Im Gundeli ist ab dem 1. Juli eine neue Asylunterkunft bezugsbereit: Im Sigristenhaus der Heiliggeistkirche wird bald eine syrische Grossfamilie wohnen. Die römisch-katholische Kirchgemeinde erhält damit muslimische Nachbarn.
Es ist eine unglaubliche Zahl, die anlässlich des UNO-Weltflüchtlingstags vergangenen Freitag bekannt wurde: 50 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht, so viele wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Für einige wenige dieser Vertriebenen wurde nun in Basel eine neue Bleibe geschaffen: Das Sigristenhaus der Heiliggeistkirche bietet ab Anfang Juli Platz für neun Flüchtlinge aus Syrien.
In Basel sind zur Zeit 130 syrische Flüchtlinge einquartiert. Viele gelangten im Familienverband in die Schweiz, was die Suche nach einer geeigneten Unterkunft für die Sozialhilfestellen erheblich erschwert. Die Familien sollen gemeinsam wohnen können, Räume für fünf oder mehr Personen sind aber Mangelware auf städtischem Gebiet. Auf ihrer Suche nach geeigneten Unterkünften gelangte Renata Gäumann, Verantwortliche für Asylkoordination in Basel, an den Kirchenrat Basel.
Sozialhilfe Basel und Kirchenrat arbeiten zusammen
Hier stiess Gäumann auf offene Ohren. Der Basler Kirchenrat sowie das Team von katholisch bl.bs hatten bereits vor einem Jahr über eine mögliche Öffnung von leerstehenden Räumlichkeiten der Kirchen debattiert, war aber zu keinem konkreten Entschluss gelangt. Gäumanns Anfrage verlieh der damaligen Idee neuen Schwung und mit dem seit zwei Jahren leerstehenden Sigristenhaus der Heiliggeistkirche hatte man auch bald eine Lokalität gefunden.
Der Pfarreirat Heiliggeist und der Basler Kirchenrat hatten sich bald auf die Rahmenbedingungen einer Zwischennutzung als Asylunterkunft geeinigt. Ende April unterschrieb die Sozialhilfe Basel den Mietvertrag.
Wohnkompetenz als Voraussetzung
Die künftigen Bewohner der Liegenschaft stehen noch nicht definitiv fest, ein Anforderungsprofil ist aber bereits vorhanden. «Sozial- und wohnkompetent müssen die Bewohner sein», sagt Gäumann, «eine Familie, die weiss, wie es hier in Basel zu- und hergeht.» Das setzt voraus, dass die Familie bereits mehrere Monate in Basel lebt, das Prinzip «Bebbisack» verstanden hat und über minimale Sprachkenntnisse verfügt.
Diese Anforderungen begegnen skeptischen Stimmen aus der Kirchgemeinde, die mit den neuen Nachbarn den sonntäglichen Kirchenfrieden bedroht sahen. Diese Sorgen seien aber unbegründet, sagt Carsten Gross, Gemeindeleiter der Pfarrei Heiliggeist: «Für die neuen Bewohner gelten die selben Regeln wie für alle andern.»
Das von kritischen Geistern befürchtete Grillfest vor dem Kirchenportal wird damit hinfällig. In administrativen Fragen steht der Familie im Sigristenhaus eine Fachkraft der Sozialhilfe beratend zur Seite, ansonsten soll die Familie weitgehend unabhängig wohnen können.
Keine konfessionellen Vorbehalte
Die Asylunterkunft in unmittelbarer Nähe zu einer Kirche ist ein Novum im Raum Basel. Der konfessionelle Hintergrund der römisch-katholischen Vermieter spielt dabei nur in Form eines zentralen christlichen Gebots eine Rolle: «Bedürftigen soll geholfen werden. Für uns ist es darum egal, ob die neuen Bewohner muslimischen, buddhistischen oder jüdischen Glaubens sind», sagt Gross. Die Sozialhilfe Basel nahm die Liegenschaft auch nur unter dieser Bedingung in ihren Unterkunftskatalog auf.
Sowohl Gross als auch Gäumann erhoffen sich vom Sigristenhaus eine Signalwirkung für weitere potenzielle Asylunterkünfte. Kleinere dezentralisierte Wohnorte erleichtern die Integration und schotten die Flüchtlinge nicht so sehr von ihrer Umgebung ab. Der Mietvertrag mit der Pfarrei Heiliggeist läuft bis im Sommer 2016.