Magische Tinkturen aus kleinen Flaschen sollen unser Leben verändern. Das ist heute nicht anders als im Mittelalter.
Früher gab es zu Messezeiten Buden mit Heilern, Alchemisten und Menschen, die mit grossen Zangen faule Zähne zogen. Dazu verkauften sie wundersame Tinkturen in kleinen Glasphiolen, die gegen ziemlich alle Wehwehchen und Gebrechen zu helfen versprachen. So etwas gibt es heute noch, allerdings das ganze Jahr über und in schicken Drogerien. Das Gebrechen, das nun mit Flüssigkeiten und Tinkturen bekämpft wird, ist eigentlich keines: das Altern. Dabei handelt es sich eher um eine optische Geschichte, man will jung aussehen, nicht sein, denn ohne Pickel und Teenager-Gefühlsdramen kommen die meisten Menschen gut aus.
Die Kosmetikindustrie solls richten
Eine optische Erscheinung, die sich auf ewig um die 25 bewegt, gilt vielen als erstrebenswert; während der dazu passende Körper im Fitnessstudio errungen wird, sollen Chirurgenskalpelle oder die Kosmetikindustrie den Rest richten. Eigentlich hat sich seit dem Mittelalter wenig geändert: Ein Flakon mit Pipette enthält das kostbare Serum, ein Tropfen kann das Leben verändern, Simsalabim! Und so, wie die Wunderheiler einst klangvoll ihre Mittel anpriesen, nutzt man heute Begriffe aus der Wissenschaft, um teure Fläschchen zu verkaufen. Auch vermeintliche Wunder kosten Geld.
Natürlich, die Cremen und Fluids nutzen nicht nichts, langsamere Faltenbildung und ein positiver optischer Effekt durch Anti-Age-Produkte lassen sich nachweisen. Für immer 25 zu sein, das ist allerdings nicht möglich. Eine Möglichkeit, Gold herzustellen (um davon zum Beispiel Anti-Age-Produkte zu kaufen) kennen wir auch nicht. Aber: Man schläft besser, wenn man glaubt, alles versucht zu haben.
- Bringt vielleicht ein wenig jugendlichen Leichtsinn zurück: Génifique Youth Activator von Lancôme; ab 90 Franken in Drogerien
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 02.11.12