst erst ein Gebäude in die Höhe. Ursprünglich hätte dort ein neues Gewerbegebiet entstehen sollen. Aber lange Zeit fand sich kein Investor, bis die Stiftung Habitat einsprang mit einem Überbauungskonzept, das mit einem lebendigen Nutzungs-Mix dem neuen Quartier eine gewisse Vielfalt verleihen wird.

Das Pferd von hinten aufgezäumt

Das alles deutet darauf hin, dass die Entwicklung des neuen Quartiers nicht nur rund verlief. Sie hat bereits einen ausgesprochen langen Weg hinter sich:

  • 1981 kündigte die Deutsche Bahn erstmals an, dass sie ihr Güterbahnareal verlassen wird.
  • Es dauerte 15 Jahre, bis 1996 der erste städtebauliche Wettbewerb durchgeführt wurde.
  • Worauf erst einmal erneut viel Zeit verstrich. 2002 folgte ein zweiter Wettbewerb.
  • 2004 erfolgte der Grossratsbeschluss für die Neubespielung des Areals.
  • 2005 sagte das Stimmvolk deutlich Ja zur Zonenplanänderung.
  • 2010 wurde mit der Überbauung Erlentor der erste Bau fertiggestellt.

Erstellt wurden bislang abgesehen vom Seniorenzentrum und dem Europa-Hauptsitz von Fossil lediglich Wohnungen, die heute noch über keine wirkliche Siedlungsinfrastruktur verfügen. Das neue Erlenmattschulhaus wird erst 2017/18 zur Verfügung stehen, der Max-Kämpf-Platz ebenfalls. Auch der neue Kindergarten und die zwei geplanten Kinderkrippen stehen noch nicht bereit. Dennoch fühlen sich die neuen Bewohner scheinbar wohl, wie Demierre versichert. «Uns sind keinerlei Reklamationen bekannt», sagt er.

Auch Fossil zeigt sich glücklich mit dem neuen Standort, der im März eingeweiht wurde. «Wir haben bis jetzt nur positive Erfahrungen gemacht», sagt Thomann. Und: «Alle Fossilianer fühlen sich wohl.» 

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