Fernsehstars sahnen ungestört weiter ab

Der Bundesrat verlangte, dass Moderatoren bei Auftritten einen Teil ihrer Gage abliefern. Doch die SRG foutiert sich darum.

Bekannten Fernsehgesichtern zahlen Firmen fürstliche Honorare: die SF-Moderatoren Patrizia Laeri, Rainer Maria Salzgeber und Stephan Klapproth. (Bild: Nils Fisch)

Der Bundesrat verlangte, dass Moderatoren bei Auftritten einen Teil ihrer Gage abliefern. Doch die SRG foutiert sich darum.

Sie nennen ihre Firmen «Mehrsalz», «Blue pool» oder «What’s your point?» und verlangen Gagen von gegen 10’000 Franken für einen Auftritt: die TV-Starmoderatoren Rainer Maria Salzgeber, Sven Epiney oder Stephan Klapproth. Das ergibt bei nur schon einem Aussenauftritt pro Woche einen Nebenverdienst von gegen einer halben Million Franken. Kein Wunder, schätzte die Zeitung «Der Sonntag» das Jahressalär von Sportmoderator Salzgeber, der als Teilzeitangestellter nur gerade 100’000 Franken verdiene, auf über 600’000 Franken (Artikel online nicht verfügbar). Das ist mehr als der Lohn von SRG-Generaldirektor Roger de Weck.

Zum Verdienst seiner Moderatoren will sich das Schweizer Fernsehen auf Anfrage nicht äussern. Doch dass einige TV-Moderatoren mit Auftritten an Veranstaltungen ein Heidengeld machen, entging selbst dem Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) nicht: «Gewisse Fernsehmoderatoren gehören tatsächlich zu den Grossverdienern», so Pressesprecherin Annetta Bundi. Dennoch sei die SRG im Rahmen ihrer unternehmerischen Entscheide autonom, könne selbst bestimmen, wie sie mit solchen Nebeneinkünften umgehe.

Das ist erstaunlich, verlangte doch Bundesrat Moritz Leuenberger im Frühling 2010 von der SRG, diese Nebenverdienste zu regeln. Die Zeitungen meldeten, jetzt würden TV-Moderatoren zur Kasse gebeten. Die SRG bekräftigte, verschiedene Abteilungen seien bereits daran, einen konkreten Vorschlag zuhanden der Geschäftsleitung zu erarbeiten. Es schien, als seien nur noch letzte Detailfragen zu klären.

Die SRG lässt den Auftrag des Bundesrats versanden

Doch der von der SRG noch im Jahr 2010 in Aussicht gestellte Vorschlag liess auf sich warten. Moritz Leuenberger trat Ende 2010 zurück und das Schweizer Fernsehen vertagte den Entscheid auf Frühjahr 2011. Jetzt plötzlich stufte SF das Geschäft herab und neu auf «eine tiefe Priorität». Das Fernsehen schiebe die Regelung auf die lange Bank, meldete der «Beobachter» (Artikel online nicht verfügbar).

Tatsächlich schob die SRG die Regelung nicht nur auf die lange Bank, sondern liess das Geschäft gleich ganz versanden. Auf Anfrage der TagesWoche erklärt die Pressestelle der SRG, die Sache sei längst erledigt. Als Beleg schickt sie einen Auszug aus einem Interview mit Generaldirektor Roger de Weck in der «Schweizer Illustrierten».

Alt Bundesrat Leuenberger sagt fast nichts und doch alles

Dort äussert der Generaldirektor allerdings lediglich seine persönliche Meinung zu den gut bezahlten Nebenbeschäftigungen der Moderatoren: «Stars geben dem Fernsehen mindestens so viel, wie sie vom Fernsehen erhalten.» Eine Regelung, welche die Moderatoren verpflichtet, einen Teil der Gage abzuliefern, wäre «weder sinnvoll noch praktikabel», so de Weck. Kein Wort darüber, dass sich SF um die Anweisung des damaligen Bundesrats Moritz Leuenberger foutierte.

Dieser will sich auf Anfrage nicht in die Geschäfte seiner Nachfolgerin Doris Leuthard einmischen und sich deshalb «auch nicht zu allfälligen Kursänderungen äussern. Ob es sich tatsächlich um eine solche handelt oder ob die SRG die Gunst des Wechsels im Uvek nutzte, weiss ich nicht», sagt Leuenberger. Undiplomatisch ausgedrückt: Beides trifft zu.

Und so können die TV-Stars weiter ihrem lukrativen Nebengeschäft nachgehen dank gebührenfinanziertem TV-Sender. Selbst Moderatoren aus der zweiten Reihe kennen den Wert ihrer Bildschirmpräsenz sehr genau. «Sobald sie nach einer Pause wieder am Bildschirm zu sehen sind, erhöhen sie ihre Gage umgehend markant», so ein Insider.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 10.08.12

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