Expats treiben die Mieten in die Höhe

Die Situation auf dem Basler Wohnungs­markt ist angespannt. Expats verschärfen die Lage zusätzlich.

Ziehen viele Expats in ein Quartier, steigen die Mieten selbst in Wohnungen, die nicht saniert sind. (Bild: Basile Bornand)

Die Situation auf dem Basler Wohnungs­markt ist angespannt. Expats verschärfen die Lage zusätzlich.

Andreas Zappalà ist ein Mann der sanften Töne. Seit 13 Jahren setzt er sich als Geschäftsführer des Hauseigentümerverbandes Basel-Stadt mit dem Wohnungsmarkt auseinander und lässt sich so schnell nicht aus der Ruhe bringen. Was der Fraktionspräsident der Basler Freisinnigen aber momentan im aufpolierten Quartier St. Johann beobachtet, bereitet ihm Sorgen. Zappalà sagt das, was sonst der Mieterverband sagen würde: «Die Aufwertung hat dazu geführt, dass die Mietzinsen im St. Johann gestiegen sind. Es besteht die Gefahr, dass die Quartierbevölkerung, die jahrelang von den günstigen Mieten profitiert hat, vertrieben wird.»

Es sei nicht so, dass es im St. Johann keine erschwingliche Wohnungen mehr geben würde. Doch die Wohnungen in den Neubauten seien bereits teurer – und die älteren Wohnungen würden renoviert, was die Mieten ebenfalls ansteigen lasse. «Günstiger Wohnraum kommt nicht auf den Markt», sagt er. Dieselbe Entwicklung stellt Zappalà auch im Kleinbasel fest, konkret in den Gebieten Matthäus und Claraplatz.

Der Wohnungsmarkt ist in Basel-Stadt bei steigender Bevölkerungszahl am Austrocknen. Die Leerwohnungsziffer betrug 2012 0,5 Prozent. So dramatisch wie in Zürich (0,1 Prozent) oder Genf (0,3 Prozent) geht es in Basel nicht zu und her, allerdings nähern wir uns diesen Verhältnissen an. Die Expats heizen die Situation zusätzlich an. «Ziehen viele Expats in ein Quartier, kommt es zu einem Mietzinsdruck. Selbst Wohnungen, die nicht saniert sind, werden dann teurer», sagt Zappalà.

Hauseigentümer sanieren mehr

Expats haben bei der Wohnungs­suche gute Karten. Wie stark sie Einfluss auf den Wohnungsmarkt nehmen, zeigt die Tatsache, dass alleine Roche laut Sprecherin Silvia Dobry monatlich knapp 200 befristete und unbefristete Mietverträge für Wohnungen abschliesst. «Das sind in der Regel mindestens 2-Zimmer- und grös­sere Familienwohnungen in Basel-Stadt und Baselland. Zusätzlich werden auch einige Häuser in der Region angemietet. Die Liegenschaften befinden sich mehrheitlich in Basel, Oberwil, Reinach und Aesch – vorzugsweise in der Nähe von internationalen Schulen, so Dobry. Novartis mietet 178 voll möblierte Wohnungen in Basel. «Diese befinden sich im Umkreis von allen Novartis Basel Werken – Campus – Klybeck – Rosental», sagt Sprecher Satoshi Jean-Paul Sugimoto.

Laut Andreas Zappalà sind die Expats bei den Vermietern beliebt, «weil sie eher bereit sind, mehr für eine Wohnung zu zahlen und die Gefahr kleiner ist, dass mal ein Mietzins fehlt». Dass Hauseigentümer das Vermietungsangebot so ausrichten, dass spezifisch Expats angesprochen werden, stellt er bei seinen Mitgliedern «weniger» fest. Die Eigentümer seien heute jedoch eher bereit, eine Sanierung in Angriff zu nehmen, da Wohnungen mit einem hohen Ausbaustandard stärker begehrt sind, sagt Zappalà.

Wer eine Wohnung an einen Expat vermietet, muss sich allerdings immer wieder auf einen abrupten Abgang gefasst machen. «Der Wegzug kommt nicht selten überraschend. Plötzlich erhält der Hauseigentümer die Nachricht, dass sein Mieter in zwei Wochen ausziehen muss, weil er von der Firma in ein anderes Land geschickt wird.» Stelle man nachträglich Mängel fest, werde es dann oft schwierig, den Expat zu belangen.

Viel falsche Vorstellungen

Hanna Biedermann hat sich die Wohnungsvermittlung für Expats zum Beruf gemacht. Seit elf Jahren arbeitet sie in der Relocations-Branche, hilft den gut ausgebildeten Arbeitnehmern aus dem Ausland, eine Bleibe zu suchen. Auch sie sagt: «Der Wohnungsmarkt ist in Basel seit einem Jahr aggressiver. Ich habe früher in Zürich gearbeitet und habe die Massenbesichtigungs-Termine als Horror empfunden. Mittlerweile ist dies aber auch in Basel so.»

Gegen die Behauptung, dass sich Expats jeden Mietzins leisten könnten, wehrt sich Biedermann allerdings. «Man hat falsche Vorstellungen von ihnen. Es gibt viele, die günstig durchkommen möchten, weil sie im Ausland noch eine Familie ernähren müssen.» Zudem sei es früher gang und gäbe gewesen, dass der Arbeitgeber die Miete übernommen habe. Heute sei dies bei den meisten nicht mehr der Fall, nur noch die «ganz Privilegierten» würden diese Leistung erhalten.

Bei ihren Kunden am beliebtesten sind die Quartiere Breite und Gundeldingen, gar nicht gefragt sind Bruderholz und Lehenmatt. Nicht begeistert sind die Expats auch von der neuen Überbauung Erlentor im Erlenmatt-Quartier, welches die Stadt seit Jahren zum Leben zu erwecken versucht. «Die Expats wollen zu Fuss zur Firma – oder ohne Umsteigen mit dem Tram. Neubauten und Baumgartnerhäuser sind sehr beliebt», sagt Biedermann.

Die Amerikaner sind schockiert

Meistens gewünscht wird ein Balkon, eine renovierte Küche und ein neueres Badezimmer. Was vor allem von Deutschen und Franzosen immer wieder verlangt wird, ist eine eigene Waschmaschine. Überhaupt sei die Waschmaschine Thema Nummer 1 bei den Expats. «Es ist für sie nicht nachvollziehbar, wieso man am Sonntag nicht waschen darf oder warum es einen Waschplan gibt.» Beeindruckt seien sie hingegen von grossen Kellern und davon, dass Velos «einen eigenen Parkplatz» haben.

Relativ unkompliziert bei der Wohnungssuche sind die Asiaten: Sie wollen einzig hoch hinaus («Je höher die Wohnung, desto besser»). Auf den Boden der Schweizer Realität holen muss Biedermann regelmässig die Amerikaner. Sie sind über die bescheidenen Grössen der Wohnungen schockiert und sorgen sich um ihren Schlaf. So muss sich Hanna Biedermann immer wieder diese Frage von ihnen anhören: «How does my King Size Bed fit in this tiny room?»

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 15.03.13

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