Esther Roth: Kulturverwalterin mit gebundenen Händen

Die neue Baselbieter Kulturbeauftragte Esther Roth liebt den Austausch mit den Kulturschaffenden, auch wenn ihr Amtsantritt stark von den Sparentscheiden der Regierung geprägt war.

«Sparmassnahmen sind immer schmerzlich»: die neue Abteilungsleiterin kulturelles.bl, Esther Roth, beim Mediengespräch.

(Bild: Dominique Spirgi)

Die neue Baselbieter Kulturbeauftragte Esther Roth liebt den Austausch mit den Kulturschaffenden, auch wenn ihr Amtsantritt stark von den Sparentscheiden der Regierung geprägt war.

Es ist kein einfacher Job, den Esther Roth erledigen muss. Als neue Kulturbeauftragte des Kantons Baselland muss sie hinstehen und die Sparmassnahmen verteidigen, welche die Regierung beschlossen hat. Und sie hat mit Monica Gschwind eine Regierungsrätin zur Chefin, die sich nicht gerade als sonderlich kulturaffin hervorgetan hat.

Aber auch wenn ihr eine leichte Nervosität anzumerken ist, wirkt sie alles in allem entspannt – was vielleicht nicht zuletzt an ihrem berndeutschen Akzent liegt, der halt einfach entspannt klingt.

Am 1. Februar trat Roth die lang vakante Stelle als Abteilungsleiterin kulturelles.bl an. Das war zu einer Zeit, als die Baselbieter Kulturschaffenden ihren ersten Schock über die Sparmassnahmen im Kulturbereich vielleicht überwunden, aber noch lange nicht verdaut hatten. Für Interviews stand sie bis jetzt nicht zur Verfügung.

Nach 88 Tagen im Amt sah sie nun aber die Zeit für eine erste Zwischenbilanz gekommen. Und wie ihre Chefin, die Baselbieter Bildungs-, Kultur- und Sportdirektorin Monica Gschwind vor knapp einem halben Jahr, lud sie die Medien zu einem Informationsaustausch ein. Mit Kaffee und Gipfeli. Sowie einer Traktandenliste.

Beeindruckt von der Reichhaltigkeit

Es wurde zu einem Austausch mit einem relativ geringen Informationsgehalt. Sie sei beeindruckt von der Reichhaltigkeit der Baselbieter Kulturlandschaft und vom grossen Engagement der Protagonisten, sagte Roth. Aber was soll sie auch anderes sagen als Kulturbeautragte eines Kantons, der für sich noch immer in Anspruch nimmt, mehr zu sein als ein provinzielles Anhängsel der Kulturstadt Basel. Auch wenn er im letzten Herbst beschlossen hat, das Kulturbudget von 14,3 Millionen um 785’000 Franken zu kürzen.

Esther Roth ist ein Mensch, der die Bedürfnisse von Kulturschaffenden gut kennt. Der Lebenslauf der 1980 im bernischen Seedorf geborenen Kulturmanagerin ist beeindruckend. Sie war Präsidentin der Vereinigung der KünstlerInnen-Theater-VeranstalterInnen der Schweiz, Verantwortliche für nationale und politische Projekte bei HELVETIAROCKT, Vorstandsmitglied des RFV Basel und ist noch immer Stiftungsratspräsidentin der Schweizerischen Interpretenstiftung.

Sie hat in verschiedenen Theatern und Kulturinstitutionen in der Schweiz und in Deutschland gearbeitet. «Ich habe mich stets für Kulturgebiete engagiert, die um ihre Anerkennung kämpfen», sagt sie. In erster Linie für die Populärmusik.

Um Anerkennung kämpfen

Der Kampf um Anerkennung wird auch in ihrem neuen Job eine wichtige Rolle spielen. Dabei geht es ihr nicht nur um die Tatsache, dass die Baselbieter Kulturschaffenden mit weniger Geld auskommen müssen – ein Thema, über das Roth nicht so gerne spricht. «Ich habe die Sparentscheide nicht gefällt», sagt sie mit leisem Trotz. Und: «Ja, ich habe die Petition gegen den Kulturabbau ebenfalls unterschrieben».

Roth hat bei ihrem ersten Rundgang durch die Kultur-Landschaft nach eigenen Worten ein mangelndes Selbstverständnis und eine ungenügende Sichtbarkeit des Kulturangebots ausgemacht. Wie sie diese Mängel beheben will, kann sie allerdings noch nicht sagen. Ganz allgemein bewegt sich Roth gegenwärtig in Gefilden, die mehr Fragen offen lassen als dass sie Antworten bieten.

Wirklich zum Vorwurf machen kann man Roth das nicht. Wie ein Damokles-Schwert schwebt die am 5. Juni bevorstehende Abstimmung über die Baselbieter Zusatzbeiträge an die Pensionskasse der Universität über ihrem Aufgabenbereich. Lehnen die Stimmbürger diesen Beitrag ab, dann verfällt der 80-Millionen-Deal mit dem Kanton Basel-Stadt. Dies wiederum hätte zur Folge, dass Baselland den Kulturvertrag doch noch frühzeitig kündigt.

Absichtserklärungen

So sind viele von Roths Themen im Moment noch nicht viel mehr als Absichtserklärungen:

  • Der Kanton Baselland will ein neues Förderkonzept für den Bereich Bildende Kunst und Performance schaffen. Das ist nötig, weil das Budget für diese Sparte von 190’000 auf 100’000 Franken praktisch halbiert wurde.
  • Die Verhandlungen mit Basel-Stadt über eine Verlängerung des Kulturvertrags sind bis zum Abstimmungssonntag vom 9. Mai aus nachvollziehbaren Gründen sistiert. Die laufenden Verträge seien aber zumindest noch für das Jahr 2017 gesichert – mit Ausnahme der Orchesterbeiträge, die man mit den anstehenden Vergabe-Entscheiden aufgrund des neuen Basler Orchesterfördermodells koordinieren möchte.
  • 2018 soll ein neues Kulturleitbild für den Kanton in Kraft treten. Im März haben erste Vorgespräche stattgefunden. Im Moment gehe es darum, sich über das Vorgehen bei der Erneuerung klarzuwerden.
  • Die Zukunft des Kunsthauses Baselland, namentlich der Umzug an den neuen Standort auf dem Dreispitzareal, bleibe ein «prioritäres Geschäft». Was das genau heisst, kann Roth aber noch nicht sagen. Nur so viel, dass das Gesuch für einen Investitionskredit auf dem Tisch liege und ein Entscheid «eher kurz- als mittelfristig» zu erwarten sei.

Das sind ganz schön viele Baustellen, auf denen sich die neue Kulturbeauftragte bewegen muss. Und die mit unangenehmen Stolpersteinen aufwarten. Als nächstes steht zum Beispiel ein Besuch bei der landrätlichen Erziehungs- und Kulturkommission an, wo nach dem Rechtsrutsch bei den letzten Wahlen Sparmassnahmen höher im Kurs stehen als blühende Kulturlandschaften.

«Der ideelle und politische Spielraum hat sich spürbar verengt.» Dieses Zitat stammt natürlich nicht von Esther Roth, die als Abteilungsleiterin zur Loyalität verpflichtet ist. Es sind Worte aus dem Mund ihres Vorgängers Niggi Ullrich, der Ende 2014 zurücktrat. Roth sagt, dass sie sich auf das Zusammentreffen mit den Landräten freue.

Was ist Landkultur?

Die Kulturbeauftragte gibt sich viel Mühe, die Kulturpolitik in ein positives Licht zu stellen. «Ich hatte einen guten Einstieg», sagt Roth. Und stets tolle Begegnungen. Erst kürzlich wieder, als sich 75 Vertreter der von Baselland unterstützten Kulturinstitutionen in Liestal trafen – eine Begegnung übrigens, die auch von den Kulturschaffenden als gewinnbringend empfunden wurde, wie mehrere Betroffene gegenüber der TagesWoche bestätigten..

Und auch wenn der Verband Kultur Baselland zu einer Protestaktion aufruft, bring sie das nicht aus der Ruhe. «Ich bin dafür da, dass man Wünsche und Kritik an mich herantragen kann», sagt sie. «Es bringt nichts, wenn ich mit der Finanzsituation hadere.» Und grundsätzlich sehe sie an Veränderungen und Umbrüchen nichts Bedrohliches.

Mühe bekundet Roth aber mit dem Begriff «Landkultur», der vor allem in SVP-Kreisen immer wieder die Runde macht. «Was soll das sein, Landkultur?», fragt sie rhetorisch. «Ist es Landkultur, wenn Touche Ma Bouche im Theater im Pfarrhauskeller in Waldenburg auftreten und Stadtkultur, wenn sie es im Teufelhof in Basel tun?»

 

 

 

 

 

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