Freie Saat für eine vielfältige Stadt

Mit dem Projekt «Stadt-Tomaten» bringt Pro Specie Rara die Liebesfrüchte in urbane Gefilde und setzt ein Zeichen für freies Saatgut.

Auch in der Stadt wachsen die Tomaten. (Bild: Keystone)

Mit dem Projekt «Stadt-Tomaten» bringt Pro Specie Rara die Liebesfrüchte in urbane Gefilde und setzt ein Zeichen für freies Saatgut.

Sonnenwarme Tomaten frisch ab Strauch sind nicht länger das Privileg von Gartenbesitzern, sondern können auch auf Ihrem sonnigen Stadt-Balkon gedeihen. Da lange Lagerbarkeit und gute Transportierfähigkeit für einmal keine Rolle spielen, kann der Balkongärtner ganz auf den Faktor «Geschmack» setzen. Die traditionellen Sorten drängen sich hier fast auf, überraschen sie doch mit ganz unterschiedlichen Geschmacksnuancen und ausgefallener Optik. Die auch im reifen Zustand grün gestreifte «Green Zebra», die weissgelbe «Schneewittchen» oder die dattelförmige «Baselbieter Röteli» sind nur drei von über 130 Tomatensorten, welche die Stiftung Pro Specie Rara vor dem Verschwinden bewahrt.

Ein weiterer Vorteil dieser alten Sorten ist, dass sie samenecht sind. Das heisst, sie können ganz einfach selber vermehrt werden: Aus den reifen Früchten gewinnt man das Saatgut und sät es im folgenden Frühling wieder aus, sodass die lieb gewonnene Tomatensorte wieder wachsen und fruchten kann.
Dies ganz im Gegensatz zu den handelsüblichen Sorten, welche meistens sogenannte Hybride sind, erkennbar an der Kennzeichnung «F1» auf der Samenpackung. Achten Sie beim nächsten Einkauf darauf, wie viele so gekennzeichnet sind. Bei den F1-Sorten muss das Saatgut jedes Jahr neu gekauft werden, denn mit den Samen, die man aus ihren Früchten gewinnt, entstehen im Jahr darauf Tomaten, die nicht mehr viel mit der Sorte vom Vorjahr zu tun haben – eine Enttäuschung! So sichern sich die grossen Saatgutkonzerne die Abhängigkeit aller, die diese Sorten anbauen.
Beim Projekt «Stadt-Tomaten» werden die Teilnehmer motiviert, aus ihren Früchten Samen zu gewinnen und diese im folgenden Jahr wieder anzubauen und auch zu verschenken. So kommen die Sorten wieder in Umlauf, finden neue Liebhaber und bleiben erhalten.
Auf www.stadt-tomaten.ch können sich Stadt-Tomaten-Bauern und Interessierte registrieren und damit ein Zeichen für den freien Zugang zu Saatgut setzen. Auf der Website findet sich eine detaillierte Anleitung, wie auch unerfahrene Balkongärtner vom Setzling zur Frucht, von der Frucht zum Saatgut und vom Saatgut wieder zum Setzling kommen.
Zudem kann jeder Bilder seiner Tomaten hochladen und um die Gunst der anderen User buhlen. Die drei Bilder mit den meisten Stimmen gewinnen ein Nachtessen in einem Restaurant mit Pro Specie Rara-Gütesiegel.
An der «Natur»-Messe, die heute in Basel beginnt, gibt Pro Specie Rara 1200 Setzlinge von 10 verschiedenen Tomatensorten an zukünftige Stadt-Gärtnerinnen und -Gärtner ab, inklusive Starter-Kit mit Pflanzanleitung und weiteren nützlichen Dingen für eine erfolgreiche Tomatensaison.

So kommen die alten Sorten wieder in Umlauf, finden neue Liebhaber und bleiben erhalten.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 13.04.12

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