Es ist Zeit zum «Herbschte»

Nicht zu früh und nicht zu spät: Den besten Zeitpunkt für die Weinlese zu bestimmen, zehre ziemlich an den Nerven, sagt der Baselbieter Winzer Andreas Leuenberger.

Je höher der Oechslegrad, desto besser der Wein. Andreas Leuenberger findet das Ergebnis vielversprechend. (Bild: Michael Würtenberg)

Nicht zu früh und nicht zu spät: Den besten Zeitpunkt für die Weinlese zu bestimmen, zehre ziemlich an den Nerven, sagt der Baselbieter Winzer Andreas Leuenberger.

Besorgt blickt Andreas Leuenberger auf die Traubenrispe, wo ein paar einzelne Beeren sich bräunlich verfärbt haben. Es sind Kerner-Trauben – eine weisse Sorte, die in diesen Tagen erntereif ist. «Ich werde wohl heute Nachmittag nochmals vorbeischauen müssen, eventuell auch den Kellermeister dazubestellen.» Möglicherweise müsse die Lese, das «Herbschte», wie man im Baselbiet sagt, noch diese Woche stattfinden. Andererseits ist da dieses schwer vorhersehbare Wetter. Es müsse aber, sagt Leuenberger, zwei Tage trocken sein, bevor man herbsten könne. «Diese letzten Tage vor der Weinlese zehren schon an den Nerven – es gilt, den richtigen Zeitpunkt zu treffen.»

Andreas Leuenberger ist Rebbauer respektive Bauer, der wie andere seiner Berufskollegen im Baselbiet nebst anderen Produktionszweigen noch Weinbau betreibt. Rund 25 Prozent des Einkommens stammten aus dem Weinbau, sagt Leuenberger; im Weiteren setzen er und seine Frau Marisa, die ebenfalls gelernte Bäuerin ist, auf Mutterkuhhaltung, Graswirtschaft, Acker- und Obstbau. Ihr Hof liegt oberhalb von Buus, auf einem der vielen grünen Hügel, die diese Landschaft prägen und wo der Blick so weit ist.

Weinbauer mit Leidenschaft

Der eine Teil der insgesamt 1,4 Hektaren der leuenbergerschen Weinberge liegt an einem breiten Hang unten im Dorf, der andere Teil befindet sich in Wintersingen. Wir stehen im Buusner Rebhang. Ausser den weissen Kerner-Trauben wachsen hier viele Reihen blaue Burgunder-Trauben. Diese lasse man noch etwa bis Mitte Oktober hängen. Sie sollen noch ein bisschen Sonne tanken, sagt Leuenberger, «damit der Oechslegrad noch etwas ansteigen kann». Er macht die Probe aufs Exempel. «81», sagt er und lacht, «nicht schlecht für diese Jahreszeit.»

Vor dreissig Jahren habe man sich noch mit 80 zufrieden gegeben, heute gelte als Anforderung «von 88 an aufwärts». Tatsächlich hat der Baselbieter Wein stetig an Ansehen gewonnen. Dank innovativer Winzer und Kelterer mit hohem Qualitätsanspruch, wie es heisst. Leuenberger zählt zu ihnen. Er ist Weinbauer mit Leidenschaft, hat sich mit anderen zusammengeschlossen, zum einen im Weinbauverein Buus, dem er als Präsident vorsteht, zum anderen in der Syydebändel-Genossenschaft, deren Pinot Noir in den vergangenen Jahren einige Preise eingeheimst hat.

Zwischen 800 und 1000 Stunden pro Hektar und Jahr investiere man in den Weinbau, «da will man sich doch am Produkt freuen», meint er. Und freuen tut er sich nun auch auf den Tag der Lese, vor allem auf das Fest nach getaner Arbeit. Dann sitzen die Leuenbergers mit all den freiwilligen Helfern zusammen bei Speis und Trank – natürlich Wein –, und wenn dann der Kellermeister nach Prüfung des Oechslegrads einen guten Wert meldet, dann wird gleich nochmals eine Flasche aufgemacht.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 28.09.12

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