Die Leiterin des Basler Gleichstellungsbüros, Leila Straumann, hat im «Tages-Anzeiger» als einzige Gleichstellungsbeauftragte der Schweiz den Rücktritt von Markus Theunert als Zürcher Männerbeauftragter kommentiert. Mit einer bemerkenswerten Aussage.
Frau Straumann, Sie sind die einzige Gleichstellungsbeauftragte der Schweiz, die
bereit war, dem Tages-Anzeiger einen Kommentar zum schnellen Rücktritt des Zürcher Männerbeauftragten Markus Theunert abzugeben. Sind Ihre Kolleginnen mutlos?
Ich kann mich über die Motive meiner Kollegen und Kolleginnen nicht äussern. Ich war gestern erreichbar und konnte Auskunft geben. Es ist zum Beispiel Ferienzeit oder man ist in Sitzungen beschäftigt. Meine Kolleginnen betrachte ich jedenfalls nicht als mutlos, sie haben in anderen Fällen bewiesen, dass sie sich kritischen Fragen stellen.
Bemerkenswert ist Ihre Aussage, Frauen seien in Gleichstellungsfragen qualifizierter als Männer. Erklären Sie mir das?
Ich spreche von qualifiziert im Sinne ihrer Ausbildung. Frauen, die sich bei uns bewerben, haben in der Regel mehr im Rucksack als die Männer. Sie haben sich beispielsweise schon im Studium mit Genderfragen auseinandergesetzt. Sie haben Soziologie, Ökonomie, Geisteswissenschaften oder Jus studiert und jeweils einen Schwerpunkt auf Fragen der Chancengleichheit oder Diskriminierung gelegt. Viele Frauen haben im Nebenfach Gender Studies besucht, sich ehrenamtlich engagiert, bei Männern ist das selten. Ich freue mich, wenn sich das in Zukunft ändert.
In Ihrer Abteilung ist derzeit eine Stelle frei, die Ausschreibung, sagen Sie, richte sich explizit auch an Männer. Welche Eigenschaften muss denn ein Mann haben, wenn Sie ihn vom Geschlecht her per se für weniger qualifiziert halten als eine Frau?
Sie unterstellen mir damit ein Vorurteil; das habe ich jedoch keineswegs. Ich habe soeben ausgeführt, worauf meine Aussage beruht. Wenn ein Mann die gewünschte Ausbildung und Erfahrung mitbringt, hat er die gleiche Chance wie eine Frau. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir einen Mann für diese anspruchsvolle Aufgabe gewinnen können.
Markus Theunert ist einer, der die jetzige von Frauen diktierte Gleichstellungsarbeit immer wieder als zu einseitig kritisierte, weil sie die Benachteiligungen der Männer ausser Acht lasse. Haben Frauen das Monopol in Sachen Diskriminierung?
Nein, das haben sie nicht. Diese Aussage stimmt denn auch nicht, wenn man die Arbeit unseres Büros anschaut. Wir arbeiten in vielen Bereichen mit Männer- und Jugendorganisationen und vor allem auch mit der Wirtschaft zusammen, häufig und intensiv. Theunerts Anliegen, mit den Männern in den Dialog zu treten und sie nicht nur als Zielgruppe für Forderungen anzugehen, wird bei uns seit einigen Jahren umgesetzt und gelebt.