Frauenmusik aus tausend Jahren

«Frauenbilder» heisst das Jubiläumskonzert des Gymnasiums Leonhard. Es erinnert an die Gründung der ersten Basler Mädchenschule vor 200 Jahren und präsentiert Werke von Hildegard von Bingen bis zur Uraufführung des neuesten Werkes der Baslerin Imogen Jans.

(Bild: Alex Preobrajenski )

«Frauenbilder» heisst das Jubiläumskonzert des Gymnasiums Leonhard. Es erinnert an die Gründung der ersten Basler Mädchenschule vor 200 Jahren und präsentiert Werke von Hildegard von Bingen bis zur Uraufführung des neuesten Werkes der Baslerin Imogen Jans.

Heute ist es fast ein Verkehrshindernis, wenn die gesamte Schülerschaft des Gymnasiums Leonhard nahezu geschlossen den Kohlenberg überquert und zum Stadtcasino marschiert. Doch dem war nicht immer so. Als «Näh- und Flickschule» begann die Geschichte des heutigen Gymnasiums. Es war eine der ersten Schulen für Mädchen, die die GGG Basel vor 200 Jahren gründete. Die Schulbildung sollte aus den Töchtern der Stadt «brauchbare und nützliche Dienstboten und rechtschaffene Ehefrauen und Hausmütter» machen, wie ein GGG-Kommissionsmitglied später schrieb. Mit dem Unterricht wollte man gerade für die Frauen der unteren Schichten die Abhängigkeit von ihren Ehemännern etwas abfedern.

All dies ist nun 200 Jahre her und wird vom Gymnasium Leonhard mit mehreren Veranstaltungen gefeiert. Auf den Festakt zur Eröffnung des Jubiläumsjahres folgt heute das Jubiläumskonzert. Schon am Morgen musizierten 119 Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer, Ehemalige und Freunde des Gymnasiums für die Schülerschaft; am Abend gibt es eine zweite Aufführung für die Öffentlichkeit. Musik von Frauen bestimmt ausschliesslich das Programm, Musik also, die es bis heute nur schwer in die Konzertsäle schafft. Dass sich darunter sehr hörenswerte Raritäten befinden, offenbarte das Morgenkonzert.

Wunderbar virtuos

Zwei Schüler des Gymnasiums moderierten das Konzert ganz ungezwungen, kündigten Marianna Martines als «weiblichen Mozart» an. Rolf Hofer dirigierte das Orchester des Gymnasiums Leonhard und fand für das «Dixit Dominus» der Wiener Komponistin einen wunderbar klassisch-leichten Ton. Der präzis intonierende Chor und die professionellen Gesangssolisten, unter denen sich mit Jessica Jans, Nathalie Müller und Raphael Müller drei Ehemalige des Gymnasiums finden, bewiesen hohe musische Qualität. Beeindruckend auch das souveräne Spiel der Schülerin Maiani Giulietta, die das virtuose, spätromantische Violinkonzert der polnischen Komponistin Grazyna Bacewicz mit einem wunderbar tragenden, satten Ton interpretierte.

Zum Ohrwurm wurde schliesslich das Volkslied «Hinterem Münschter het en Anggewegglimaitli Butterweggli feil», mit dem Imogen Jans (29) die Uraufführung ihrer «Frauenbilder» umrahmte. Die ehemalige Leonhards-Schülerin und heutige Musiklehrerin konnte mit ihrer dreiteiligen Komposition auf Texte von drei prominenten Baslerinnen – Emma Brenner Cron, Iris von Rothen und Meret Oppenheim – jeden der drei Leo-Chöre ein prägnantes eigenes Klangbild geben: traditionell geerdet der Erwachsenen-Chor, poppig und mit groovendem Rhythmus der Schülerchor, leise und atmosphärisch der nur mit Frauen besetzte Kammerchor.

Die Frau im Zentrum

Ein dichtes, abwechslungsreiches Programm also, dass Musik von Frauen prominent ins Zentrum stellt. Doch ist die Genderproblematik heute überhaupt noch aktuell? «Ich bin selbst in Basel noch aufs Bubengymnasium gegangen», sagt Dirigent und Musiklehrer Benedikt Rudolf von Rohr. Er und seine Kollegen hätten damals das Mädchengymnasium am Kohlenberg «den Affenkasten» genannt – um dennoch unten an der Treppe auf die jungen hübschen Damen zu warten. «Auch heute hat unsere Schule ein starkes Frauenbewusstsein, und wir haben viele Lehrerinnen im Kollegium», sagt von Rohr. «Das ergibt eine ganz andere Gesprächskultur, es ist demokratischer, offener.»

Und wie steht es mit den Schülerinnen? Ist für sie «200 Jahre Mädchenbildung Basel» heute ein Thema? «Für mich ist es schon ein Stück weit selbstverständlich, dass es Gleichberechtigung in der Bildung gibt», sagt Lina (18). Doch Nora (16) sagt: «In anderen Ländern ist es bis heute noch nicht so, dass Mädchen zur Schule gehen dürfen» – und fügt hinzu: «Ich denke, wir haben es einfach saugut hier.»

 

Jubiläumskonzert «Frauenbilder»: Dienstag, 12. März, 20 Uhr. Musiksaal, Stadtcasino Basel. Abendkasse. Mehr Infos auf der Internet-Seite des Gymnasiums Leonhard.

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