Am Morgen klopft der Specht, Jogger drehen ihre Runden, in der Mittagspause suchen Arbeiter auf der Stehrampe die Sonne. Nachmittags streifen Kinder über die ehemalige Sportanlage, gegen Abend wird Fussball gespielt, Frisbee, Rugby. Pfadfinder haben hier ihr Lokal, gegärtnert wird ebenfalls, und während der EM finden Public Viewings auf der Tribüne statt.
Der Landhof liegt nicht im Dornröschenschlaf, wie oft behauptet wird, er lebt: Ich weiss das, weil ich jeden Tag von meinem Balkon aus sehe, wie Menschen – Anwohner wie Besucher – den Freiraum mit ihrem Bewegungsdrang und ihren Ideen füllen. Das Areal ist eine grüne Lunge im Wettsteinquartier, die umgeben von Verkehr und Grossbaustellenlärm Sauerstoff und Ruhe atmet.
Gras drüber
Geht es nach dem Willen der Basler Regierung, soll der Landhof aber spätestens ab 2019 abgestandene Parking-Luft ausdünsten. Zwar wurde das Areal 2010 nach der Annahme der Volksinitiative «Der Landhof bleibt grün!» in eine Grünzone umgewandelt, aber diese hört offenbar kurz unter der Grasnarbe auf.
Das Bau- und Verkehrsdepartement sucht nach einem privaten Investor, der eine Einstellhalle für 200 Autos bauen und betreiben soll – exklusiv «für die Anwohnerschaft», wie es in der Mitteilung heisst: Die Nachfrage nach Parkraum habe in den letzten Jahren markant zugenommen, insbesondere in der Zeit zwischen 7 und 9 Uhr morgens, «da viele Anwohnende noch nicht zur Arbeit gefahren, Mitarbeitende sowie Besucherinnen und Besucher der umliegenden Firmen aber bereits auf Parkplatzsuche im Quartier sind». Auf eine oberirdische Kompensation der neu erstellten Parkplätze werde verzichtet.
Mit anderen Worten: Die Quartierbewohner sollen sich in den Untergrund verziehen, damit die pendelnden Roche-Mitarbeiter nicht lange suchen und laufen müssen. Die Ausbaupläne des Pharma-Riesen werden mittelfristig bis zu 3000 Mitarbeitende mehr ins Wettsteinquartier bringen, was sich keineswegs in den von Roche geplanten Parkplatzzahlen spiegelt: Diese liegen deutlich unter dem Maximum, das laut der Basler Parkplatz-Verordnung zulässig wäre. Eine Einstellhalle unter dem firmeneigenen Solitude-Park würde der Roche nicht im Traum einfallen – das könnte ja die dort stattfindenden Konzerte im Rahmen von Roche ’n’ Jazz stören.
Wildwuchs für den Nachwuchs
Weil sich das Unternehmen also umweltfreundlich gibt und nur restriktiv Firmenparkplätze verteilt, springt die Basler Regierung ein und schiebt dem Landhof ein Parking unter, auf dass sich die Situation oberirdisch entspannen möge. Damit koordiniert werden soll auch die Umgestaltung des Landhofs zu einem «wilden Stadtgarten», was auch immer das heissen mag: Auf den Stehrampen hat es jedenfalls Wildwuchs genug für den Nachwuchs, dazu müssen nicht erst Sitzbänke und ein Parkhaus hingestellt werden.
Der Landhof ist weder ein Park noch ein Parkplatz, sondern ein Frei- und Erholungsraum für die Bewohner eines Quartiers, in dem mächtig gebaut wird. Wer den Erhalt von diesem Stück Lebensqualität als Partikulärinteresse abtut, hat nicht begriffen, dass eine Stadt genau davon lebt: von grossen und kleinen Interessen, die Pharmaunternehmen, Pendler und nicht zuletzt die Bewohner, die eine Stadt ausmachen, vertreten.
Wer mir also einleuchtend erklären kann, weshalb ich neben einem überteuerten Parkplatz wohnen soll, damit andere ihr grünes Image pflegen oder ein Häuschen im Grünen bauen können, bekommt eine Flasche Holundersirup – selbstgemacht vom Landhof, versteht sich.
«Wir werden für den Landhof einstehen»
Für Heinz Käppeli ist die Idee eines unterirdischen Parkings «nicht verständlich». Der Präsident des Vereins Landhof, der die Volksinitiative «Der Landhof bleibt grün!» zur Umzonung der ehemaligen Sportanlage lancierte, hat grundsätzliche Bedenken. «Das Spielfeld wird mit so viel Beton im Boden nicht mehr dasselbe sein», sagt er; ausserdem sei nicht gewährleistet, dass die Bäume auf der Stehrampe nach dem Bau eines unterirdischen Parkings noch genügend Grundwasser erhielten.
Trotzdem schaut Käppeli der Suche nach einem Investor gelassen entgegen. «Falls es wirklich zu einem solchen Projekt kommen sollte, muss es zuerst vor den Grossen Rat, und dann erhoffen wir von unseren Volksvertretern, dass sie den Landhof für die Bevölkerung erhalten und weiterentwickeln, statt ihn zu verbetonieren. Es dient der Oase Landhof mit einem zukünftigen Treffpunkt einfach nicht, wenn schon wieder ein Referendum ergriffen wird.»
Man werde wachsam bleiben und zu gegebener Zeit aktiv werden, erklärt Käppeli. «Jedenfalls werden wir für den Landhof einstehen.»